Sündiges Geheimnis: Roman (German Edition)
gebeugt.
»Nun?«, fragte Georgette, oben angekommen, die Freundin, während Miranda mutlos auf die Tagesdecke ihres Bettes sank, die mit verblichenen Rosen und Dornenzweigen bestickt war.
»Ich katalogisiere Lord Downings Bibliothek. Allein.«
Verwirrt blinzelte Georgette, als hätte sie das bislang nicht ernstlich begriffen. Jetzt aber verzogen sich ihre Lippen zu einem verstehenden Lächeln. »O Miranda.«
»Red bloß keinen Unsinn, George! Mein Onkel findet das akzeptabel.«
»Warum nicht? In dem Haus wimmelt es doch bestimmt nur so von Dienstboten. Und all die Küchenmägde und Zimmermädchen finden das gewiss nicht unschicklich. Warum sollten sie auch – sie arbeiten ja dort. Wie du, nur dass du verschimmelte Bücher sortierst. Glaubst du, der Viscount denkt sich was dabei? Wohl kaum, weil das nicht zur Ordnung der Dinge passt.«
Sollte Miranda sich jetzt besser fühlen? Sie war eher deprimiert.
»Ein bisschen allerdings könntest du ändern – es liegt nur an dir und ist vermutlich die Chance deines Lebens.« Georgettes Gesicht nahm einen schwärmerischen Ausdruck an. »Nimm dir ein Beispiel an Mrs. Q.«
»George!«
»Schon immer hat er dich fasziniert. Lüg mich nicht an!«
»Viele Leute, die in den Klatschspalten erwähnt werden, faszinieren mich. So ähnlich wie Personen in einem Roman, also nicht auf einer realen Ebene.«
»Oh, der Viscount scheint mir sehr real zu sein. Sonst würdest du nicht so jammern.«
»Jammere ich denn?«, flüsterte Miranda.
»Schon gut.« Georgette tätschelte ihre Schulter. »Mir gefällt’s, wenn du jammerst. Dann komme ich mir ausnahmsweise wie die Klügere vor.«
Miranda lächelte wehmütig und drückte die Hand ihrer Freundin.
»Und jetzt erzähl mir, was dich bekümmert. Sicher nicht die alberne Angst, mit ihm allein zu sein.«
»Das ist nicht albern.«
»Wie albern so was ist, habe ich oft genug festgestellt.«
»Glaub mir, es ist ein Problem, allein mit ihm zu sein.«
Miranda zupfte an der Decke. Von seinem unmoralischen Angebot, das er als Herausforderung bezeichnete, durfte sie nichts erzählen, denn sonst würde sie entsetzliche Ratschläge zu hören bekommen. Deshalb entschloss sie sich zu einer einfacheren und doch zutreffenden Erklärung. »Er verwirrt mich.«
»Wunderbar«, murmelte Georgette träumerisch.
Miranda schüttelte den Kopf. »Auch du bist ein hoffnungsloser Fall, noch schlimmer als ich.«
»Meine Liebe, ich hege romantische Gefühle. Und du bist eher praktisch veranlagt. Dass dieser Mann dich verwirrt, ist das Beste, was ich seit Jahren aus deinem Mund gehört habe.«
»Großartig.« Miranda ließ sich rücklings auf das Bett fallen und starrte die Zimmerdecke an.
»Wenn er’s drauf anlegt, dich durcheinanderzubringen, musst du ihn interessieren«, meinte Georgette und setzte sich zu ihr.
Sie starrte zu den Flecken an der Decke hinauf, als würde sie dort eine Antwort finden. »O nein, er will mich nur in den Wahnsinn treiben.«
»Jedenfalls wirkt ihr beide anziehend aufeinander. Neulich hat er dich geradezu mit seinen Blicken verschlungen. Was anderes kannst du mir nicht weismachen.«
Nur zu sehr würde Miranda sich das ja wünschen – und noch viel mehr. Nämlich nicht nur mit Blicken verschlungen zu werden. Aber das mochte sie selbst Georgette nicht offenbaren, obwohl sie ihr sonst fast alles erzählte. Außerdem fürchtete sie, sich dadurch unter Handlungsdruck zu setzen. Wenn sie ihre Emotionen in Worte fasste, wären sie greifbarer und würden das Reich der Träume und der Fantasie verlassen.
»Du brauchst eine Ablenkung«, meinte Georgette. »Bevor du was Verrücktes tust und dich weigerst, in den magischen Kreis Seiner Lordschaft zurückzukehren, schreib einem deiner Brieffreunde. Dieser Gedankenaustausch verleiht dir jedes Mal neuen Schwung. Ach ja, und erkundige dich nach der Fortsetzung der Sieben Geheimnisse .«
»Meinen letzten Brief hat Eleutherios nicht beantwortet«, murmelte Miranda und glaubte ein boshaftes Gesicht an der Zimmerdecke zu erblicken. »Und das ist schon ein paar Tage her.«
»Schreib ihm noch einmal. Was hast du zu verlieren?«
»Aber …«
»Auch das ist eines deiner Probleme – du bist zu gefangen in der Ordnung der Dinge. Tu einfach, was dir gefällt.«
Miranda atmete tief durch. Dazu wollte man sie neuerdings ständig überreden, und manchmal verspürte sie nicht schlecht Lust, sich noch tiefer in ihren Büchern zu vergraben. »Das mache ich, wenn ich …«
»Wenn du noch ein
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