Sündiges Geheimnis: Roman (German Edition)
Lächeln beschleunigte ihre Herzschläge, entfachte ein Feuer in ihr, und sie schwor sich in diesem Moment, ihm nie wieder zu erlauben, sie dermaßen zu manipulieren.
Am Donnerstag hatte sie ihn in ein Café am Piccadilly geführt und aufgefordert, die Leute zu beobachten. Obwohl nicht so formell gekleidet wie üblich, stach er aus der Menschenmenge hervor. Auf Miranda achtete niemand, während er nichts zu tun brauchte, um alle Blicke auf sich zu ziehen.
Allerdings, das musste sie zugeben, hatte er die verstohlenen Blicke der Frauen ignoriert und Miranda seine ungeteilte Aufmerksamkeit geschenkt. Um sie einmal mehr in seinen Bann zu ziehen. Dafür sorgten schon diese magischen dunklen Augen. Und wann immer er nach seinem Getränk griff, streiften seine Finger ihren Ellbogen. Entschlossen wiederholte sie das Versprechen, das sie sich selbst erst am Vortag gegeben und bereits wieder gebrochen hatte.
Am Freitag waren sie zum Newgate-Gefängnis gewandert, dabei über Verbrechen und Strafen diskutierend. Gemeinsam betrachteten sie die abweisende, bedrohlich wirkende Fassade.
»Für mich wäre es die schlimmste Strafe, wenn ich Sie nie mehr sehen dürfte«, gestand er in so ernstem Ton, dass Miranda beinahe glaubte, er würde es ernst meinen. Sein Blick suchte ihren, hielt ihn fest. Unlesbar, faszinierend. Und als er sich zu ihr neigte, vergaß sie alles. Allem voran ihr Versprechen.
Am Samstag hatten sie im Park die Wasservögel beobachtet. Um ihm das Wort abzuschneiden, legte sie eine Hand auf seinen Mund. Diese weichen, warmen Lippen unter ihrer behandschuhten Handfläche … Und der Gedanke bestürmte sie, wie sie sich auf ihrer bloßen Haut anfühlen mochten. Nicht auf den rissigen Fingerkuppen, sondern auf den zarten Innenseiten der Handgelenke … Abrupt zog sie ihre Hand zurück und schwor sich, künftig die Bibliothek nicht mehr zu verlassen.
Zur Hölle mit Versprechungen und Herausforderungen!
Aber selbst dort war sie nicht sicher, denn er folgte ihr, hielt sie auf der Leiter fest, drückte seine Schulter fest an ihren Schenkel.
Versprechungen? Später am Abend, in der Sicherheit ihres Zimmers, hatte sie an das unzüchtige Buch gedacht, und sündige Bilder erstanden vor ihren Augen, nur dass sie ihn mit ihr in enger Umarmung sah: seine Lippen auf ihren und sein Mund, der ihren Körper mit unaussprechlichen Zärtlichkeiten verwöhnte. Und die verheißungsvollen Andeutungen wahr werden ließ, sie würden einander gehören.
Allmählich fürchtete sie den Verstand zu verlieren. Mehr und mehr trat die Stimme der Vernunft zurück, wurde leiser und leiser, während sich gleichzeitig die Lockung der lasterhaften Handschrift verstärkte. Komm, öffne mich, finde die Antworten auf die Fragen, die du dir so lange gestellt hast.
Die Versuchung, der sie in Downings Nähe stets ausgeliefert war, schwächte ihren Widerstand zusehends. Ein Wunder, dass sie sich noch nicht an seinen Hals geworfen hatte, verleitet vom Feuer in ihrem Körper, das immer heller loderte.
Mit jedem Tag sehnte sie seine Ankunft in der Bibliothek inbrünstiger herbei, tat nichts, um ihn fernzuhalten. In klareren Momenten indes schalt sie sich eine Närrin – sobald er sein Ziel erreicht hatte, würde er sie fallen lassen, mahnte sie sich.
Seufzend schüttelte sie den Kopf über sich selbst, während sie sich anschickte, die Treppe hochzusteigen.
Auf der obersten Stufe stand er, schwarz gekleidet wie immer und mit einem Bündel in der rechten Hand. Was tat er da?
»Mylord«, brachte sie stammelnd hervor.
»Miss Chase.«
»Hoffen Sie die Sonne herauszulocken?«
»Nun, ich werde mich gedulden, bis ihre hellen Strahlen die Wolken durchdringen.« Statt den Himmel zu betrachten, schaute er unverwandt Miranda an, und sie spürte, wie ihr sein Blick heiß das Blut in die Wangen trieb. »Aha, da ist sie ja.« Lächelnd kam er ihr entgegen.
Feuer, Gefahr … Sie versuchte an ihm vorbei ins Haus zu huschen, doch er hielt sie zurück, packte ihren Ellbogen. »Kommen Sie«, sagte er und griff nach ihrer Hand.
Konsterniert starrte sie geradeaus. »Aber meine Arbeit … Ich möchte nicht in Verzug kommen.«
Speziell fürchtete sie den Unwillen von Mrs. Humphries, der Haushälterin, die ein strenges Regiment führte. Sie hatte sich deshalb sehr bemüht, sich mit ihr gutzustellen.
»Ich habe meine Leute informiert, dass Sie heute verhindert sind. Oder, richtiger gesagt, mich begleiten werden. Ein paar Männer werden inzwischen weitere Bücherkisten
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