Sündiges Geheimnis: Roman (German Edition)
siehst du etwas mitgenommen aus. «
»Weil ich eben erst aufgewacht bin « , gab Miranda zu.
»Jetzt erst? « Georgette starrte sie an. »Nur gut, dass dein zerstreuter Onkel gar nicht auf den Gedanken kommt, dich zu kritisieren! Gestern Abend winkte er einfach ab und sagte, du seist ein braves Mädchen und wahrscheinlich irgendwo unterwegs. Offenbar hat er keine Ahnung, wann du nach Hause gekommen bist. Sogar mein Vater wäre nervös herumgelaufen, und der lässt mir fast alles durchgehen. Wo warst du? Was hast du gemacht? Erzähl mir alles! «
Freudlos lachte Miranda auf, rieb sich den Nacken. »Du bist eben immer gerade noch rechtzeitig daheim. «
»Das weiß ich. Red endlich! «
»Ich war in Vauxhall. «
»Bei einem Maskenfest? Du ? « Georgettes Brauen zuckten in die Höhe. »Oh, dahinter steckt eine Geschichte! «
Hastig schlüpfte sie aus ihrer Pelisse und nahm den Hut von der Zeitung. Was ihre Garderobe betraf, kaufte ihr Vater, ein wohlhabender Geschäftsmann, immer nur das Allerbeste. Aber sogar sie würde über das Kleid staunen, das oben in Mirandas Schrank hing.
»Nun, was hast du in einem Vergnügungspark gemacht? An einem Abend, wo, wie es heißt, der unartigste Teil der Hautevolee zugegen war? «
»Ich habe dort diniert. «
»Traumhaft! Downing hat dich zu einem Dinner in Vauxhall eingeladen – und danach zu einem dunklen Weg geführt, hm?«
»Das habe ich nicht gesagt«, murmelte Miranda.
Ihre Freundin schnappte nach Luft, erholte sich aber sofort wieder von ihrem Schock. »Also tatsächlich ? O Gott! «
Die Stirn gerunzelt, spähte Miranda in alle Richtungen, um festzustellen, ob sie immer noch unbeobachtet waren. »Erst vermutest du genau das, und dann tust du scheinheilig, als hättest du so etwas nie für möglich gehalten.«
»Wie du zugeben musst, ist meine Überraschung berechtigt. Einem Gentleman auf dunkle Pfade zu folgen, das passt nicht zu dir.« Georgette pfiff leise vor sich hin. »Plötzlich fängst du damit an. Und was für einen Mann du dir dafür ausgesucht hast!«
»Vielleicht, um Blumen im Mondlicht zu bewundern …«
»Ha! Erzähl mir alles! Lass nichts aus!«
»Er war ein perfekter Gentleman.« Ein perfekt unartiger . »Kein einziges Mal ist er mir zu nahegetreten.«
Als er ein Bein zwischen Mirandas Schenkel geschoben hatte, war ihr Kleid an einem Zweig hängen geblieben und eine Naht gerissen.
»Der Mond leuchtete ungewöhnlich hell.«
Sichtlich enttäuscht seufzte Georgette. Zu Mirandas Erleichterung – und Leidwesen – schien die Freundin ihr zu glauben. »Warum hat er dich dann überhaupt eingeladen?«
»Keine Ahnung.« Miranda rutschte nervös auf ihrem Stuhl umher. »Und was hast du gestern Abend gemacht?«
»Ich war bei einer Feier im Haus der Mortons. Ziemlich öde. Das Dinner nächste Woche wird hoffentlich erfreulicher. Da kommen ein paar neue Männer in die Stadt.« Georgette beugte sich über die Zeitung. »Zweifellos steht etwas über das Maskenfest drin. Ist was Aufregendes passiert? Außer deiner Wanderung auf verbotenen Pfaden?«
»Erzähl mir lieber von deinem Abend«, bat Miranda.
»So etwas Langweiliges erspare ich dir. Stattdessen will ich hören, was du mit dem hinreißenden Viscount erlebt hast. Sicher war er nicht die ganze Zeit nur brav.« Georgette zwinkerte ihr zu und schlug die Klatschkolumne auf.
Mit wachsendem Entsetzen beobachtete Miranda, wie ihre Freundin die Zeilen überflog. »Aha, die Akrobaten vom Cirque Diamant sind aufgetreten. Verdammt, warum bin ich bloß zu den Mortons gegangen? Diese Künstler wollte ich so gerne sehen. Das ganze Gastspiel ist ausverkauft. Wie waren sie?«
»Äh …«
»Äh? Hat dir der Schlafmangel die Sprache verschlagen?«
»Sie waren gut.«
»Ist das alles?«
Miranda sah einen rettenden Ausweg. »Oh, sie waren fabelhaft, diese atemberaubenden Saltos! Und die Jongleure! Das erzähle ich dir gerne in allen Einzelheiten. Stell dir vor, einige Artisten sprangen einander auf die Schultern …«
»Ehrlich«, meinte Georgette beeindruckt und fuhr mit einem Finger über die Klatschspalte.
»Willst du’s wissen oder nicht?«
»Ich kann lesen und gleichzeitig zuhören. Red weiter.«
Eifrig neigte Miranda sich vor und legte eine Hand auf die Zeitung. »Da war ein Feuerschlucker, der konnte …«
»Moment mal.« Georgette schob die Hand ihrer Freundin weg. »Hier steht was über eine Prinzessin.«
Das Entsetzen steigerte sich zur Panik, und eine Gänsehaut lief über Mirandas ganzen
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