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Sündiges Geheimnis: Roman (German Edition)

Sündiges Geheimnis: Roman (German Edition)

Titel: Sündiges Geheimnis: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Mallory
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Grüße? Kein persönlicher Brief in seiner kaum leserlichen Krakelschrift an die Frau, die er verführt hatte? All die freundschaftlichen Gespräche und Flirts schienen verloren gegangen zwischen dunklen Büschen in hellem Mondschein. Und nächtliche Geheimnisse waren entweiht durch das derbe Gelächter betrunkener Männer.
    Wortlos wurde ihr ein Etui überreicht, in dem ein schönes Diamantarmband lag. Am Abend versteckte sie es in ihrem Schrank neben der anderen Versuchung. Und Mr. Pitts antwortete noch immer nicht.
    Als sie abends daheim die Post durchsah, entdeckte sie ein Päckchen von Eleutherios, und ihr Herz schlug höher. Nein, Georgette hatte in diesem Fall nicht recht. Bestimmt war er kein »Langweiler«. Nun, vielleicht äußerlich … Immerhin gab sie selbst zu, der Autor eines Buches über Verführungen müsse seine Hände zu benutzen wissen.
    Verächtlich tat Miranda den Gedanken an den »Langweiler« ab. Dass sie sich bisher ihre Romanhelden mit wehendem hellem Haar und sanften, freundlichen braunen Augen vorstellte, bedeutete nichts mehr. Fast schwarze Haare und tiefdunkle Augen überlagerten jetzt das Bild.
    Mit gerunzelter Stirn erbrach sie das Siegel des Briefes, den sie in dem Päckchen gefunden hatte.
    Liebe Mistress Chase, Ihre Wertschätzung des Buches erfreut mein Herz. Hoffentlich genießen Sie das beiliegende Werk ebenso. Eleutherios
    Als sie das Buch auswickelte, traute sie ihren Augen kaum. Wieder ein Vorausexemplar eines sehnlich erwarteten Romans. Sofort begann sie ihn zu verschlingen, auch weil er sie von Downing ablenkte. Aber wann immer der Held in der Handlung auftauchte, fand sie ihn seltsamerweise stets langweilig – den finsteren Mann, der die Heldin in jener anderen Geschichte verfolgte, hingegen nicht.
    Noch ehe sie die Hälfte des Romans gelesen hatte, war die Kerze heruntergebrannt, und Miranda nahm das als Zeichen, dass es Zeit war, schlafen zu gehen. Spät genug, zumal sie am nächsten Morgen, bevor sie ins Haus des Viscount ging, für den Onkel noch etwas erledigen musste. Hinzu kam, dass sie sich kaum auf die Lektüre konzentrieren konnte, weil ihre Fantasie ständig Bilder düsterer, keineswegs gesichtsloser Männer heraufbeschwor.
    Ärgerlich dachte sie an Mr. Pitts. Warum antwortete er nicht? Gerade jetzt, wo sie seine Meinung brauchte, schwieg er.
    Ein weiterer Tag verging, ohne dass sie Downing sah. Stattdessen händigte Jeffries ihr wieder ein Päckchen mit entschuldigenden Worten aus, das sie ungeöffnet auf den Bibliothekstisch legte.
    Die Dienstboten, die ihr bei der Arbeit halfen, benahmen sich sehr diskret und taktvoll. Ganz anders, als sie befürchtet hatte. Mit Erstaunen stellte Miranda fest, wie viele vom Personal ansatzweise lesen konnten. Sie fragte Lottie danach, die sie bei ihren ersten beiden Besuchen im Hinterhof kennengelernt hatte.
    »Nein, Miss, ich kann nicht lesen, ich erkenne nur die gleichen Muster auf den Buchrücken.« Die Magd zeigte auf zwei Bände. »Vom selben Schriftsteller, nicht wahr?«
    »John Locke«, las Miranda vor und nickte. »Möchten Sie lesen lernen?«
    »Wozu brauche ich das? Chester liest mir die Zeitung vor, das genügt.« Lottie befasste sich wieder mit ihrer Arbeit. Und Galina, die zugehört hatte, wandte sich rasch ab, bevor Miranda sie ebenfalls ansprechen konnte. Nach wie vor wurde sie aus der hübschen jungen Frau nicht schlau. Selbstsicherer als die anderen, wahrte sie ihr gegenüber dennoch eine größere Distanz als die anderen Mädchen, und es blieb unklar, ob sie damit nicht zugleich eine gewisse Missbilligung zum Ausdruck brachte.
    Nach wie vor war die Küche für sie tabu. Mrs. Harper, die Köchin, kannte da kein Pardon. Sie hatte nun mal ihre Prinzipien, und denen zufolge hatte Miranda in der Küche und im Dienstbotentrakt nichts zu suchen. Unterstützt wurde sie darin von der Haushälterin. »Seien Sie nicht albern, Miss Chase«, pflegte sie zu sagen, wenn Miranda mal wieder selbst ihren Tee oder Imbiss abholen wollte. Und ihr blieb nichts anderes übrig, als seufzend wieder nach oben zu steigen und darauf zu warten, dass jemand ihr das Gewünschte brachte.
    Miranda fand das nicht nur überflüssig, sie bedauerte es auch, weil sie gerne mit dem einen oder anderen ein freundschaftliches Schwätzchen gehalten hätte. Irgendwie fand sie es merkwürdig, so zwischen allen Stühlen zu sitzen. Sie gehörte weder zur Welt des Viscount noch zu der seines Personals. In deren Augen schien sie eindeutig etwas Besseres

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