Sündiges Geheimnis: Roman (German Edition)
Name?« Das aufgeregte Mädchen betupfte die Stirn fahrig mit einer Puderquaste.
»Also, ich wette auf den dritten Sohn der Hannings. Eine ganze Weile war er auf dem Kontinent und amüsierte sich mit hübschen Pariserinnen. Würde er mich doch aufsuchen und mir sein Gesicht zeigen! Oh, ich ließe mich sofort verführen.« Kichernd drehte sich die junge Dame vor dem Spiegel hin und her und zupfte an ihrem Dekolleté, um die Vertiefung zwischen ihren Brüsten zu betonen.
Mit wachsendem Unbehagen belauschte Miranda Gespräche über Eleutherios, Downing, die Werstons, sogar die »russische Prinzessin«. Sie wagte sich nicht hinter dem Wandschirm hervor. Sie fürchtete, die jungen Ladys könnten ihr allzu direkte Fragen stellen, auf die sie keine Antwort wusste. Und schon gar nicht auf Russisch oder in einem mit schwerem Akzent behafteten Englisch. Endlich verließen sie den Raum, und auch Miranda eilte wenig später hinaus, bevor sie erneut in eine Situation geriet, die sie lieber vermeiden wollte.
In den Ballsaal allerdings mochte sie noch nicht zurück, und so betrachtete sie erst einmal die kostbaren Gemälde an den Wänden der Halle. Um nicht angesprochen zu werden, kehrte sie allen Leuten, die vorbeispazierten, den Rücken zu. Hinter ihr verlangsamte eine Männergruppe die Schritte, die jedoch zum Glück, als sie nicht von dem Bild aufschaute, weiterzog. Sie musste Georgette suchen.
Entschlossen straffte sie die Schultern, drehte sich um – und stand vor einem Mann mit einem Schopf welliger hellbrauner Haare, die nachlässig zurückgestrichen waren.
»Oh, Sie sind es«, hauchte sie. Oder vor dem Mann, den alle Leute für Eleutherios hielten.
»Ja, ich.« Ungeniert musterte sie der Mann, den alle für Eleutherios hielten. »Und Sie? Eine russische Prinzessin womöglich, wie ich hörte.« Ein mutwilliges Funkeln in den Augen hinter der Maske, zog er ihre Hand an die Lippen. »Ich bin entzückt. Besonders weil Sie unsere Sprache so perfekt beherrschen – entgegen den Behauptungen der anderen.«
Aus der Nähe betrachtet, schien er ihr zu jung, um tatsächlich der allseits verehrte Schriftsteller zu sein. Eher ein lustiger, charmanter Junge auf dem Weg zum Mann. Und sehr hübsch, nach dem wenigen Sichtbaren zu schließen.
Miranda entwand ihm ihre Hand. »Leider fehlen mir die Worte.«
»Das bedaure ich. Wie ich gestehen muss, weiß ich nicht so recht, was ich von der russischen Prinzessin halten soll, die neuerdings von Downing eskortiert wird.«
»Oh?«
Dass sie keine Russin war, musste eigentlich jeder merken und vermuten, dass der Viscount sie nur als solche ausgegeben hatte. Aber die Leute wollten solche Geschichten manchmal einfach glauben. Jedenfalls schien die Lüge spätestens jetzt zu platzen, und die Klatschmäuler würden sich die Hände reiben.
»Ich habe viel von Ihnen gehört und mich darauf gefreut, Sie kennenzulernen.« Sein Lächeln war gewinnend, jedoch ohne die lockende Sinnlichkeit, die Downing ausstrahlte. Sie musste eher an einen Schauspieler denken. Oder an Georgette, die ihre Tricks vor dem Spiegel übte. Oder an Peter, der Georgettes kokette Bonmots verzweifelt zu kontern suchte.
Mirandas Augen verengten sich. Dann lachte sie leise und berührte seinen Ärmel. »Auch ich freue mich, Ihnen zu begegnen. Damit hatte ich nie gerechnet.«
Sie ging auf sein Spiel ein, denn der junge Mann da vor ihr war keinesfalls Eleutherios. Eher würde sie Mr. Pitts oder sogar den Viscount dafür halten.
Fröhlich stimmte er in ihr Gelächter ein, während sie einen letzten Versuchsballon startete. »Nochmals vielen Dank für die zwei Bücher.«
Nur sekundenlang wirkte er irritiert. »Gern geschehen, meine liebe Lady.«
»Wie sind Sie überhaupt an die Vorausexemplare gekommen?«
Der junge Mann hüstelte. »Nun, ich habe meine Methoden.«
»Also besitzen Sie scheinbar mehrere Talente.«
»Oh, ich tue stets mein Bestes.« Er neigte sich vor und stützte eine Hand neben ihrem Kopf gegen die Wand, eindeutig eine verführerische Pose.
Nur mühsam verbarg sie ihre Belustigung. Ein junger Spund, der seine Wirkung auf Debütantinnen erproben wollte? Hatte er die Verkleidung nur zu diesem Zweck gewählt? Und, was sie viel mehr interessierte, würde der echte Autor sich nach dieser Farce gezwungen sehen, sein Inkognito zu lüften?
»Das würde ich Ihnen nur zu gerne beweisen«, fügte er hinzu.
»Oh, fantastisch! Jetzt gleich?«
Auf diesen Vorschlag war er offensichtlich nicht gefasst. Ȁh, ich
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