Sündiges Geheimnis: Roman (German Edition)
… Nun, ich müsste Sie erst einplanen.« Hastig nahm er seine Hand von der Wand. »Wegen der großen Nachfrage. Besonders in dieser Nacht.«
»Natürlich.« Irgendetwas an ihm kam dem Bild, das sie sich von Eleutherios gemacht hatte, ziemlich nahe. Ganz gewiss seine äußere Erscheinung, das hellbraune Haar, die freundlichen Augen – der Übermut hingegen nicht. Hinter den bildhaften, poetischen Formulierungen des Autors verbarg sich tiefer Ernst, sogar etwas Düsteres. »Das verstehe ich, Sir. Übrigens, Ihr letzter Brief war wundervoll – wie Sie den Wind an einem frischen Herbsttag beschrieben …«
Sein charmantes Lächeln kehrte zurück. »Vielen Dank.«
»Als ich Ihnen empfahl, Sonette zu verfassen, meinte ich es ernst. Damit könnten Sie mit Shakespeare konkurrieren.«
»Daran dachte ich bereits im Hinblick auf meine vielseitige Begabung.«
Der echte Eleutherios pflegte sich in seinen Briefen eindeutig bescheidener zu äußern, dachte Miranda belustigt.
»Hoffentlich erfreuen Sie mich bald mit neuen Werken.«
»Oh, ich arbeite bereits an einer Fortsetzung. Wussten Sie das nicht?« Er griff erneut nach Mirandas Hand. »Was ich noch betonen möchte: Auf das sechste Geheimnis sollte man ganz besonders achten. Darin bin ich ein Meister.«
Ihre Mundwinkel zuckten, und es fiel ihr schwer, ein spöttisches Lachen zu unterdrücken. Im Grunde war sie froh, dass weder Eleutherios noch Mr. Pitts vor ihr standen. Sie fand dieses Geplänkel lustiger. Zudem wollte sie sich ihre unrealistischen Vorstellungen von den beiden Männern bewahren und weiterhin in romantischen Fantasien schwelgen. »Vielleicht …«
Kühle Finger griffen nach ihrer freien Hand, und der falsche Eleutherios ließ schnell die andere los, als hätte er sich verbrannt.
»Ich glaube, wir sind uns noch nicht begegnet.« Frostig musterte Downing den jungen Mann, der neben ihm plötzlich wie ein alberner Geck wirkte und unsicher blinzelte.
Mitleidig mischte Miranda sich ein. »Viscount Downing, das ist der Schriftsteller Eleutherios, ein charmanter Gentleman.«
Sofort erholte sich der junge Bursche von seinem Schreck, und seine Augen funkelten wieder. »Zu Ihren Diensten, Mylord.« Höflich verneigte er sich und streckte seine Hand aus, die jedoch ignoriert wurde.
»Aha, der Autor der Sieben Geheimnisse der Verführung ?« Downing spielte mit der Kette seiner Taschenuhr. Sein Spott war unverkennbar. »In unserer unwürdigen Gegenwart?«
»Niemals käme ich auf die Idee, mich über irgendjemanden zu erheben.« So bescheiden hatte der Bursche sich in seinem Gespräch mit Miranda kein einziges Mal gezeigt. »Die Dame war lediglich an … meinen Werken interessiert.«
Downing hatte zu seiner Nonchalance zurückgefunden. »Tatsächlich?«, fragte er mit sarkastischem Unterton.
»Ja. Und jetzt entschuldigen Sie mich bitte. Ich habe noch eine dringende Verabredung.« Beinahe im Laufschritt durchquerte der falsche Eleutherios die Halle.
»Wie schnell du ihn in die Flucht geschlagen hast, Maximilian …«, meinte Miranda, von zwiespältigen Gefühlen erfüllt. Der Junge hatte sie zunächst amüsiert und ihr am Ende leidgetan, weil er Downing so gar nichts entgegensetzen konnte.
Achselzuckend lächelte er sie an und sah dabei so verführerisch aus, wie es dem falschen Eleutherios nie gelingen würde. Allerdings meinte sie in seiner Stimme eine gewisse Schärfe wahrzunehmen. »Wolltest du seine Gesellschaft noch länger genießen? Das war bloß einer von diesen geltungssüchtigen Schwätzern.«
»Nun, ich fand ihn irgendwie lustig und hätte deshalb nichts dagegen gehabt, noch eine Weile mit ihm zu plaudern. Allerdings ist er nicht …«
Er packte sie, zerrte sie blitzschnell mit sich in einen kleinen, schwach beleuchteten Nebenraum. Sie hörte eine Tür ins Schloss fallen. »Was wolltest du sagen?«, fragte er. Sie standen vor einer Wand, an der ein großes Gemälde in vergoldetem Rahmen hing.
»Ich …« Verwirrt unterbrach sie sich, als seine Hände von hinten ihre Taille umfassten. Würden ihre heißen Atemzüge das Öl des Bildes schmelzen, die dargestellte Szene in ein wildes, orgiastisches Chaos verwandeln?
»Irgendwie sah er, obwohl er es sicherlich nicht war, so aus, wie ich mir Eleutherios vorstelle.«
»Schon wieder erwähnst du diesen Schreiberling mit seinem minderwertigen Buch!«
»Er findet wunderbare Worte.«
»Niemals sind Worte wunderbar. Nur Taten.«
Ihr Kopf sank in den Nacken. »Vielleicht wären es seine Taten ja
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