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Sündiges Geheimnis: Roman (German Edition)

Sündiges Geheimnis: Roman (German Edition)

Titel: Sündiges Geheimnis: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Mallory
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Weise nutzen sollte wie die Fahrt zum Park.
    Doch er entschied sich anders, denn es faszinierte ihn, ihr ausdrucksvolles Mienenspiel zu beobachten, während sie in die Landschaft hinausschaute und von Dingen sprach, die ihr viel bedeuteten. »Der Louvre«, seufzte sie. »Eines Tages …«
    »Das sagst du ständig.«
    »Ja, ich weiß.« Wehmütig lachte sie, dann erschien eine Falte auf ihrer Stirn. »So kann ich nicht weitermachen, oder es wird sich nie etwas ändern.« Offenbar glaubte er, sie würde es nicht ernst meinen. »Es ist nur so schwierig, etwas zu ändern, einen Schritt nach vorne zu wagen. Das tut man vermutlich erst, wenn man sich in einer unangenehmen Situation befindet, die einen gewissermaßen zwingt. «
    »Und das bist du nicht? Empfindest du dein Leben als lohnenswert?«
    Sie sah ihn an, und unter ihrem prüfenden Blick wurde ihm unbehaglich zumute. Grundlos, denn schließlich redeten sie von ihr und nicht von ihm . Wieso bezog er neuerdings Äußerungen, die gar nicht auf ihn gemünzt waren, auf sich?
    »Es ist angenehm, aber nicht erfüllend vielleicht.« Sie schwieg eine Weile. »Warum unternimmt man nichts? Aus Angst, und das lähmt. Denn welche Kräfte man besitzt, erkennt man nicht, solange man sich von Angst leiten lässt. Oder von Hass.«
    »Hass?«
    »Manchmal hasst man sich selbst«, erklärte sie leichthin, und er blinzelte bestürzt.
    »Also hasst du dich selbst?«
    »Nein.« Aus ihrem Blick sprach eine seltsame Gelassenheit. »Kennst du Selbsthass?«
    »Es ist schwer, etwas Vollkommenes zu hassen.«
    Kopfschüttelnd wandte sie sich wieder zum Fenster, wirkte nachdenklich und nicht, wie er gedacht hatte, amüsiert oder irritiert.
    »Selbsthass?« Er klopfte mit einem Finger auf sein Knie. »Wie kommst du überhaupt auf so einen Unsinn?«
    Sie schwieg sehr lange. Dann zuckte sie die Achseln. »Das spielt keine Rolle.«
    »Ich muss es wissen.«
    »Einfach eine Gefühlsregung, die mir neulich bei … einem Freund auffiel.«
    Ihre Antwort missfiel ihm, und er wollte das Thema weiterverfolgen, doch irgendetwas hinderte ihn daran. Ahnte er, wohin eine solche Diskussion führen würde?
    »Und was fürchtest du, Miranda?«
    Aufmerksam beobachtete sie ihn. »Eine Situation zu verlassen, die ich bequem finde, Maximilian. Diese Angst bekämpfe ich gerade«, fügte sie bedrückt hinzu. »Teilweise hängt sie mit Schuldgefühlen zusammen. Weil ich am Leben blieb und meine Familie nicht.« Vor ein paar Tagen hatte sie den Kutschenunfall erwähnt, bei dem ihre Eltern und ihr Bruder gestorben waren.
    »Die Narbe an deinem Schenkel …«
    In ihren Augen glänzten Tränen. »Die geringste meiner Wunden.«
    Er beugte sich vor und wischte zärtlich über ihre Wange. »Wo ist es geschehen?«
    »Auf der Straße nach Dover. Von dort wollten wir mit einer Fähre nach Calais fahren und unsere große Europareise antreten.«
    »Erzähl mir von deiner Familie«, bat er. Selbst wenn es ihr vielleicht sehr naheging, wollte er ihr die Möglichkeit geben, ihre Gefühle zu zeigen, und diese mit ihr teilen.
    »Mein Vater und mein Bruder waren so lebensfroh, ständig zu Späßen aufgelegt. Immer wieder wollten sie meine Mutter zum Lachen bringen. Sie war eine strenge Lehrerin und nahm die Disziplin sehr wichtig. Aber sie liebte uns, obwohl sie uns dauernd maßregelte. Wenn sie mich jetzt sehen würde, zusammen mit dir, wäre sie entsetzt.«
    »Wohl kaum. Würde sie nicht wünschen, dass du glücklich bist?«
    Geistesabwesend zupfte Miranda an der Kutschendecke, die über ihren Knien lag. »Vielleicht, ja. Jedenfalls würde ich es gerne glauben.«
    »Und welche Rolle wurde dir in deiner Familie zugewiesen?«
    »Als Mädchen musste ich Regeln befolgen, die mein Bruder missachten durfte. In seinen Gedanken und seinem Verhalten war er viel freier.«
    »Du bist doch ebenfalls ein Freigeist.«
    Durch gesenkte Wimpern schaute sie ihn an. »Manchmal fühle ich mich wie gelähmt. Oder zerrissen. Dennoch sehne ich mich nach Freude, nach einem glücklichen Leben.«
    Diese optimistische Grundhaltung, die sie sich trotz aller Schicksalsschläge bewahrt hatte, gehörte zu Mirandas Eigenschaften, die ihm so sehr gefielen, von Anfang an. In ihr steckte nichts von dem Pessimisten und Zyniker, zu dem er nach bitteren Enttäuschungen geworden war.
    »Und deine Familie?« Eindringlich musterte sie ihn, als wolle sie tiefe Geheimnisse aufspüren.
    »Catherine, Colin, Conrad und Corinne – so heißen meine sehr unterschiedlichen Geschwister.

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