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Süß ist die Angst

Süß ist die Angst

Titel: Süß ist die Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Clare
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Reaktion, ließ er sie abrupt los und trat zurück. »Zieh dich an.«
    Sie rannte beinahe.
     
    Marc wanderte wütend in Sophies Wohnzimmer auf und ab. Er war zu weit gegangen, hatte zu viel preisgegeben. Darüber hinaus hatte er sich wie ein Arschloch benommen. Sie hatte ihm eine Bemerkung reingewürgt, weil sie wütend gewesen war, doch anstatt sie zu überhören, hatte er sich wie ein dummer Junge provozieren lassen, war darauf angesprungen und hatte sie angebrüllt.
    Was immer ich fühle, bezieht sich auf den Jungen, der du auf der High School warst, nicht auf den Mann, der du heute bist.
    Und hatte sie nicht gute Gründe dafür?
    Klar, jetzt hilft sie dir bestimmt, du Dumpfbacke. Tolle Idee.
    Er atmete tief ein und aus, um seinen Herzschlag zu normalisieren. Sein Körper bebte beinahe wegen der Nachwirkungen seines Zornesausbruchs. Ihre Worte hatten ihn dort getroffen, wo es weh tat, und etwas in ihm ausgelöst, das ihn selbst überrascht hatte. Nur war es nicht ihre Schuld gewesen. Sie konnte nicht wissen, wie es ihm in diesen sechs Jahren ergangen war … sechs Jahre, in denen er ständig auf der Hut gewesen war, ständig befürchtet hatte, dass man ihn erwischte, wohl wissend, dass die Wachleute nur lachend zusehen und nichts unternehmen würden.
    Wie oft hatten sie es versucht? Mehr als zwanzig Mal jedenfalls. Er hatte nicht mitgezählt. Jedes Mal hatte er sie abgewehrt, hatte mehr als einen auf die Krankenstation befördert, war selbst oft dort gelandet. Im Laufe der Jahre waren sie forscher, aggressiver, brutaler geworden, und er hatte gewusst, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis sie ihn in die Finger bekamen und fertigmachten.
    Anstatt sich selbst einen Kerl zu suchen und zu missbrauchen, hatte er alles gegeben, um nicht missbraucht zu werden.
    Warum wehrst du dich so sehr, Hunter? Hast du Angst, dass es weh tut? Hast du Angst, es könnte dir gefallen?
    Fäuste und Füße. Das Aufblitzen der Klinge. Gleißender Schmerz. Blut und Wasser, das sich mischte und in den Gully abfloss.
    Marcs Magen drohte sich umzudrehen, und er bekam kaum Luft. Zitternd trat er ans Fenster, öffnete es einen Spalt, sog die frische Luft ein, versuchte, den Kopf wieder klar zu bekommen.
    Er war draußen. Er war frei.
    Aber wenn die Cops ihn erwischten … Herr im Himmel, wenn sie ihn fassten …
    Dann würde es von vorne losgehen.
    Aber diesmal würde sein Leben weniger wert sein als eine Schachtel Zigaretten. Die Wachleute würden sich rächen wollen, dass er geflohen war und sie wie Deppen hatte dastehen lassen. Würden sich dafür rächen wollen, was er mit Kramer gemacht hatte. Kramer selbst würde sich auf ihn stürzen und nicht mehr loslassen. Nun, nicht sofort natürlich. Erst einmal wäre er mehrere Monate in Einzelhaft. Anschließend würden sie eine Situation provozieren, über ihn herfallen und ihm einen Freifahrschein ins Kühlhaus schenken.
     
    Aus der Bahn geworfen ließ sich Sophie auf ihrem Bett nieder und starrte die geschlossene Schlafzimmertür an. Sie musste nichts weiter tun, als das Handy von der Ladestation zu nehmen und den Notruf zu wählen. Die Polizei würde in wenigen Minuten eintreffen und Marc mitnehmen. Als gesetzestreue Bürgerin war es sogar ihre Pflicht, Marc zu melden. Warum also brachte sie es nicht über sich?
    Megan und Emily.
    Wenn sie Marc der Polizei übergab, konnte er seiner Schwester nicht mehr helfen. Megan musste sich also allein gegen die Person wehren, die hinter ihr her war, falls das überhaupt stimmte. Sie hatte ein Baby, aber kein Geld und keine Unterkunft, niemanden, der ihr helfen würde …
    Aber noch während ihr Verstand sich an diese Ausrede klammerte, wusste ihr Herz schon, dass es Unfug war. Wie hilfreich konnte es für Megan, eine Flüchtige, sein, sich mit einem entflohenen Sträfling zusammenzutun? Falls sie sich wirklich in Gefahr befand, hatte sie im Gefängnis die besten Chancen. Dort war sie in Sicherheit, bekam genug zu essen, konnte ihre Sucht überwinden und einen neuen Versuch starten, wieder ins Leben zurückzukehren. Und Emily? Es stand wohl vollkommen außer Frage, dass es ihr im Haus der Pflegefamilie besser gehen würde als auf den Straßen im Winter.
    Dennoch konnte Sophie sich nicht dazu durchringen, nach dem Telefon zu greifen.
    Sie wollte die Polizei einfach nicht rufen. Sie wollte Hunt nicht daran hindern, seine Schwester zu suchen. Sie wollte keine Situation heraufbeschwören, in der vielleicht jemand getötet wurde, vor allem dann nicht,

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