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Süß ist die Angst

Süß ist die Angst

Titel: Süß ist die Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Clare
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seine langen Beine ließen ihr unter dem Tisch kaum Platz, und er wirkte auch im Sitzen groß. Seine Miene war emotionslos, der Ausdruck seiner Augen nicht zu deuten, und beides stand im starken Kontrast zu der enormen Spannung, die von ihm ausging. Obwohl er gut einen Meter von ihr entfernt saß, konnte sie ihn riechen – die Mischung aus Mann und Gewürzen, die seiner Haut entströmte –, aber vielleicht hatte sich sein Duft auch auf sie übertragen.
    »Ich habe alte Freundinnen befragt, alle Obdachlosenheime und Suppenküchen aufgesucht, war an allen mir bekannten Fixerstuben, habe sogar dem Möchtegerndealer, der sie geschwängert hat, aufgelauert, aber keiner …«
    »Du weißt, wer Emilys Vater ist? In der Geburtsurkunde steht kein Name. Ich dachte, Megan sei sich nicht sicher gewesen.«
    »Natürlich weiß Megan es. So völlig daneben war sie ja nun auch wieder nicht. Wahrscheinlich mochte sie die Information nur nicht mit deinen Lesern teilen. Der Kerl ist Dealer und selbst süchtig.« Er bedachte sie mit einem eindringlichen Blick. »Ein Loser.«
    Sie ignorierte seinen Versuch, ihre eigenen Worte gegen sie zu verwenden.
    »Wie heißt er?«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Oh, nein. Wenn sie gewollt hätte, dass du es weißt, dann hätte sie es dir gesagt. Außerdem wirst du bestimmt versuchen, ihn aufzuspüren, und ich will dich nicht in seiner Nähe wissen. Er ist widerlich und gefährlich. Und falls du ihn finden solltest, wird er dir ohnehin nicht mehr sagen als mir. Meine Befragungsmethoden sind … überzeugender als alles, was du vorbringen könntest.«
    Sophie blickte auf und wollte es eigentlich nicht wissen.
    »Du hast ihm aber nichts getan.«
    »Leider nur eine kleine Abreibung.«
    »Gewalt ist irgendwie ziemlich normal für dich, nicht wahr?«
    »Du wärst überrascht, an was ein Mensch sich so alles gewöhnen kann.« Er sprach die Worte leichthin aus, aber sie wusste, dass daran nichts Leichtfertiges war.
    Nervös nahm Sophie einen Schluck Kaffee, stellte die Tasse ab, sah auf die Uhr.
    Fünf Minuten vor zwölf.
    »Kurz gesagt, ich habe keine Spur mehr, der ich nachgehen kann, und noch weniger Zeit. Wenn ich sie nicht finden kann, dann muss ich den aufspüren, der ihr auf den Fersen ist, und dazu brauche ich deine Hilfe.«
    Sie räusperte sich und sprach langsam und akzentuiert.
    »Alles, was ich unternehme, um Megan zu helfen, muss legal sein.«
    »Ich bitte dich nicht darum, das Gesetz zu brechen, Sophie.«
    »Das tust du allein mit deiner Anwesenheit.«
    »Ich bin eingebrochen. Man kann dir keine Schuld geben.«
    »Aber ich hätte die Polizei rufen müssen.«
    »Und warum hast du’s nicht getan?«
    Wieder erkannte sie, dass sie zu viel preisgegeben hatte. Sie beschloss, die Frage zu ignorieren.
    »Was genau soll ich denn deiner Meinung nach tun?«
    »Das DOC hat intern ermittelt, nachdem Megan Cross angezeigt hat. Und wie ich erfahren habe, war sie nicht das einzige Opfer, das er und sein Kumpel vergewaltigt haben. Ich brauche den Bericht. Ich muss den Namen von Cross’ Komplizen sowie die der anderen Opfer kennen. Es ist möglich, dass Megan sich bei einer der anderen Frauen versteckt.«
    Sophie sagte ihm nicht, dass sie alle Berichte, die mit Megans und seinem Fall zusammenhängen mochten, bereits angefordert hatte. Sie wollte nicht, dass er die falschen Schlüsse zog.
    Sie stand auf, ging zur Küchentheke und schenkte sich den Rest Kaffee ein.
    »Das DOC wird die Namen der Mädchen schwärzen, weil sie zum Zeitpunkt der Tat noch nicht volljährig waren. Wenn du Glück hast, bekommst du höchstens den Namen des Komplizen. Und was wirst du mit der Information machen?«
    »Ich spüre ihn auf und stelle sicher, dass er in Zukunft weder für meine Schwester noch für irgendeine andere Frau eine Bedrohung darstellt.«
    Genau das bereitete ihr Sorgen.
    »Willst du ihn umbringen?«
    Er antwortete, ohne zu zögern.
    »Wenn ich Megan nur so schützen kann, ja.«
    Sie kehrte zu ihrem Stuhl zurück und setzte sich.
    »Nur falls du es vergessen haben solltest, es ist gegen das Gesetz, jemandem das Leben zu nehmen, selbst wenn man denkt, dass er seine Schwester vergewaltigt hat.«
    »Und wenn ich weiß, dass er sie vergewaltigt hat?«
    »Vergewaltigung ist kein Kapitalverbrechen. Und es ist eine Sache, die Richter und Geschworenen …«
    Er beugte sich vor und sah ihr direkt in die Augen.
    »Ich kenne mich mit Richtern und Geschworenen aus. Erzähl mir nicht, ich soll dem System vertrauen. Wenn das

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