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Sueß, naiv und intrigant

Sueß, naiv und intrigant

Titel: Sueß, naiv und intrigant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecily von Ziegesar
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gleichzeitig hörte sie von weiter weg eine Trillerpfeife. »Mist«, murmelte sie. »Ich muss mich beeilen. Bis später.« Sie schnappte sich ihren Hockey-Schläger und rannte in Richtung Sportplätze davon. Sie ahnte schon, dass Sportlehrerin Smail sie fürs Zuspätkommen eine Sonderrunde drehen lassen würde.
    Aber das war die Sache wert gewesen.

15
    Ein Waverly-Schüler weiß: Mit Überraschungen muss man immer rechnen
    Nachdem sich das gelbe Taxi entfernt und ihn allein vor dem moosbewachsenen Haupttor von St. Lucius zurückgelassen hatte, stellte Brandon plötzlich fest, dass er vor lauter Begeisterung über seine romantische Idee das alles Entscheidende gar nicht bedacht hatte: Wie sollte er Elizabeth auf dem riesigen Campus finden? Er ging ein paar Schritte auf die Gebäude zu, die wie Wohnhäuser aussahen, und wurde sich bewusst, dass die Schüler, die unterwegs waren, ihn eindeutig anstarrten.
    St. Lucius war auf bizarre Weise ein Ebenbild von Waverly. Da gab es die gleichen roten Backsteingebäude, überall Efeuranken, imposante Eichenbäume um den riesigen Innenhof, aber: kein einziges vertrautes Gesicht. Er hatte im Zentrum von Rhinecliff einen Strauß Orchideen gekauft (Rosen waren ihm zu konventionell und Margeriten zu langweilig vorgekommen) und jetzt war er auf einmal ein bisschen verlegen. Die Schüler glotzten ihn ungeniert an, wie er da stand und die in ein riesiges Stück Seidenpapier eingeschlagenen dunkelroten und weißen Blüten ein Stück vor der Brust hielt, um sie ja nicht zu zerdrücken. Er kam sich vor wie Forrest Gump mit seiner Pralinenschachtel. Oder so ähnlich. Hatten die in St. Lucius noch nie gesehen, wie ein Junge einem Mädchen Blumen mitbrachte?
    Zwei Mädchen in kurzen Jeans-Röcken und lilaroten St.-Lucius-Blazern kamen ihm auf dem gepflasterten Weg entgegen. Den abgewetzten Blazern nach zu urteilen, waren sie wohl aus den höheren Jahrgängen. »Entschuldigung«, wandte sich Brandon höflich an die beiden und versuchte, so harmlos wie möglich zu wirken. »Wisst ihr zufällig, in welchen Haus Elizabeth Jacobs wohnt?«
    Die Mädchen, beide dünne schlaksige Blondinen, tauschten Blicke. Die mit dem dunkelblauen Samtreifen im Haar antwortete als Erste. »Sind die für sie?«, fragte sie mit näselndem Long-Island-Akzent und einem neugierigen Blick auf die Blumen.
    »Ist ihr Goldfisch krepiert oder so was?«, wollte die andere wissen und zog fragend die unvernünftig stark gebräunte Stirn kraus.
    Brandon war verdattert. Hatten die hier denn keine Manieren? »Äh, ja, die sind für sie.« Er zog demonstrativ die Augenbrauen hoch, in der Hoffnung, die Mädchen auf diese Weise an seine Frage zu erinnern. »Und, äh, nein, ich glaube, ihrem Goldfisch geht es bestens.«
    »Ist ja süß.« Die mit dem Samtreifen unterdrückte ein Kichern. »Sie wohnt bei mir im Haus. Emerson.« Sie deutete auf ein weißes Gebäude neben einer Gruppe von Birken mit sonnenblumengelbem Laub. »Zimmer 101. Drinnen erst rechts, dann links.«
    »Danke.« Brandon eilte davon, erleichtert, dass sich sein Problem schon gelöst hatte. Hinter sich hörte er das zweite Mädchen flöten: »Viel Glück!«
    Das Wohnhaus hatte er rasch erreicht. Es verwirrte ihn immer noch etwas, dass er an einem Ort war, der wie Waverly aussah und wie Waverly roch, aber nicht Waverly war. An der Eingangstür blieb er kurz stehen, um zu studieren, was da über dem Türbogen stand: GEHE NICHT DEM WEG NACH, WANDLE LIEBER AUF UNBETRETENEM LAND UND HINTERLASSE EINE SPUR. Er musste lächeln, als er die schwere grüne Tür öffnete. Der Spruch (vermutlich ein Emerson-Zitat, wie Brandon haarscharf schloss) erinnerte ihn an Elizabeth. Sie schien ihm der Typ Mädchen zu sein, der immer genau das tat, was ihm gerade in den Kopf kam.
    Vor Zimmer 101 blieb er stehen, um sich zu sammeln, und fuhr sich nervös mit der Hand durchs Haar. Gerade als er anklopfen wollte, drang Gelächter aus dem Zimmer – das Lachen von zwei Personen. Die eine klang wie Elizabeth und die andere … wie ein Kerl . Huch, was lief denn da ab? Brandon bekam Panik, sein Instinkt schrie ihm zu: Nichts wie weg hier! Belämmert blickte er auf den Strauß Orchideen vor seiner Brust.
    Und dann dachte er: Vorwärts, Buchanan! Er hatte gerade vierzig Dollar für Blumen ausgegeben und zwanzig für das Taxi. Sollte er sich jetzt umdrehen und abhauen? Sollte ihn derselbe Taxifahrer wieder aufnehmen, mit dem Blumenstrauß in der Hand? Würde sich Walsh so verhalten? Bestimmt nicht!

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