Sueß, naiv und intrigant
nett . So sauber und aufgeräumt. Es roch nach neuen Büchern und Räucherstäbchen. Sie hatte sogar eine Grünpflanze, die von der Vorhangstange baumelte. »Nur dass diese ein oder zwei Typen dummerweise zufällig in der hinteren Mongolei leben oder so«, nahm Brett das Gespräch wieder auf.
»Und da gibt es vermutlich eh kein Internet, oder?« Kara drehte an ihrer Anlage und stellte ihre neue Aimee-Mann-CD auf Laut. Sie machte ein paar Tanzschritte auf dem Parkettboden, was irgendwie albern und zugleich völlig selbstvergessen aussah, und Brett beneidete Kara um ihre Unbefangenheit.
»He, willst du behaupten, dass du mit jemandem, der in der hinteren Mongolei lebt und keinen Internetanschluss hat, nicht anbändeln würdest?«, fragte Brett neckend. »Das ist Diskriminierung.«
Kara nickte mit einem fiesen Grinsen auf dem Gesicht. »Aber hallo. Ohne Cybersex läuft gar nichts!«
Brett lachte laut los. Es war ein gutes Gefühl zu lachen. Man konnte darüber fast Jeremiah und seine Lügerei vergessen und Mr Dalton und dessen Lügerei, und überhaupt sollte man Jungs öfter mal vergessen. Das wäre so befreiend.
»Meine Damen?« Ein energisches Klopfen ertönte an Karas offener Tür und Angelica Pardee im Bademantel mit verwaschenem Blumenmuster starrte missbilligend ins Zimmer. »Es ist schon spät. Zeit, Schluss zu machen.«
»Entschuldigung, Mrs Pardee«, antwortete Kara liebenswürdig und drehte die Musik schnell leiser. »Wir müssen nur noch ein letztes Matheproblem lösen, dann sind wir fertig.«
Pardee zurrte ihren Bademantelgürtel fester und schnupperte argwöhnisch. Da sie jedoch keine unerlaubten Kerzen entdecken konnte, schien sie zufrieden. »Aber nicht mehr so lange.«
Brett stand auf und schloss hinter ihrer Hausaufsicht die Tür. Im Gang war es ruhig nach dem Rundgang der Pardee, und Brett war sich plötzlich überdeutlich bewusst, dass sie allein mit Kara war. »Also, was ist jetzt mit der letzten Aufgabe?« Sie kehrte zu Karas Bett zurück und setzte sich vorsichtig auf die Kante. Ihr Puls ging schnell. Verdammt! Das war einzig und allein die Schuld von Heath. Der hatte ihr am Nachmittag diesen Floh ins Ohr gesetzt. Und jetzt konnte sie nicht mehr anders – sie musste die ganze Zeit an den flüchtigen Kuss mit Kara denken.
Kara hob ihr Mathebuch auf und setzte sich neben Brett aufs Bett. Die Musik spielte noch, wenn auch leise, und vom Gang drang kein Geräusch herein. Es fühlte sich fast so an, als ob Kara und sie die einzigen Menschen wären, die noch wach waren. Kara beugte sich herüber und legte den Finger auf Bretts Heftseite. »Ich glaube, du hast die Lösung.« Sie blätterte eine Seite ihres Mathebuchs um, dann sah sie Brett an. »Das ist das Ergebnis, oder?«
Brett nickte. Sie fühlte sich ein bisschen benommen.
»Alles in Ordnung?«, fragte Kara und wischte sich eine Strähne ihrer honigfarbenen Haare aus dem Gesicht. »Denkst du immer noch an Dr. Goldstein und ihren Spielgefährten?«
»Nein!« Brett lachte und schnappte sich die Flasche Evian, die auf Karas Nachttisch stand. »Hör auf, ich krieg noch Albträume.«
»An was denkst du dann?«, fragte Kara sanft und blickte sie mit ihren grünbraunen Augen neugierig an.
Konnte Brett ihr wirklich die Wahrheit sagen? Was, wenn Kara sie für abartig hielt und aus dem Zimmer jagte? Nein, das würde Kara nicht machen. Bei ihr kam alles so natürlich von innen heraus – auch diese Geschichte war irgendwie ganz natürlich, oder nicht? »Ähm … an das Treffen gestern Abend.«
Jetzt lief Kara doch rosarot an, als ob sie sofort wusste, auf was Brett anspielte. »Ach so.« Sie fingerte am Rand ihres Mathebuchs herum. »Das war …« Sie zuckte die schmalen Schultern und ein winziges Lächeln breitete sich auf ihrem Gesicht aus. »Irgendwie cool.«
Brett kniff die Lippen zusammen. »Ja.«
Sie sahen sich einen Moment lang an. Brett fiel auf, dass unter Karas blassrosa Mund eine winzige Sommersprosse saß. Und dann beugte sie sich vor, über die Mathehausaufgaben hinweg, und drückte die Lippen langsam auf Karas Mund. Ihre Lippen berührten sich leicht und Brett schloss die Augen. Sie bewegte den Mund fast unmerklich auf dem von Kara. Es hatte nichts von der feuchten Gier, die sie von Jeremiah gewohnt war. Karas Mund war appetitlich und klein. Auf eine sehr abgefahrene Weise war es fast so, als würde sie sich selbst küssen.
Und das war angenehm.
20
Eine Waverly-Eule kann sich ihrer Mitbewohnerin anvertrauen. Oder?
Am späten
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