Süße Fesseln der Liebe
auf dem Fußballen auf und ab, die Miguel zu verstehen gab, dass der Mann tief in Gedanken versunken war. Sein Gesichtsausdruck gab zu erkennen, dass die Grübelei nichts Gutes verhieß.
»Was, zum Teufel, hat diese Heirat für uns zu bedeuten?«, murmelte Don Antonio schließlich.
Miguel machte nicht den Fehler zu antworten.
»Falls unser Freund gegen alle Wahrscheinlichkeit irgendwelchen zärtlichen Gefühlen zum Opfer gefallen ist …« Antonios dünne Lippen verzogen sich zu einem ironischen Lächeln. »Falls er für diese Frau echte Gefühle hegt, könnte sie sich für uns als sehr nützlich erweisen. Und falls er sie auf irgendeine Weise benutzt, dann werden auch wir einen Nutzen an ihr entdecken. Ich freue mich darauf, ihre Bekanntschaft zu machen.«
»Ja, Don Antonio.« Miguel verbeugte sich wieder. »Ich verstehe, was Sie meinen.«
Sein Herr kommentierte die Bemerkung mit einem kurzen, unhöflichen Lachen. »Tun Sie das, Miguel? Tun Sie das wirklich? Wenn es so sein sollte, dann wäre es meiner Erfahrung nach das erste Mal.«
Miguel neigte den Kopf unter der verächtlichen Erwiderung, unternahm aber keinerlei Anstalten zu seiner Verteidigung, sondern wandte sich zum Gehen.
»Einen Augenblick« - Antonio hob die Hand - »wie ist ihr Name?«
»Ich glaube, sie heißt Aurelia, Sir.«
»Und was ist sie für eine Erscheinung? Was hat sie an sich, das die Natter in den Bann geschlagen haben könnte?«
Miguel überlegte. »Um die Wahrheit zu sagen, Sir, ich weiß es nicht«, erklärte er schließlich. »Ich habe sie nur kurz gesehen. Mir schien, sie habe nichts Außergewöhnliches an sich. Recht angenehme Erscheinung, eher schmale Gestalt, der Busen nicht der Erwähnung wert … soweit ich es erkennen konnte. Nichts Besonderes, Don Antonio.«
»Und das halten Sie für uninteressant?« Don Antonio lächelte trügerisch.
»Bisher durchaus. Aber jetzt nicht mehr.« Miguel verbeugte sich hastig. »Wenn Sie mich bitte entschuldigen, Sir.« Es war sicher ein weiser Entschluss, fluchtartig den Salon zu verlassen.
Vor dem Anwesen der Buxtons in Stanhope Gardens stieg Aurelia aus der Kalesche und bemühte sich, ihre Schläfrigkeit zu vertreiben. Denn irgendwie hatte das morgendliche Abenteuer ihr die Sinne vernebelt. Als es passiert war, war ihr nicht bewusst gewesen, wie sehr es ihre Nerven strapaziert hatte; schließlich musste sie all ihre Aufmerksamkeit und Tatkraft auf den Nachmittag konzentrieren. Countess Lessingham war, wie Aurelia ihm berichtet hatte, tatsächlich ein wahrer Teufel am Spieltisch, und es musste ihr unbedingt gelingen, die Frau zu beeindrucken.
Nachdem sie die Treppe hinaufgestiegen war, wurde sie von einem Butler begrüßt, der sie in den hinteren Teil des Hauses und dort in einen geräumigen Salon begleitete, in dem vier Kartenspieltische vorbereitet waren. Edith Buxton löste sich aus einer Gruppe von Frauen, als Lady Falconer angekündigt wurde, und begrüßte den neuen Gast. »Willkommen, meine liebe Lady Falconer. Ich hoffe, dass Sie so scharfsinnig sind, sich am Spieltisch behaupten zu können.« Edith war eine warmherzige, freundliche und wohlgelittene Lady, an der noch nicht einmal die übelsten Klatschmäuler etwas auszusetzen hatten. Bei der Aussicht auf die kleine nachmittägliche Unterhaltung strahlte sie vor Freude.
Aurelia erwiderte das warmherzige Lächeln, ließ aber gleichzeitig den Blick blitzschnell über die versammelte Gesellschaft schweifen. Es erstaunte sie, wie mühelos sie es gelernt hatte, sämtliche wichtigen Merkmale ihrer Umgebung zu registrieren; tatsächlich reichte ihr inzwischen ein einziger flüchtiger Blick, um einen Schauplatz einschätzen zu können.
Stundenlang hatte sie mit Greville komplizierte Bilder dicht gedrängter Versammlungen studiert, hatte gelernt, auf unbedeutende Einzelheiten zu achten, und ihr Gedächtnis geschult, um die unwichtigsten Details miteinander verbinden zu können. Und wegen dieses gründlichen Unterrichts fühlte sie sich in der Lage, sich die hervorstechendsten Merkmale eines Schauplatzes auf Anhieb merken zu können.
Lady Lessingham fiel in der Menge auf. Schon früher war Aurelia durch den Kopf gegangen, dass die Frau eine imposante Erscheinung war. Inmitten der eher bescheidenen englischen Ladys sah sie aus wie ein Pfau mit gespreiztem Gefieder; auf ihrem rabenschwarzen Haar war eine kleine Mantille befestigt, und ein auffälliges Nachmittagskleid mit kaffeebrauner und cremefarbener Spitze betonte ihre kurvenreiche
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