Süße Fesseln der Liebe
Blüten die Treppe herunterkam und sich einen indischen Musselinschal um die Schultern schlang. Das Haar hatte sie sich zu einem Knoten auf dem Kopf zusammengesteckt, und ein paar Ringellöckchen umrahmten ihr Gesicht.
»Wie immer wunderschön, Ma'am.«
»Wie immer schmeichelhaft, David« - Aurelia lächelte - »aber lass dich nicht unterbrechen.« Sie reichte ihm die Hand, die er würdevoll küsste. »Stimmt es, dass Harry heute Abend Nell begleitet?«
»Ich glaube schon. Dein Ehemann ist anderweitig beschäftigt, nehme ich an?«
»Kein Zweifel«, bestätigte Aurelia lachend und gestattete es David, ihr die Pelzstola um die Schultern zu legen, »er verabscheut das Almack's .«
»Ich kann es ihm nicht verdenken.« David bot ihr den Arm, während Jemmy die schwere Eingangstür öffnete. »Aber hin und wieder müssen wir uns blicken lassen. Sonst wird die Gesellschaft uns vergessen.« Er schauderte übertrieben bei dieser Aussicht.
Hastig ließ Aurelia den Blick über die verlassene Straße schweifen, bevor sie in die Kutsche stieg. Weit und breit war kein neugieriges Gesicht zu sehen. Dann setzte sie sich neben ihren Begleiter in das geschlossene Gefährt und beschloss, sich in der vertrauten Eintönigkeit des Abends zu entspannen. Es gab keinen Grund mehr für Wachsamkeit, und den Rest des Abends musste sie keine Rolle mehr spielen.
»Ich gestehe, dass ich mindestens ebenso gern ins Theater fahren würde«, sagte David und gab dem Kutscher mit seinem Klopfen an das Dach zu verstehen, dass er aufbrechen solle. »Was für ein Unglück, dass Covent Garden und Drury Lane beide innerhalb weniger Monate bis auf die Grundmauern niedergebrannt sind.«
»Allerdings werden sie wieder aufgebaut«, betonte Aurelia, »und ich bin mir sicher, dass sie noch schöner sein werden als früher. Obwohl man sich auch erzählt, dass Kemble und Sheridan sich niemals von ihren Verlusten erholen werden.«
»Nein, das werden sie nicht, da bin ich mir sicher. Ganz besonders Sheridan steht kurz vor dem Bankrott, wenn ich richtig verstanden habe. Trotzdem werden wir Siddons Lady Macbeth wiedersehen. Denk an meine Worte.«
»Und dieser Schauspieler, wie heißt er doch gleich … Kean, Edmund Kean. Man erzählt sich viel über ihn und sein neues Theater.«
»In der Provinz hat er sich zweifellos schon einen Namen gemacht.«
Aurelia und David plauderten angeregt, bis die Kutsche vor Lady Almack's Assembly Rooms in der King Street anhielt. Ein junger Bursche hielt seine Fackel hoch, während er ihnen den Kutschenschlag öffnete. David sprang aus dem Wagen und streckte Aurelia die Hand entgegen, um ihr zu helfen.
Aus den geöffneten Türen des Gebäudes drang Licht nach draußen, und die Klänge des Orchesters schwebten leise in die Nacht hinaus. Kutschen brachten Gäste; Aurelia verharrte einen Augenblick auf dem Gehsteig, um nach bekannten Gesichtern Ausschau zu halten. Bis jetzt hatte sie die Bonhams nicht entdecken können. Trotzdem drang aus dem allgemeinen Gebrumm eine vertraute Stimme an ihr Ohr.
»Es ist Letitia«, murmelte Aurelia ihrem Begleiter rasch zu. David grinste und bot ihr den Arm.
»Sie ist wirklich eine Plage«, murmelte er und begleitete Aurelia die breite Treppe hinauf, wo Lady Sefton, eine der Geschäftsführerinnen, die ankommenden Gäste auf dem oberen Absatz kritisch musterte.
»Lady Falconer … Lord Forster, ich darf Sie herzlich willkommen heißen.« Ein frostiges Lächeln lag auf den Lippen der Lady, deren Arroganz sogar dann noch ungewöhnlich war, wenn man berücksichtigte, dass sie es inzwischen bis zur Geschäftsführerin bei Almack's gebracht hatte. Weder Aurelia noch David hatten mit einer überschwenglichen Begrüßung gerechnet, verbeugten sich nur kurz und machten sich auf den Weg in den Hauptsalon, in dem das Orchester spielte.
»Möchtest du eine Erfrischung oder lieber tanzen?«, fragte David freundlich, hob sein Lorgnon und ließ den Blick über die Menge schweifen. »Oder sollen wir unseren Spaziergang hinter uns bringen und die anderen Gäste begrüßen?«
»Letzteres«, schlug Aurelia vor. »Da drüben in der Fensterlaibung steht Nell zusammen mit Nick.«
Sie bahnten sich ihren Weg an der Wand entlang, vorbei an den auf Stühlen sitzenden Anstandsdamen, die ihre jungfräulichen Mündel mit Adleraugen beobachteten und sicherstellten, dass sie niemals mehr als nur einen einzigen Tanz mit demselben Partner tanzten oder sich mit irgendeinem Mann zu lange in eine Unterhaltung
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