Süße Fesseln der Liebe
erfrischende Kühle seiner Lippen, den Hauch Sherry auf seiner Zunge, sog seinen Duft in sich ein … diese besondere Mischung aus Limone und Lavendel, über die sich der Duft nach Pferd gelegt hatte, nach Leder und nach Tabaks-qualm, der ihrer Vermutung nach aus den verschlossenen Büros des Ministeriums stammen musste … wenn nicht aus der Schankstube eines Gasthauses oder aus dem verrauchten Salon eines Clubs in der St. James's Street.
»Müssen wir bei der Soiree von Lady Lessingham irgendetwas Besonderes machen?«, fragte Aurelia, zog sich zurück und lehnte den Kopf an seine Schulter. Aus ihrem Blick sprach ein Scharfsinn, der die sinnliche Glut in ihren Augen Lügen strafte.
»Ein paar Spanier sind in der Stadt eingetroffen«, bemerkte Greville leichthin, »es mag sich um diejenigen handeln, auf die ich warte. Ich hoffe, dass sie ebenfalls unter den Gästen sind.«
»Ah … ich verstehe.« Mit flinken Fingern glättete sie eine Falte in seinem Krawattentuch. »Du glaubst, dass sie zu ihrem früheren Landsmann Verbindung aufnehmen wollen.«
»Ich halte es für unerlässlich.«
»Dann haben wir keine Zeit zu verlieren.« Aurelia wollte aufstehen, doch er umklammerte ihre Taille.
»Es gibt nichts, was wir heute Abend noch zu erledigen hätten, meine Liebe.«
»Nein?« Sie blickte ihn mit gespieltem Misstrauen an. »Ich dachte, du wolltest mich unterweisen, wie man Spanier technisch korrekt aus den Salons der feinen Gesellschaft vertreibt. Mit Tabaks-qualm.«
»Das hat Zeit … Sollen wir nach oben gehen?«
Wieder machte Aurelia Anstalten, sich zu erheben, ihre Hand in seiner, und seufzte. »Ich habe es Franny versprochen.«
Verständnisvoll neigte er den Kopf. »Natürlich. Aber Vorfreude ist oft die schönste Freude, und nachher wird das Festmahl noch besser schmecken.« Greville stand mit ihr auf. »Haben wir heute Abend irgendwelche Verabredungen?«
Sie überlegte. »Mehrere … Wir können uns aussuchen, welche wir annehmen … aber nichts, was wirklich dringend wäre.« Mit ihrem zur Seite geneigten Kopf erinnerte Aurelia ihn an ein neugieriges Vögelchen.
»Warum verbringen wir den Abend nicht einfach zu Hause?«
Aurelia seufzte angestrengt. »Muss es so ruhig zugehen?«
»Schamloses Luder. Niemand kommt auf die Idee, dass du eine respektable Ehefrau und Mutter bist.«
»Das war ich.« Aurelia lächelte verwirrt. »Jedenfalls war ich überzeugt, es gewesen zu sein. Seltsam, wie schlecht man sich manchmal selbst kennt.«
»Oh, ich bin überzeugt, dass du dich selbst sehr gut kennst, Aurelia.« Er umfasste ihr Kinn und hob ihren Kopf, sodass er ihr in die Augen schauen konnte.
»Inzwischen schon ein wenig besser«, bestätigte sie schlicht, »und langsam bekomme ich das Gefühl, dass ich jetzt erst richtig begriffen habe, wer Frederick eigentlich war. Ich kann es kaum fassen, dass es einmal Zeiten gegeben hat, in denen ich überzeugt war, dass ich nichts Neues mehr über ihn erfahren müsste.«
»Ich bin ihm in mehr als einer Hinsicht dankbar.« Greville senkte den Kopf und küsste ihr Ohr.
Insgeheim fragte Aurelia sich, ob Frederick auch ihre Dankbarkeit verdient hatte. Wäre es ihr besser ergangen, wenn er dem Lauf der Welt gefolgt wäre und das Schicksal angenommen hätte, das sein Stammbaum und seine Stellung ihm diktiert hatten? Anstatt jegliche Konvention zum Teufel zu wünschen und sich mit ganzem Herzen in ein Leben zu stürzen, wie Greville Falconer es führte? Ja, natürlich, sie hätte größere Sicherheit genossen, hätte ihr Leben als seine Ehefrau mit festgelegten Abläufen verbracht. Aber wäre es auch glücklicher und erfüllter gewesen? Hätte es sie mehr … befriedigt?
Nein. Was auch immer in Zukunft auf sie wartete, die Erinnerungen konnte ihr niemand mehr nehmen. Es war ungeheuer aufregend, nicht zu wissen, was jeder neue Tag bringen, was er ihr abverlangen würde, während sie die Rolle spielte, die ihr so vertraut war, wohl wissend, dass sie sie nur spielte - und eigentlich in einem ganz anderen, ebenfalls ungeheuer erregenden Stück engagiert war.
»Worüber zerbrichst du dir den Kopf?«
Sie bemerkte Grevilles besorgten Gesichtsausdruck und schüttelte den Kopf. »Nichts … es ist überhaupt nichts. Nur dass mein Leben sich innerhalb kürzester Zeit vollständig geändert hat. Und dass ich hin und wieder daran erinnert werde.«
»Bereust du es?«, fragte sie mit ausdrucksloser Stimme. Seine Haltung gab nicht zu erkennen, was in ihm vorging.
Aurelia dachte
Weitere Kostenlose Bücher