Süße Fesseln der Liebe
gesehen.«
»Genau.« Simon nickte. »Antonio Vasquez und El Demonio sind ein und dieselbe Person.«
»Sieh an, sieh an«, bestätigte Greville, »in der Tat, ein würdiger Gegner.«
Simon musterte ihn eindringlich. »Haben Sie einen Plan?«
Grevilles Lächeln wirkte nicht die Spur freundlich. »Ich muss sichergehen, dass ich ihn erwische, bevor er mich erwischt.«
»Ich wiederhole mich ungern, Greville, aber wir können es uns nicht leisten, dass Sie ihm in die Hände fallen.«
»Ich glaube, ich selbst könnte es mir auch nicht leisten«, erwiderte er mit einer Leichtigkeit, durch die sein Gesprächspartner sich allerdings nicht täuschen ließ. Er streckte die Hand nach dem Papier aus, das Simon immer noch in der Hand hielt. »Darf ich es haben?«
»Selbstverständlich … selbstverständlich, mein lieber Freund. Schließlich betrifft es Sie mehr als alle anderen.«
Kopfschüttelnd betrachtete Greville das Dokument. »Tun Sie mir einen Gefallen, Simon, und lassen Sie zwei Leute vor meinem Haus patrouillieren. Und stellen Sie sicher, dass das Kind diskret observiert wird, wann immer es mit seinem Kindermädchen auf die Straße geht. Sorgen Sie dafür, dass sich jemand darum kümmert, der in der Lage ist, sie zu beschützen.«
Simon nickte ernst. »Selbstverständlich. Und was ist mit der Mutter des Kindes?«
»Ich übernehme die Verantwortung für Aurelias Sicherheit. Aber ich darf keinesfalls riskieren, die beiden an zwei Orten gleichzeitig beschützen zu müssen.«
»Verstehe.«
Als Greville am folgenden Nachmittag sein Haus betrat, geriet er unversehens in einen Strudel mitreißender Ereignisse. Eine kleine Gestalt, ein wirbelnder Derwisch, tanzte und kreischte in der gewöhnlich ruhigen Halle, während mehrere Leute sie aufgeregt umrundeten und versuchten, die sich drehende Gestalt einzufangen.
Lyra sprang zu ihm und schmiegte sich an seine Beine, als wollte sie sich in Sicherheit bringen, bevor das Spektakel seinen Höhepunkt erreichte.
»Ruhe«, befahl Greville in einer Tonlage, die kaum lauter war als üblich. Dennoch kam der wirbelnde Körper zum Stillstand, und die aufgeregten Leute hielten inne mit ihren Versuchen, ihn zu schnappen. Sofort herrschte eine unheimliche Stille, nur zerrissen durch die theatralischen Schluchzer der kleinen Gestalt.
»Was, um alles in der Welt, soll dieser Zirkus?«, fragte Greville.
»Sie wird noch sehr krank werden, irgendwann in den nächsten Tagen«, stieß einer der Zwillinge, vermutlich Ada, hervor, »denken Sie an meine Worte! Das kleine Ding mit so wenig am Leib nach draußen zu lassen! Vollkommen unnatürlich, wie ich gerade gesagt habe.«
Mit hochgezogenen Brauen betrachtete Greville die Gesellschaft. Es schien, als hätte sich der gesamte Haushalt versammelt, Morecombe ausgeschlossen. »Verzeihen Sie die Frage, aber haben Sie heute Nachmittag keine andere Arbeit zu erledigen?«, hakte er nach, während er zur tränenverschmierten und immer noch schluchzenden Franny eilte. Inzwischen hatte sich die Halle bis auf Daisy geleert. Nervös rang das Kindermädchen die Hände.
»Was, um alles in der Welt, ist los, Franny?«, fragte er und kniete sich vor das Kind.
Franny schniefte und wischte sich die Nase mit dem Handrücken ab. »Ich wollte mit Lyra in den Square Garden … Mama hat versprochen, dass ich es heute Nachmittag darf … Aber sie lässt mich nicht. Und Daisy hat Angst vor Lyra.« Bei diesen Worten glitt ihre Tonlage in gefährliche Höhen.
»Ich bitte um Verzeihung, Sir Greville«, mischte Daisy sich ein, »aber Mylady hat kein Wort darüber verloren, den Hund auch mit in den Park zu nehmen.«
»Franny, es reicht«, schimpfte er, als dem kleinen Mädchen wieder die Tränen über die Wangen rannen. Franny barst beinahe vor Ungeduld und hätte ihren Protest am liebsten lauthals hinausgeschrien. »Daisy weiß, dass es außer deiner Mutter nur mir erlaubt ist, den Hund nach draußen mitzunehmen. Sonst niemandem.«
»Aber Mama ist nicht hier«, widersprach Franny, »und sie hat es versprochen. Ver-spro-chen!! Und sie hat gesagt, dass man ein Versprechen niemals brechen darf.«
»Nun, ich bin sicher, dass sie ihre Gründe gehabt hat, ihr Versprechen zu brechen«, meinte Greville. »Es ist nicht schön, aber es ist sicher keine angemessene Reaktion, in einen hysterischen Anfall auszubrechen.«
Franny starrte ihn mit weit aufgerissenen Augen an. »Was ist das?«, fragte sie neugierig, »hyst … hyster …«
»Hysterie. Das ist das, was du
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