Süße Fesseln der Liebe
gerade gemacht hast. Schreien und besinnungslos herumwirbeln. Aber das bringt dich nicht ans Ziel, mein Kind.«
»Es passiert nicht oft, Sir«, lenkte Daisy ein.
»Ich danke Gott für die kleine Gnade.« Greville erhob sich wieder und glättete seine Kniehosen. »Können Sie mir sagen, wo Lady Falconer steckt?«
»Nach dem Mittagessen hat sie das Haus verlassen, Sir … hat nicht gesagt, wohin sie gehen will. Jedenfalls mir nicht.«
Greville nickte und schaute zu Franny hinunter, die heftig schniefte, aber einigermaßen ruhig schien. Er zückte ein Taschentuch und ließ sie schnäuzen. »Franny, wenn du zehn Minuten lang ruhig auf mich warten kannst, werde ich mit Lyra und dir im Park spazieren gehen.«
Franny schluchzte noch einmal auf, nickte und heftete sich ihm an die Fersen, als er in die Bibliothek ging. Dort setzte sie sich auf einen Polsterhocker, während er die Post des Nachmittags durchsah.
Es stört mich, dachte er unruhig, dass das Kind mich aus seinen großen Augen anschaut, jede Bewegung mit angehaltenem Atem verfolgt, bis ich die magischen Worte ausspreche … Lyra saß neben Franny und behielt Greville genauso beschwörend im Blick, nur dass der Hund seine Versuche nach ein paar Minuten aufgab.
»Sehr gut. Lass uns aufbrechen.«
Sofort sprang Franny auf und rannte vor ihm in die Halle. Als wäre ein stillgelegtes Uhrwerk wieder aufgezogen worden, dachte er amüsiert. Er hatte kaum Erfahrungen mit Kindern machen können und auch mit Aurelias Tochter nur sehr wenig zu tun. Aurelia schien nicht zu erwarten, dass er sich einmischte; offenbar erfüllte sie ihre Erziehungspflichten tadellos, ohne dass Auswirkungen auf ihn spürbar waren. So war es jedenfalls bis zu diesem Nachmittag gewesen.
Greville hakte Lyras Leine ein und hielt Franny fest an der Hand, als sie das Haus verließen. Aurelia hatte nicht verraten, wohin sie gegangen war. Aber weil sie Lyra zurückgelassen hatte, würde sie weder zu Fuß noch zu Pferd unterwegs sein. Auf jeden Fall war es ungewöhnlich, dass sie ein Versprechen ihrer Tochter gegenüber gebrochen hatte.
Auf dem Weg zum Grosvenor Square ließ er den Blick beiläufig die Straße auf und ab schweifen. Der Mann, der das Laub aus der Gosse fegte, kratzte sich an der Nase, als Greville mit dem Kind vorbeispazierte. Greville nickte dem Mann kurz zu, den das Ministerium zur Observation seines Anwesens abgestellt hatte. Den anderen, in der Deckung operierenden Mann, konnte er nicht ausmachen. Dennoch blieb er wachsam, und Lyra, die sich so gehorsam wie immer benahm, spazierte ruhig neben ihm. Nur der erhobene Kopf und die zuckenden Ohren gaben zu erkennen, dass sie auf der Hut war.
»Da ist das Gatter.« Franny zerrte an seiner Hand, als sie die Straße überquerten, um zu dem großen umzäunten Park mitten auf dem Square zu gelangen. Sie riss ihre Hand aus seiner und hüpfte auf die unterste Sprosse des Gatters, um den Riegel herunterzudrücken. »Der Park ist viel größer als der, in dem wir gespielt haben, als wir noch in dem alten … Haus wohnten«, erklärte sie und schaukelte auf dem sich öffnenden Tor.
»Der Cavendish Square ist nicht ganz so groß«, stimmte er zu und wartete so lange, bis sie beschlossen hatte, dass sie genug geschaukelt hatte. Greville schloss das Gatter hinter sich, ließ Lyra von der Leine und folgte Kind und Hund, die auf dem Pfad zur Rasenfläche in der Mitte des Parks rannten. Franny hüpfte und sang in purer Ausgelassenheit. Die Ereignisse eine halbe Stunde zuvor waren offenbar längst vergessen.
Es überraschte ihn, dass eine ruhige und gelassene Frau wie Aurelia ein Kind mit solch überschießender Energie zur Welt gebracht haben sollte. Niemand, der Frederick kannte, hätte bei seinen Kindern auf solch überschäumendes Temperament schließen können. Der Mann hatte die Dinge immer genommen, wie sie kamen, hatte die Lage mit kühler Vernunft analysiert und danach gehandelt. Was hätte er nur mit einer kleinen Tochter anfangen sollen, die entweder in tropischer Sonne gebadet schien - oder im Eismeer zu versinken drohte?
Er blieb am Rand der Rasenfläche stehen, schaute zu, wie Lyra und Franny ausgelassen tobten, wie der große Hund sich so glücklich aufführte wie ein kleiner Welpe, aber doch immer Vorsicht walten ließ, um das Kind im stürmischen Spiel nicht zu verletzen.
Es begann wie immer, als die erste Ahnung ihn beschlich. Seine Brust zog sich zusammen, und Sekunden später folgte eine tiefe Ruhe. Mit stolzem Lächeln
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