Süße Herzensbrecherin
plötzlich seltsam zu leuchten, was Cassandra jedoch ignorierte. „Dann wünsche ich Ihnen viel Vergnügen dabei, von einer Frau betört zu werden, die viel Wert auf Ihren Titel legt und dieses schöne Haus zu schätzen weiß. Die Position der Countess of Carlow muss sehr begehrt sein, doch was für eine Ehe werden Sie führen? Ich vermute, dass Sie sich gewisse Freiheiten nicht nehmen lassen. Werden Sie Ihrer Frau Aufmerksamkeit schenken und tun, was Sie für Ihre Pflicht halten, um anschließend nach London zu fahren und sich mit Ihrer Mätresse zu vergnügen?“
„Das hängt von der Dame ab, die ich zu heiraten beabsichtige. Selbst ein Schürzenjäger kann durch die richtige Frau gezähmt werden, und ich bin der Ansicht, dass man stets bestrebt sein muss, sich zu verbessern.“ Er hob eine Braue und wartete ihre Antwort ab. Ein schwaches Lächeln umspielte seinen Mund, so als wüsste er genau, was ihr gerade durch den Kopf ging.
„Ich habe das Gefühl, dass Sie mir einen unsittlichen Antrag machen wollen, Mylord.“
„Ah, Sie bringen mich auf einen Gedanken. Ich mag ein Mann sein, der der Versuchung manchmal nicht widerstehen kann, aber ich bin durchaus ehrlich. Soll ich Sie von meinen Vorzügen überzeugen?“
„Das haben Sie bereits versucht“, erwiderte sie spitz. „Ich hätte Ihnen eine Ohrfeige geben sollen für Ihre Impertinenz.“
„Weshalb? Sie haben den Kuss doch ebenso genossen wie ich.“
„Gleichwohl käme eine Hochzeit à la mode für mich nicht infrage. Ich widme mich lieber meiner Arbeit, als eine un glückliche Ehe zu führen.“ Cassandra sah ihn an und empfand ein unerklärlich herzliches Gefühl für den Mann, dessen lasterhafter Ruf ihr Grund genug hätte sein sollen, ihn verabscheuungswürdig zu finden. Aber eine Frau war immer geschmeichelt, wenn sie gewahrte, dass ein Mann sich von ihr angezogen fühlte – was bemerkenswert genug war in ihrem Fall.
Schwerfällig erhob William sich von seinem Stuhl und streckte sich. Ein spitzbübisches Lächeln huschte über sein Gesicht. „Dann sollte ich mich daranmachen, Sie von den Vorzügen einer Verbindung zu überzeugen – was mir, wie ich glaube, ein großes Vergnügen wäre. Aber für heute wünsche ich Ihnen erst einmal eine gute Nacht. Ich beabsichtige, früh aufzubrechen. Wenn ich in London bin, werde ich Ihrer Mutter einen Besuch abstatten und sie über die jüngsten Ereignisse unterrichten.“
„Vielen Dank. Das weiß ich zu schätzen. Sie wird außer sich sein vor Sorge um Emma und dürfte sehr erleichtert sein zu hören, dass wir die beiden Ausreißer noch rechtzeitig gefunden haben. Natürlich werden wir Ihnen nur so lange zur Last fallen wie unbedingt nötig.“
„Sie fallen mir nicht zur Last. Gastfreundschaft ist eine meiner Stärken.“
„Dennoch werden wir nach London aufbrechen, sobald Emma reisefähig ist – wahrscheinlich in wenigen Tagen. Wenn Sie also so freundlich wären, meiner Mutter auszurichten, dass sie Clem mit der Kutsche zu uns schicken soll …“
„Das wird nicht nötig sein. Ich werde persönlich dafür sorgen, dass Sie wohlbehalten nach Hause kommen.“
Als er sie verließ, musste William der Tatsache ins Auge blicken, dass Cassandra Greenwood ganz anders beschaffen war als die Frauen, deren Gesellschaft er früher gesucht hatte. Welch ein bezauberndes, faszinierendes Geschöpf sie ist!, dachte er, während er den Flur zum Treppenhaus entlangging. Sie war herzlich, fürsorglich, empfindsam und klug, und darüber hinaus eine Verführerin, die ihn in aller Unschuld betörte und sein Blut zum Kochen brachte mit ihrer unglaublichen Schönheit, ihrem Charme und ihrem lebhaften Temperament. Und sie hatte den sanftesten und reizvollsten Mund, den er jemals geküsst hatte.
5. KAPITEL
Nächtliche Stille erfüllte das Haus, nachdem auch die letzten Dienstboten zu Bett gegangen waren. Ein fast orangefarbener Mond schien in Cassandras Zimmer und erinnerte sie daran, wie schnell die Zeit vorangeschritten war. Nachdem sie sich vergewissert hatte, dass Emma ruhiger atmete und das Fieber nicht wieder gestiegen war, rollte sie sich auf der Chaiselongue zusammen. Tiefer Schlaf wollte sich nicht einstellen, und so nickte sie nur hin und wieder ein, um zwischendurch in das allmählich erlöschende Feuer zu blicken und darüber nachzusinnen, weshalb der Earl derart ungestüme und verzehrende Gefühle in ihr weckte. Sobald sie in seiner Nähe weilte, geriet sie in Gefahr, schwach zu werden, und obwohl es
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