Suesse Hoelle
Eine brutal einfache Lösung. In Panik gerät er auch nicht. Er denkt mit und richtet sich nach den Gegebenheiten.«
Lowery fasste zusammen: »Wahrscheinlich geht er einem ganz normalen Beruf nach und gibt sich äußerlich ganz zivil. Die Morde sind immer jeweils zur gleichen Zeit passiert, in allen Gegenden. In einer Region geschahen die Morde stets tagsüber, was bedeutet, dass er entweder arbeitslos oder in der Nacht tätig war. Ich nehme an, dass er gearbeitet hat, denn es gibt an diesem Mann nichts, was Aufmerksamkeit erregen könnte. Er geht methodisch vor und hat seine Aufgabe zu einer Wissenschaft gemacht. Sein Auto kann schon einige Jahre alt sein, kein besonders auffälliges Modell; ein Wagen, wie man ihn zu Hunderten in einer Wohngegend sehen würde. In allem ist er ein Mensch der Mittelklasse. Er könnte ein Polizeirevier betreten, und niemand würde sich etwas dabei denken; man würde ihn höchstens fragen, zu wem er möchte.«
Schweigend folgten alle seinen Ausführungen, als er weitersprach. »Es besteht die Gefahr, dass er eskaliert. Bis jetzt hat er sich selbst unter Kontrolle gehalten, hat zwischen den einzelnen Morden Zeit verstreichen lassen. Wenn er jetzt an zwei Wochenenden hintereinander aktiv geworden ist, könnte das bedeuten, dass er die Aufregung der Jagd öfter braucht. Ich weiß, an diesem Wochenende ist kein Mord geschehen, der ihm zuzuschreiben ist; aber es besteht immerhin die Möglichkeit, dass das Opfer noch nicht gefunden wurde.«
Dane, Trammell und Bonness warfen einander rasche Blicke zu. Sie wussten, dass er an diesem Wochenende passiv geblieben war, weil Marlie keine Vision gehabt hatte.
»Eine Identifikation ist gegenwärtig unmöglich«, sagte Lowery. »Wenn er nicht einen Fehler macht und Beweise am Tatort zurücklässt, die ihn überführen könnten, bleibt uns nichts, als ihn auf frischer Tat zu ertappen.«
Es war eine sehr ernste Gruppe, die ins Hauptquartier zurückkehrte, obwohl Lowery ihnen auch nicht viel mehr erzählt hatte, als sie sowieso schon wussten Bei dem Mörder handelte es sich um einen schlauen Hund, und normalerweise hatten sie keine Chance, ihn zu fangen. Dane schwieg, er dachte an Marlie. Sie war ihre Geheimwaffe, sie würde diejenige sein, die ihn identifizierte.
Am Nachmittag kam es in den Nachrichten. Dane war überrascht, dass es so lange gedauert hatte; nie zuvor hatte er erlebt, dass etwas im Rathaus eine ganze Woche unter Verschluss blieb, ganz besonders nicht etwas so Dramatisches. Alle örtlichen Fernseh- und Radiostationen berichteten darüber, Dane hörte es im Radio, auf dem Weg nach Hause.
»Ein Informant im Rathaus hat uns den Polizeibericht bestätigt, dass ein Massenmörder Frauen in der Gegend von Orlando verfolgt«, erklärte der Radiosprecher gedämpft. »Zwei Morde innerhalb kurzer Zeit scheinen auf das Konto desselben Mannes zu gehen. Vor zwei Wochen wurde Nadine Vinick in ihrem eigenen Haus umgebracht, und eine Woche später wurde Jacqueline Sheets zu Hause erstochen aufgefunden. Der Polizeichef Rodger Champlin weigerte sich, einen Kommentar zu diesen beiden Fällen abzugeben oder zu erklären, ob die Polizei bereits konkreten Verdacht hegt. Er appelliert deshalb an die Frauen der Stadt, Vorsorge für ihre Sicherheit zu treffen ...«
Dane stellte verärgert das Radio aus; er war wütend, weil er wusste, dass der Mörder sich an diesen Nachrichten laben würde. Freilich konnte man die Bekanntgabe der beiden Morde nicht länger zurückhalten, er war darauf gefasst gewesen; doch zu wissen, dass dieser Schuft jetzt darüber lachte und die Aufmerksamkeit, die er hier erregte, genoss, machte ihn rasend.
Marlie saß zusammengerollt auf der Couch, als er zurückkehrte. Der Fernsehapparat lief, obwohl im Augenblick die Wetterkarte gesendet wurde. Dane warf seine Jacke auf einen Sessel und setzte sich neben sie, dann zog er sie auf seinen Schoß. Schweigend sahen sie zu, wie der Meteorologe die Hochdruckgebiete aufzeigte, wie er mit der Hand ihre wahrscheinlichen Richtungen andeutete und dann schließlich seine Vorhersage machte: heiß und stickig, so wie es schon den ganzen Tag über gewesen war, mit der Aussicht auf Gewitter.
»Ist heute irgend etwas Interessantes passiert?« fragte Marlie schließlich.
»Das FBI hat uns ein Täterprofil geliefert, das sie ausgearbeitet haben; dieser Kerl ist wahrscheinlich innerhalb der letzten zehn Jahre durch das ganze Land gezogen unter Hinterlassung einer stattlichen Reihe von Opfern; niemand
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