Suesse Hoelle
Gedanken versunken.
Freddie und Worley warteten bereits, Bonness auch, und DiLeonardo lief wieder mit dem verzückten Gesichtsausdruck herum und bemühte sich verzweifelt, im Konferenzraum einen Platz neben Freddie zu ergattern.
Lowery war frisch rasiert, sah aber noch zerknitterter aus als sonst, und Dane dachte, dass er wahrscheinlich erst heute morgen mit einem ganz frühen Flug aus Virginia gekommen war.
»Das FBI hat wirklich hart gearbeitet«, begann er leise. »Ich soll euch gratulieren, dass ihr so rasch die Auffälligkeiten bei diesen beiden Fällen herausgefunden habt; aber es wird nicht einfach sein, den Täter zu fassen. Er gehört zu der schlimmsten Sorte der Mörder, dem Bundy-Typ: kalt wie Eis, intelligent, erfindungsreich und ohne den leisesten Funken von Schuldgefühl.«
Er blickte auf. »Ich habe eine Liste ähnlicher Morde, Morde durch Erstechen ohne Täter, ohne Beweismittel. Es ist möglich, dass einige davon demselben Mann anzurechnen sind. Für manche kann er nicht verantwortlich sein, denn sie haben zum etwa gleichen Zeitpunkt in verschiedenen Landesteilen stattgefunden. Aber es ist nicht feststellbar, welche Morde ihn als Täter ausschließen.«
Er hielt kurz inne, dann sprach er weiter. »Die Serie begann vor ungefähr zehn Jahren. Das FBI setzt sein Alter auf Anfang bis Mitte Dreißig fest. Die meisten Massenmörder beginnen mit ihrem Unwesen im Alter von etwa Anfang Zwanzig. Und zehn Jahre Erfolg bedeuten, dass er sehr schwer zu fassen sein wird, dass er Erfahrung und aus seinen Fehlern gelernt hat, seine Verbrechen also perfekt plant. Er weiß, was er tut. Er hat sowohl die Polizeimethoden als auch die Methoden der Gerichtsmediziner studiert und ist ein Meister darin, keine Beweise zu hinterlassen.«
»Könnte es vielleicht ein früherer Cop sein?« fragte Bonness. »Oder ein Mitglied der Armee?«
»Das kann ich mir nicht vorstellen«, antwortete Lowery. »Er ist ein Mann, der nicht gern eine Autorität über sich duldet; deshalb ist es wenig wahrscheinlich, dass es ihm gelungen wäre, irgendeine Art militärischen oder polizeilichen Trainings zu absolvieren; er wäre vermutlich nicht einmal als Kandidat in Frage gekommen.«
Lowery blätterte in seinen Unterlagen. »Er ist weiß, all seine Opfer waren Weiße, und ein Massenmörder überschreitet nur selten die Grenze innerhalb der Rassen. Athletisch muss er sein und sehr kräftig. Zudem ist er ordentlich und besitzt ein großes Selbstvertrauen, gefährlich für uns. Ein unordentlicher Mörder macht Fehler, es fehlt ihm die Übersicht. Dieser Mann hat alles bis in die letzte Einzelheit geplant. Er schlägt seine Opfer nicht zusammen, bindet sie nicht fest; er ist davon überzeugt, dass er die Situation voll im Griff hat, und bis jetzt war das wohl auch so. Die Waffe, die er benutzt, ist ein Messer aus der Küche des Opfers, das er am Tatort zurücklässt Da es keine Fingerabdrücke gibt, kann man die Waffe nicht mit ihm in Zusammenhang bringen. Er nimmt auch keine Trophäen mit. Das FBI glaubt, dass er die Opfer beschattet, wahrscheinlich wochenlang vorher; er dringt in das Haus ein, wenn niemand daheim ist, macht sich vertraut mit den Räumlichkeiten. Geduld ist sein Markenzeichen.«
Lowery blickte in die aufmerksamen Gesichter vor sich. »Er vergewaltigt die Opfer, doch legt er keine Fesseln an, und das ist ungewöhnlich. Einige Frauen kämpfen selbst dann noch, wenn man ihnen ein Messer an die Kehle hält. Aus irgendeinem Grund haben seine Opfer das nicht getan.«
Weil er sie zuerst beruhigt, dachte Dane. Er lässt sie glauben, dass er ihnen nichts tut, wenn sie sich nicht wehren. Er ist sanft und benutzt ein Kondom. Die Opfer sind wie gelähmt vor Schreck, dass sie in ihrem eigenen Haus angegriffen werden, und in ihrem ersten Schreck wollen sie es nicht wahrhaben. Aber das waren Einzelheiten, die Marlie ihm verraten hatte, deshalb behielt er sie für sich.
»Er verbindet seinen Opfern nicht die Augen«, sprach Lowery weiter. »Und er versteckt die Leichen auch nicht. Auch dies sind Anzeichen für einen sehr organisiert arbeitenden Mörder. Es war überraschend, dass er Mrs. Vinick die Finger abgeschnitten hat, denn eine Verstümmelung der Opfer gehört nicht zu seinen Eigenheiten...«
»Wir glauben, dass sie ihn gekratzt hat«, unterbrach Dane ihn.
Lowery seufzte. »Wenn das so ist, dann ist das nur ein weiteres Zeichen seiner Umsicht. Er konnte nicht riskieren, dass wir Hautstückchen unter ihren Fingernägeln fänden.
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