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Süsse Küsse und unschickliche Geheimnisse

Süsse Küsse und unschickliche Geheimnisse

Titel: Süsse Küsse und unschickliche Geheimnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: TERRI BRISBIN
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schnell danach folgen. Auf und ab und auf und ab.“
    Die zehn Frauen im Raum schenkten Anna ihre vollste Aufmerksamkeit, während sie umherging und all jenen Hilfe anbot, die sie brauchten. Nach einigen Minuten lächelte sie. Wenn die Mühe, die sie sich gaben, als ein Zeichen genommen werden konnte, dann würde jede einzelne von diesen Frauen Erfolg haben.
    „Ich glaube, dieser Buchstabe gefällt mir nicht, Miss“, rief Mary, die Jüngste unter ihnen. „Er ist irgendwie zu kringelig.“
    Anna lachte. „Dann übe das Q schön, Mary, weil die übrigen Buchstaben sogar noch mehr Kringel und Wirbel aufweisen. Lasst euch nicht entmutigen. Wir sind fast am Ende des Alphabets angekommen, und ihr werdet mit jedem Buchstaben besser.“
    Einige stimmten ihr zu, doch andere schienen noch zu zweifeln. Anna besah sich jede Einzelne und fragte sich, welche von ihnen wirklich einen Weg aus ihrer gegenwärtigen Notlage finden würden. Trotz der Intelligenz, die sich hinter vielen dieser hübschen Gesichter verbarg, und der Hingabe, mit der sie dazulernten, würde nicht jede eine Anstellung finden. Es gab einfach zu viele Frauen, die in Not waren, und es gab zu wenige Stellen, um allen ein Auskommen zu bieten.
    Unwillkürlich spürte sie Tränen aufsteigen und bemühte sich, sie zu unterdrücken. Sie räusperte sich und machte Mrs. Dobbins, der Haushälterin, die im hinteren Teil des Raums wartete, ein Zeichen.
    „Zeit fürs Mittagessen. Ihr dürft stolz auf eure Arbeit heute Morgen sein.“
    „Danke, Miss Fairchild.“
    Wie immer errötete Anna vor Freude über die aufrichtige Dankbarkeit ihrer Schülerinnen. Von Mary, die mit ihren fünfzehn Jahren die Jüngste war, bis zur zwanzigjährigen Becky sammelten die jungen Frauen ihre Schiefertafeln ein und gingen schwerfällig aus dem Raum, jede in einem anderen Stadium der Schwangerschaft.
    Wieder traten Anna Tränen in die Augen, während sie ihnen nachsah, und sie wischte sie ungeduldig von den Wangen. In den vergangenen drei Jahren, seit sie dieses Heim und die Schule eröffnet hatte, hatte sie Dutzende von Mädchen kommen und gehen sehen. Anfänglich verschrieb sie sich den unglücklichen jungen Frauen mit ganzer Seele und brachte alles über ihr Leben, ihre Hoffnungen und Träume in Erfahrung. Doch als ihr klar wurde, dass ihr bei jeder einzelnen das Herz zu brechen drohte, lernte sie, sich etwas zurückzuhalten und einen gewissen Abstand zu wahren. Aufgrund ihrer eigenen Erfahrungen konnte sie so gut nachfühlen, wie ängstlich sie sein mussten. Doch wenn sie ihnen helfen wollte, musste sie sich ein wenig von ihnen absondern, auch wenn es sie große Überwindung kostete.
    Seufzend ging sie zu dem Schreibtisch neben der Tür und ordnete ihre Papiere und Bücher. Der große Raum hatte in besseren Zeiten als Salon gedient. Gemeinhin waren Armenhäuser und Unterkünfte für unglückliche Frauen wie jene, die sie bei sich aufnahm, unbequeme, ungemütliche, schmutzige Orte, wo die armen Geschöpfe zusammengepfercht wurden, ohne die geringste Zuwendung zu erhalten.
    Mit der Hilfe einiger sehr wohlhabender Gönner, die es vorzogen, für ihre Wohltätigkeit bekannt zu sein, ohne sich auch wirklich damit zu befassen, hatte Anna dieses Haus kaufen, einrichten und das nötige Personal einstellen können. So bekamen die Frauen ein Dach über dem Kopf und genug zu essen in den wenigen Monaten, bevor sie ihre Kinder zur Welt brachten. In dieser kurzen Zeit waren sie weit von dem harten Leben entfernt, das sie sonst führten, und erwarben neues Können und neue Kenntnisse, die ihnen im günstigsten Fall die Möglichkeit verschaffen würden, sich danach ihren Lebensunterhalt selbst zu verdienen. Als überzeugter Blaustrumpf war Anna der Meinung, dass sie nur aus der Armut herausfinden würden, wenn sie über eine gewisse Bildung verfügten, so gering sie auch sein mochte.
    Am Schreibtisch sah sie sich das Programm der nächsten Tage an. Abwechselnd arbeitete sie morgens und nachmittags entweder in der Schule oder in der Redaktion. Die Führung des Haushalts ihrer Tante und die Erziehung ihrer Schwester ließen ihr kaum Zeit für etwas anderes. Mit den vielversprechenden Einnahmen aus der Zeitschrift hoffte sie, ein weiteres Haus kaufen und ihre Wohltätigkeitsarbeit ausweiten zu können. Allerdings bräuchte sie dafür mehr Geld und mehr Zeit, als ihr im Moment zur Verfügung standen.
    Wenn nur die Regierung Seiner Majestät in England und die hier in Edinburgh mehr gegen die Armut

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