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Süsse Küsse und unschickliche Geheimnisse

Süsse Küsse und unschickliche Geheimnisse

Titel: Süsse Küsse und unschickliche Geheimnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: TERRI BRISBIN
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unternehmen würden. Wenn die Wohlhabenden nur öfter ihren Reichtum für die vom Schicksal Benachteiligten einsetzen wollten. Doch das Gegenteil war der Fall, und einflussreiche Männer wie der arrogante Lord Treybourne zeichneten sich nicht nur durch Gleichgültigkeit aus, sondern predigten ihre menschenfeindlichen Ansichten auch vor dem Parlament und schadeten so ihrer Arbeit erheblich.
    In wenigen Tagen würde Lord Treybournes Antwort auf Goodfellows Artikel veröffentlicht werden. In ganz Edinburgh, wenn nicht ganz England und Schottland, würde man in informierten Kreisen von nichts anderem reden. Erst im vergangenen Monat war es in Edinburgh zwischen einigen Angehörigen der literarischen Elite wegen der in Lord Treybournes Essay geäußerten Ansichten zu einer Schlägerei gekommen. Goodfellow besaß glühende Anhänger, die ihn mit ihrer Stimme und ihren Fäusten verteidigten und deswegen nicht selten in der Obhut des Gesetzes landeten.
    Anna hatte auf eine gebildete Diskussion gehofft, keine plumpe Brutalität. Doch wenn dadurch größere Aufmerksamkeit auf das schwere Los derer gelenkt wurde, denen sie zu helfen versuchte, diente es wenigstens einem guten Zweck. In jedem Fall wünschte sie sich von Herzen, dass die Artikel dieses Monats das Gespräch wieder auf ein Niveau anheben würden, das die Menschen zum Nachdenken anregte, nicht zum Streiten.
    Sie setzte ihren Hut auf und band ihn unter dem Kinn fest. Buch und Retikül verstaute sie in einem Korb, den sie für diesen Zweck immer bei sich trug, und legte sich ihre schon recht abgetragene Pelisse über den Arm, da sie nicht wusste, ob es kalt genug war, sie zu tragen. Sobald sie die Tür öffnete, schlug ihr ein frisches, doch laues Lüftchen entgegen. Anna trat auf die Straße hinaus und sah sich um.
    Knapp fünfzig Meter von ihr entfernt stand Mr. Archer. Jetzt begegnete sie ihm schon das dritte Mal in dieser Woche auf dem Weg zur „Gazette“, doch dieses Mal deutete alles darauf hin, dass er absichtlich auf sie wartete. Makellos gekleidet, bot er ein schneidiges Bild, wie er neben einem Kutscher stand, der die Zügel seiner Pferde hielt.
    David entdeckte Anna fast im selben Moment. „Miss Fairchild! Guten Tag“, sagte er und kam auf sie zu. „Falls Sie nach New Town wollen, könnte ich Sie vielleicht dorthin mitnehmen?“ Er tippte sich grüßend an den Hut.
    „Haben Sie auf mich gewartet, Mr. Archer? Es ist der dritte Tag hintereinander, an dem sich unsere Wege kreuzen.“
    Er sah über ihre Schulter hinweg und nahm genau Kenntnis von dem Gebäude, aus dem sie gekommen war. Also hat er dort Stellung genommen, wo er mich vermutete, und dann gewartet, dass ich aus dem Haus trete, überlegte Anna. Nun wusste sie ohne jeden Zweifel, dass er ihr folgte. Die Frage war nur, aus welchem Grund? Bevor sie ihn fragen konnte, nahm er ihr den Korb ab und bot ihr den Arm.
    „Obwohl dieser Weg von meiner Unterkunft der beste ist, wenn ich zur New Town möchte, gestehe ich offen eine böse Absicht ein, Miss Fairchild“, sagte er, ohne mit der Wimper zu zucken. Nur ein schelmisches Zwinkern zeigte ihr, dass er scherzte. „Mir ist aufgefallen, wie beschäftigt Sie sind, aber ich hatte gehofft, Sie zu einer kleinen Unterbrechung verlocken zu können.“
    „Unterbrechung? Ich fürchte, ich habe Verpflichtungen einzuhalten, Sir.“ Sie blieb stehen und nahm die Hand von seinem Arm. „Ich werde in der …“
    Er hob die Hand, und einen Moment glaubte Anna, er wolle ihre Lippen berühren. Die Vorstellung, er könne so etwas tun, und das plötzliche Verlangen, er möge es wirklich tun, erschreckten sie. Mr. Archer schien über ihr Verhalten erstaunt zu sein und blieb einen ganz kurzen Augenblick wie erstarrt. Dann lächelte er, und Anna errötete. Ohne dass sie sich erklären konnte, was geschehen war, begann ihr Herz wild zu klopfen.
    „Ich würde mir niemals anmaßen, Ihre Arbeit oder Ihre Pläne ohne Vorwarnung zu unterbrechen. Das wäre unverzeihlich und unhöflich.“ Er ging zur Kutsche und nickte dem Fahrer zu, der die Tür öffnete. „Ich habe eine offene Kutschte besorgt, Miss Fairchild, damit Sie sich keine Sorgen machen müssen, wenn Sie diese Vertraulichkeit in aller Öffentlichkeit zulassen.“
    „Vertraulichkeit, Sir?“ Es fiel ihr schwer zu atmen bei dem Gedanken an irgendeine Art von vertraulichem Umgang mit diesem Mann. Das konnte er aber doch unmöglich meinen, oder?
    „Eine Ausfahrt mit einem Mann, der weder verwandt noch befreundet mit

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