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Süsse Küsse und unschickliche Geheimnisse

Süsse Küsse und unschickliche Geheimnisse

Titel: Süsse Küsse und unschickliche Geheimnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: TERRI BRISBIN
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Schwester zu. Julia verzog das Gesicht zu einer kecken Grimasse. Offenbar lagen ihr die Tätigkeiten, die man ihrem Geschlecht zubilligte, nicht sehr – und das beruhte gewiss auf dem Einfluss ihrer großen, ebenso unkonventionellen Schwester, die er sich nicht mit Nadel und Faden oder Pinsel in der Hand vorstellen konnte.
    Wenn er sie vor sich sah, was nur allzu oft geschah, dann wie sie Kinder unterrichtete, Artikel bei der Zeitschrift korrigierte – oder ihn im Mondlicht küsste.
    „Ich möchte Sie nicht weiter aufhalten. Bitte überbringen Sie Miss Fairchild meine Grüße, falls Sie sie sehen.“ David verbeugte sich vor den Damen.
    Lady MacLerie erhob sich und ging mit ihm bis zur Tür des Salons, wo der Diener darauf wartete, ihn die Treppe hinunterzubegleiten. „Gehen Sie schon voraus, Ian. Halten Sie Mr. Archers Sachen bereit. Er wird gleich kommen.“ Gehorsam wandte sich der Diener ab.
    „Mr. Archer, Anna bleibt manchmal länger in der Schule, um an ihren verschiedenen Projekten zu arbeiten. Wahrscheinlich werden Sie sie dort vorfinden“, meinte sie leise, als sie gemeinsam die Treppe hinuntergingen. „Sagen Sie Mrs. Dobbs, dass ich Sie geschickt habe.“
    Erstaunt über ihre plötzliche Unterstützung, schüttelte er den Kopf. „Lady MacLerie …“, begann er unsicher.
    „Anna vertieft sich zu sehr in die Probleme anderer und sieht ihre eigenen gar nicht mehr, Sir. Es kann ihr nicht schaden, sich ein wenig umzuschauen. Das Leben geht so schnell vorbei, dass man Gefahr läuft, es zu verpassen. Es sei denn natürlich, es gibt Freunde, die helfend eingreifen.“ Sie erreichten die Haustür, und Lady MacLerie tätschelte ihm den Arm. „Ihr Büro ist im ersten Stock, die erste Tür rechts. Sie können ihr ausrichten, dass ich sie zum Dinner erwarte und Julia und Miss Erskine bereits bei mir sind, falls Sie einen Vorwand benötigen.“
    Was sollte er da noch sagen, wenn sie ihm sogar eine Ausrede für sein plötzliches Erscheinen anbot? „Ich danke Ihnen, Madam.“
    Bald saß David wieder in der Kutsche und war auf dem Weg zur Schule. Und zu Anna.
    Anna holte ihren Zeichenblock aus der Schreibtischschublade und schlug die letzte, noch unbeendete Skizze auf. Sie zeigte die Schauspielerin, die im Theaterstück die betrogene Ehefrau gespielt hatte. Das ausgefallene Kostüm hatte Annas Aufmerksamkeit erregt, und sie fand eigentlich, dass sie es in ihrer Zeichnung nicht schlecht eingefangen hatte.
    Gewöhnlich half ihr das Zeichnen dabei, sich zu beruhigen und auf die Worte zu konzentrieren, die sie in ihrem Artikel schreiben wollte. Doch heute konnte sie keinen einzigen vernünftigen Satz formulieren. Lord Treybournes Artikel lag ebenfalls vor ihr auf dem Schreibtisch und stachelte sie dazu an, ihm im selben scharfen Ton zu antworten. Und würde ein Mann nicht eben auf diese Weise eine Verunglimpfung seines Rufs beantworten?
    Anna legte den Zeichenblock beiseite und sah sich an, was sie bisher geschrieben hatte. Sie war weder mit Aufbau noch Inhalt zufrieden. Leider lief es ganz und gar nicht so, wie sie gehofft hatte – ganz besonders, da sie den Artikel schon übermorgen abgeben musste. Seufzend lehnte sie sich an den harten Holzrücken ihres Stuhls und gab sich alle Mühe, ihre Gedanken zu sammeln.
    Lord Treybourne hatte den Kampf gewissermaßen auf die Spitze getrieben, aber wie sollte sie darauf eingehen? Ein Mann würde zurückschlagen und die Beleidigung mit einer anderen erwidern. Konnten sie und der Earl sich jedoch so etwas leisten? Anna wünschte nichts mehr, als dass das Wortgefecht mit Lord Treybourne sich um die wichtigen Probleme drehte, nicht um die Schreiber. Aber war das jetzt noch möglich?
    Nach Minuten fruchtlosen Grübelns griff Anna wieder nach dem Block und öffnete ihn auf einer unbenutzten Seite. Ihre Hand glitt wie aus eigenem Willen über das Papier, und es überraschte Anna nicht wirklich, als sich allmählich ein Gesicht abzuzeichnen begann, das schon seit Tagen ihre Gedanken beherrschte.
    Die Einzelheiten jedoch erstaunten sie, denn ihr war nicht bewusst gewesen, dass seine Nase eine ganz kleine Krümmung aufwies. Seine Lippen waren sinnlich, das Kinn war energisch. Sosehr sie es allerdings auch versuchte, sie schaffte es nicht, die Eindringlichkeit seiner blauen Augen wiederzugeben, die ihren Knien jede Kraft nahmen, sobald er sie ansah.
    Anna warf einen letzten Blick auf ihre Zeichnung, schloss dann seufzend den Block und einen Moment auch die Augen. Sie sah sein Gesicht

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