Süsse Küsse und unschickliche Geheimnisse
Gegenspieler war.
„Ach was“, meinte Ellerton. „Keine einzelne Frau könnte so viele Dinge bewältigen. Ich glaube, Hobbs-Smith leitet die Zeitschrift für sie, weil es ihm die öffentliche Position gibt, die er für einen Sitz im Unterhaus braucht. Ich habe seinen Namen kürzlich in mehreren Zeitungen und Veröffentlichungen gelesen.“
„Jedenfalls unterschätzt ihr Miss Fairchild“, sagte David. „Sie hat für das Wohlergehen ihrer Schwester und Tante sorgen müssen und hat sich dieser Aufgabe mehr als gewachsen gezeigt.“
Seine Freunde wechselten einen Blick und sahen ihn dann fassungslos an. „Das klingt ja so, als wärst du sehr angetan von der jungen Frau, Trey. Geht hier etwas vor, von dem wir wissen sollten?“
„Ellerton! Sieh dir sein Gesicht an!“, rief Hillgrove, sprang auf und trat an den Schreibtisch. „Sieh doch.“
Hillgrove wies auf sein Gesicht, und David konnte es nicht verhindern, er hob die Hand und berührte es. Allerdings fand er nichts, das außergewöhnlich wäre, und zuckte die Achseln.
„Das ist der Ausdruck eines liebeskranken Mannes.“
„Ach, geh zum Teufel!“, erwiderte David nicht ganz so gelassen, wie er gewollt hätte.
Thomas wich unwillkürlich zurück, und auf Davids Nicken hin verließ er die Bibliothek. Sobald die Tür sich hinter seinem Sekretär geschlossen hatte, wandte David sich an seine Freunde. Diese Art Vermutungen durfte er nicht ermutigen.
„Stell dir das vor, Ellerton. Der Earl und der Blaustrumpf“, meinte Hillgrove amüsiert.
„Der Erbe des Marquess und die Reformerin“, fügte Ellerton grinsend hinzu. „Klingt mir ganz wie die Romane, die meine Schwester heimlich liest.“
„Das ist genau der Grund, weswegen ich euch nicht bat, mich bei meinen Bemühungen zu unterstützen. Ihr beide seid wie alte Klatschweiber, die ihre Neugier selbst auf die Gefahr hin zu befriedigen suchen, dass es die Beteiligten in eine schwierige Lage bringen könnte.“
David schloss die Augen. Er fasste es nicht, wie sehr er sich hatte gehen lassen, wie viel er mit seinem Gefühlsausbruch verraten hatte. Stille breitete sich zwischen ihnen aus, bis er schließlich einen Seufzer ausstieß und seine Freunde ins Auge fasste.
Bevor er jedoch etwas sagen konnte, hob Ellerton die Hand und kam ihm zuvor.
„Wir sind zu lange ohne jede Abwechslung auf deinem Jagdsitz gewesen, Trey, und ich fürchte, Hillgrove und ich vergessen uns manchmal. Entschuldige bitte.“
Hillgrove nickte bedrückt.
„Ich möchte euch meine missliche Lage erklären. Miss Fairchild weiß nicht, wer ich bin, und erkennt auch nicht, welchen Problemen sie sich gegenübersehen wird, sollte der Marquess ihre Verbindung mit der Zeitschrift entdecken. Einem Mann würde er vielleicht, wenn auch widerwillig, Respekt entgegenbringen, aber eine Frau bekäme seine Wut mit aller Wucht zu spüren.“
„Das glaube ich gern“, stimmte Ellerton zu.
„Ich selbst empfinde ein gewisses Maß an Verdruss, jetzt, wo ich weiß, dass eine Frau die Zeitschrift leitet, die mich öffentlich angreift.“
„Hast du schon auf Goodfellows Artikel geantwortet?“, fragte Hillgrove. „Der Bursche hat mit seinem Artikel neulich große Fortschritte für die Position der Whigs erreicht.“
„Ach, das habt ihr gelesen?“ Die Neuigkeiten verbreiteten sich schnell, schlechte oder peinliche Neuigkeiten sogar noch schneller, wie es schien. „Seid ihr wirklich jetzt erst aus dem Norden gekommen?“
Ellerton nickte. „Gerade eben. Einer deiner tüchtigen Diener hatte eine Ausgabe dabei, als er von seinen Besorgungen in Edinburgh auf deinen Jagdsitz zurückkehrte. Und so sind wir gekommen, um dir unsere Hilfe anzubieten beim Aufspüren dieses Goodfellow – umso früher können wir wieder zu den Freuden zurückkehren, die London zu bieten hat.“
David nickte. „Ich muss noch einige wenige Dinge erledigen und werde wohl in ein paar Tagen nach London reisen. Es gibt keinen Grund für euch, bis dahin hier in diesem engen Haus zu bleiben. Ich sage in Dursby House Bescheid, dass ihr kommt, dann könnt ihr die Annehmlichkeiten dort genießen.“
Ellerton begegnete seinem Blick. Obwohl er oft den Eindruck eines oberflächlichen Mannes machte, verfügte er doch über eine gute Menschenkenntnis, und vor allem seine Freunde konnten ihm selten etwas vormachen. „In jedem Fall ist es nicht weit entfernt von hier, und wir können jederzeit da sein, wenn du uns brauchen solltest, Trey.“
David klopfte ihm auf die Schulter.
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