Süße Rache: Roman (German Edition)
Lastwagenfahrer. Sie vermied jeden Augenkontakt, und keiner von beiden sprach sie an, weil beide vollauf damit beschäftigt waren, ihre Teller zu leeren.
Sie bestellte Wurst, Ei und Toast, ein Frühstück, das sie sich nie gegönnt hatte, während sie mit Rafael zusammengewesen war, so tief hatte die Angst gesessen, ein paar Gramm zuzulegen. Sobald der erste Bissen im Mund war, vergaß Drea den ängstlichen Blick auf die Uhr und schwelgte in diesem Genuss, der ersten kompletten Mahlzeit seit … sie konnte nicht einmal sagen, seit wann. Jedenfalls lang bevor sie Rafael kennen gelernt hatte, also mindestens seit … Jahren. Sie hatte seit Jahren keine komplette Mahlzeit mehr gegessen.
Scheiß auf die Männer. Sie brauchte keinen Mann mehr. Sie war jetzt reich und konnte essen, wonach ihr verdammt noch mal der Sinn stand.
Endlich ging sie zu ihrem Motel zurück, erfüllt mit einem Wohlbehagen, das weit über ein reines Sättigungsgefühl hinausging. Gleich musste die Bank öffnen. Sie hockte in ihrem schäbigen kleinen Zimmer, wartete bis neun Uhr fünfzehn, schaltete dann den BlackBerry ein, der sofort mit aufgeregtem Summen ankündigte, dass neue Nachrichten eingegangen waren, und wählte, ohne die Nachrichten abzurufen, ihren Kontozugang. Nichts.
Das überwiesene Geld war noch nicht eingegangen. Eigentlich sollten Überweisungen so schnell wie möglich erledigt werden. Das Konto in Kansas brauchte sie gar nicht zu überprüfen, weil Kansas in einer anderen Zeitzone lag und es noch eine Stunde dauern würde, bis sie realistischerweise erwarten konnte, dass das Geld dort auf ihrem Konto gutgeschrieben war.
War irgendwas schiefgelaufen? Ein eisiger Schauer überlief sie. Auf legale Weise konnte Rafael die Überweisung unmöglich gestoppt haben, aber illegal … klar, wenn er dem Bankmanager die Pistole an die Schläfe hielt, hätte der die Überweisung möglicherweise rückgängig machen können, aber nur falls Rafael davon Wind bekommen hatte.
Normalerweise schrieb er keine Schecks aus, wenn er etwas kaufen wollte; er setzte seine Kreditkarte ein. Demzufolge schrieb er praktisch überhaupt keine Schecks aus, nicht einmal um eine Rechnung zu begleichen. Orlando hatte ihm geraten, sich keine Bankkarte zuzulegen, weil jemand seine PIN ausspionieren und das ganze Konto plündern konnte, darum beglich Rafael seine Rechnungen immer noch auf altmodische Weise, und nicht einmal das tat er selbst. Das erledigte sein Buchhalter für ihn.
Nein, sie war fast sicher, dass Rafael noch nichts gemerkt hatte.
Zehn Minuten später probierte sie es wieder. Diesmal zeigte ihr Konto ein Guthaben von über hunderttausend Dollar an.
Völlig entkräftet vor Erleichterung sank Drea rückwärts aufs Bett und drückte den BlackBerry an ihre Brust. Sie sah noch einmal auf die Summe und begann zu lachen. Es war da, und es gehörte ihr, bis auf den letzten Penny.
Sie würde noch zu spät zu ihrem Friseurtermin erscheinen,
wenn sie sich nicht beeilte. Sie sprang vom Bett auf, rief ein Taxi und ließ den Zimmerschlüssel neben ein paar Dollar Trinkgeld auf dem Nachttisch liegen, dann eilte sie auf die Straße, um auf das Taxi zu warten.
Der Ärger begann, als sie auf der Bank ihr Konto zu schließen versuchte. Nachdem sie ihren Ausweis vorgelegt und alle nötigen Daten angegeben hatte, wollte sie sich das Guthaben auszahlen lassen. Die Bankangestellte, eine Frau mittleren Alters mit weinrotem Haar, erstarrte mitten in der Bewegung und sah Drea mit großen Augen über die Theke hinweg an. Sie wirkte verstört. »Ich weiß nicht, ob das geht, vor allem bei so einer Summe«, entschuldigte sie sich. »Gewöhnlich stellen wir unseren Kunden einen Barscheck aus, wenn ein Konto geschlossen wird. Wir halten keine großen Bargeldbestände verfügbar. Wenn Sie uns vorher mitgeteilt hätten, dass Sie so viel Geld mitnehmen möchten, hätten wir die Summe zusätzlich anfordern können, aber … ich muss kurz mit dem Manager Rücksprache halten. Mal sehen, was wir tun können.«
Drea verkniff sich die ätzende Bemerkung, die ihr auf der Zunge lag. Eine Bank ohne große Bargeldbestände? Was für eine Bank hatte kein Bargeld, verdammt noch mal? Trotzdem brachte es nichts, der Frau zu widersprechen, das hätte nur dazu geführt, dass sie ganz ohne Geld aus der Bank marschieren musste, darum sagte Drea stattdessen: »Verzeihen Sie. Es ging alles so schnell … Das hatte ich mir nicht überlegt.«
Sie ging nicht näher darauf ein, was so schnell
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