Süße Teilchen: Roman (German Edition)
geschrieben, Sophie?«
»Ähm, natürlich nicht.«
»Glauben Sie denn, mich würden die Ansichten ein paar dummer, fetter Hausfrauen interessieren? Was ist mit alternativen Produkten?«
»Wir haben alles versucht, Kekse mit Puddingfüllung, gefrorenen Pudding, Kuchen mit Pudding und Kompott. Aber unterm Strich hat alles unter drei Prozent Fett einen klebrigen Geschmack und braucht so viel Zucker, dass wir die erlaubte Menge überschreiten. Und wenn wir Aspartam verwenden, schmeckt alles nur noch synthetisch.«
»Könnte das daran liegen, dass Will Slater die Kostensenkung nicht passt?«
»Nein, er hat angesichts der unrealistischen Vorgaben sein Bestes gegeben.«
»Vielleicht trübt Ihre Freundschaft mit ihm Ihre Urteilskraft.«
»Keineswegs, aber wenn eine Frau, die auf ihre Linie achtet, etwas naschen will, wäre sie mit einem kleinen Stück bitterer Schokolade besser bedient, das enthält wenigstens Phenole. Man kann die einzelnen Bestandteile eines Puddings nicht durch synthetische Stoffe ersetzen, ohne Stabilität, Haltbarkeit und Geschmack zu beeinträchtigen. Ein Diätpudding ist schon in sich ein Widerspruch und deshalb von vornherein falsch und idiotisch.«
»Sophie, könnten wir uns kurz unter vier Augen unterhalten?«, fragt Devron am Ende des Meetings.
Damit habe ich gerechnet. Immerhin bin ich Devron in Gegenwart von Tom in die Parade gefahren, und das kann er natürlich nicht dulden. Wahrscheinlich will er mir klarmachen, wer hier der Chef ist, aber inzwischen bin ich auf Berge gestiegen und in der Unterhose in einen eiskalten Fluss gesprungen, mich kann nichts mehr erschüttern.
»Ich habe hier etwas, das ich gern mit Ihnen besprechen möchte«, sagt Devron und reicht mir eine Din-A4-Seite. Ich vermute, dass es wieder um ein albernes Projekt geht, womöglich um die Kombination von Geflügel und Fisch, die er Gefischel nennen will. Oder er erbittet Menüvorschläge für Mandys nächsten Geburtstag, der wahrscheinlich in einer Rollschuh-Disco gefeiert wird.
Offenbar doch nicht, denn ich erkenne eine Liste in Janelles Handschrift. Sie umfasst sämtliche Meetings der Phase vier, an denen ich in den letzten drei Monaten ungebeten teilgenommen habe. Richtig, da waren die himmlischen Croissants, aber an das Frühstücksbüffet aus chinesischen Fertigmahlzeiten kann ich mich gar nicht mehr erinnern. Insgesamt handelt es sich um sechzehn Meetings.
Ich zucke mit den Schultern. Den Trick habe ich von einem Experten im Schulterzucken gelernt.
»Arbeiten Sie etwa für Marie und die Bäckerei?«, erkundigt sich Devron.
»Nein.«
»Oder vielleicht für Jason von den Ethnischen Gerichten?«
»Nein.«
»Für Ingrid vom Gefleischel?«
»Ähm, nein.«
»Für Clive von der Keks-Abteilung?«
»Nein.« Hat er sie bald alle durch?
»Arbeiten Sie für mich?«
»Nein.«
»Wie war das?«
»Nein, Devron, ich arbeite nicht mehr für Sie. Ich kündige zum nächsten Ersten.«
Nach meiner Kündigung bin ich so selig, dass ich im ersten Impuls James anrufen will, um ihm alles zu erzählen und ihn zu bitten, sich schon an diesem Abend mit mir zu treffen. Es ist nicht zu fassen, dass er nach allem, was passiert ist, noch immer der Erste ist, dem ich eine gute Nachricht mitteilen möchte.
Stattdessen wähle ich Wills Nummer, der mich auf der Mailbox gebeten hat, ihn umgehend zurückzurufen. Mir fällt ein, dass ich nun nicht mehr mit ihm nach Paris fliegen werde. Wie schade.
»Hallo, Will, hör zu, es tut mir leid, aber ich habe eine gute und eine schlechte Nachricht.«
»Was ist denn? Geht es dir nicht gut?«
»Doch, doch, es geht mir sogar blendend. Ich hab vor ein paar Minuten bei Fletchers gekündigt.«
»Großartig, ich gratuliere. Und was ist die schlechte Nachricht?«
»Dass ich nicht mit dir nach Paris kommen kann.«
»Warum nicht?«
»Na, das geht doch jetzt nicht mehr. Wahrscheinlich wird meine Nachfolgerin dich begleiten.«
»Ach was, wir betrachten es einfach als eine Art Abschiedsessen. Deshalb wollte ich sowieso mit dir reden. Warst du schon mal im Hotel Costes ?«
»Nein, aber da wollte ich schon immer mal hin.«
»Wunderbar, dann lasse ich dort für uns reservieren. Wir treffen uns Mittwochmorgen um halb sieben an der Station St. Pancras. Und was Fletchers angeht – ich werde dich dort vermissen. Du gehörst in deinem Fach zu den Besten.«
»Ich wette, das sagst du all deinen Kunden.«
»Nein, ich meine das ganz ernst. Du bist engagiert und leidenschaftlich und offen. Ich kenne
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