Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Süße Teilchen: Roman (German Edition)

Süße Teilchen: Roman (German Edition)

Titel: Süße Teilchen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stella Newman
Vom Netzwerk:
gemahlenem Kaffee.
    Als ich zurückkehre, sitzt meine Mutter vor dem großen Plasmafernseher, und Lenny macht ein Nickerchen. In den nächsten zwanzig Minuten streiten meine Mutter und ich über das Abendessen. Ich betone, dass ich keinen Hunger habe, sie besteht darauf, dass ich etwas esse. Wenn ich vorschlage, etwas Gesundes zu essen, einen Thunfischsalat zum Beispiel, sagt sie, den habe sie schon vor zwei Wochen gegessen und wie es denn mit einem schönen Schweinekotelett wäre. Schweinekoteletts habe ich schon als Kind nicht gemocht. »Oder einen Hamburger, die magst du doch so gern.«
    »Ich habe gesagt, dass ich etwas Gesundes essen will«, entgegne ich jedes Mal aufgebracht, rausche ab in mein Zimmer, nehme zwei Schlaftabletten und so weiter und so fort.
    Jetzt bin ich beim Ralphs -Teil meiner täglichen Routine.
    Zum ersten Mal seit Heiligabend bin ich wieder hungrig. Ich bin jeden Tag gelaufen und habe mich täglich von einem halben Bagel ernährt. Daher bin ich jetzt offiziell dünn. Mein BH ist halb leer oder halb voll, je nachdem, und meine Hose rutscht von den Hüften. Selbst meine Schuhe scheinen mir zu groß geworden zu sein.
    Demnach habe ich mir eine Leckerei verdient, und da ich inzwischen mehr Muskeln als Fett habe, muss ich mich deswegen nicht einmal schuldig fühlen.
    Ich beginne mit den Kühlregalen, in denen es Schoko-Milch gibt. Ich brauche etwas Kaltes, aber die vielen Varianten mit wenig, zwei Prozent und einem Prozent Fett bringen mich aus dem Konzept. Eigentlich will ich einen fetten Mars -Milch-Shake, aber den gibt es hier nicht. Vielleicht gibt es ihn gar nicht mehr, denn ich habe seit zehn Jahren keinen mehr getrunken.
    Ich gehe weiter und bleibe vor den frischen Backwaren stehen. Aus irgendeinem Grund erinnert die Auslage mich an einen Strip-Klub. Es ist, als würden die Produkte einem zuraunen: »Du willst mich«, obwohl man sie gar nicht will.
    Ich betrete den Gang, in dem die Tiefkühltruhen mit Eiscreme stehen. Die Auswahl scheint grenzenlos, aber ich möchte Eis von Ben and Jerry’s . »Es zählt, was drin ist«, lautet ihr Slogan. Hast du gehört, James Stephens? Die beiden haben recht. Ben und Jerry würden Mrs Ben und Mrs Jerry nie wegen der Flüge belügen, die sie nehmen oder nicht. Sie würden ihnen weder das Weihnachtsfest verderben noch die letzten fruchtbaren Jahre ihres Lebens stehlen. Sie würden nicht dafür sorgen, dass ihre Frauen eines Tages allein sterben und nicht einmal von ihren Katzen gefressen werden, denn in einer kleinen Wohnung im fünften Stock kann man keine Katzen halten, oder, James Stephens?
    Okay, je schneller ich mir einen Eisbecher aussuche, desto schneller komme ich wieder nach Haus und kann schlafen.
    Mein Gott, ich glaube, ich sehe nicht recht.
    Offenbar gibt es hier vierzig Sorten Eiscreme von Ben und Jerry’s , die gefrorenen Joghurts noch nicht mitgerechnet.
    Brownie-Teig? Marzipan? Zimthörnchen? Ich stelle mir Hörnchen mit Zimt vor.
    Ich entdecke einen Becher namens Friedenstaumel. Man stelle sich vor, in einer zivilisierten Nation zu leben: Amerika! Das Land der Freiheit und Gerechtigkeit, in dem unendliche Möglichkeiten zu den unveräußerlichen Menschenrechten gehören.
    Nach einer geschlagenen halben Stunde habe ich es geschafft, die Auswahl auf die folgenden Sorten zu beschränken:
    Brownie-Teig
    Crème Brûlée
    Die magischen Brownies der Dave Matthews’ Band
    Dynamit aus Neapel
    Doppeldecker
    Kleine dumme Nuss
    American Dream
    Schildkrötensuppe
    Erdbeer-Käsekuchen
    Willy Nelsons ländliche Pfirsichbowle
    Nach einer weiteren halben Stunde streiche ich die Folgenden:
    Die Pfirsichbowle, denn sie erinnert mich an Willy Nelson, der mich an James erinnert.
    Die Schildkrötensuppe, obwohl dazu Cashewnüsse gehören, die ich liebe, aber die Konnotationen einer Schildkrötensuppe sind mir zu brutal.
    Kleine dumme Nuss – erinnert mich an mich.
    Die magischen Brownies der Dave Matthews’ Band, weil mir die Dave Matthews’ Band nichts sagt.
    Die sechs verbliebenen reihe ich vor mir auf. Ich könnte alle sechs kaufen und fünf von ihnen Lenny und meiner Mutter überlassen. Andererseits mag ich ihnen nichts Ungesundes mitbringen, denn sie essen sich so schon halb zu Tode.
    Hm. Sieht aus, als bräuchte ich noch einen Moment.
    »Wo warst du, wir waren krank vor Sorge. Ich dachte, du wärst ermordet worden. Warum hast du nicht wenigstens ein blaues Auge?« Wenn meine Mutter sich Sorgen macht, kompensiert sie das mit den fürchterlichsten

Weitere Kostenlose Bücher