gemacht als James in einem ganzen Jahr. Außerdem sieht er toll aus, hat funkelnde blaue Augen, wirres Haar, tadellose Zähne und ein Grübchen in der rechten Wange. Er ist jung, hat einen kriminellen Freund und würde mich nie zwingen, in seinem Wagen Dido zu hören. Ich könnte mir auch einen Wikinger-Schädel auf den Bauch tätowieren lassen.
»Ich habe eine bessere Idee«, sage ich. »Eli, darf ich deinen Freund mal für einen Moment entführen?«
»Wenn mein Kumpel gevögelt werden soll, stehe ich ihm nicht im Weg.«
Ich nehme Billys Hand und steuere den Mietwagen-Parkplatz an.
»Nach links«, sage ich. »Oooh, und jetzt rechts.«
»Bist du sicher?«, fragt Billy.
»Absolut. Geht es nicht ein bisschen schneller?«
»Geduld, Schätzchen, es gibt noch so was wie Geschwindigkeitsbeschränkungen.«
»Mann, bin ich betrunken. Ja, genau da – rein und raus – wir sind kurz davor.«
»Yeah, Baby«, ruft Billy. »Rein und raus, komm!«
Ich zeige mit dem Finger. »Da rein.«
»Machst du Witze? Da passe ich doch nie rein.«
»Da passt sogar ein Schulbus rein. Ist doch riesig.«
Er sieht mich unsicher an. »Ich will keine Kratzer.«
»Warum nicht? Ist doch nicht dein Auto.«
»Aber die haben meine Kreditkarte.«
»Mensch, jetzt fahr doch nicht wie eine Frau. Park das verdammte Ding endlich, ich sterbe vor Hunger.«
Billy parkt und macht den Motor aus. Wir torkeln in den Hamburger-Laden namens Rein und raus . Ich bin um einiges betrunkener als Billy, denn ich habe seit einer Woche kaum etwas gegessen. Ich bestelle zwei Cheeseburger und Pommes. Billy nimmt das Gleiche. Wir setzen uns draußen auf eine Bank, essen und reden über Gott und die Welt.
Wieder im Wagen, fangen wir an zu knutschen, tauschen wilde, süße Küsse und benehmen uns überhaupt wie zwei Menschen, die scharf aufeinander sind, aber genau wissen, dass sie nie gemeinsam einen Sonnenaufgang erleben werden. Es ist total unkompliziert und tut höllisch gut.
Später am Gate legt Billy eine Hand an meine Wange. »Weißt du eigentlich, wie wunderbar du bist?«
»Bin ich nicht. Ich bin zu dick.«
»Süße, du weißt doch gar nicht, wovon du redest. Ich finde es schon aufregend, dich essen zu sehen. Du bist umwerfend. Vielleicht steige ich doch mit dir ins Flugzeug und fliege nach London.«
Ich lege meine Arme um ihn. »Ich danke dir, Billy. Du hast mich gerettet.«
Auf dem Rückflug wird mir einiges klar. James ist ein Wichser. So einfach ist das. Und ein Idiot. Und Billy war ganz reizend. Die Welt könnte voller Billys sein. Man muss sie nur um eine Zigarette bitten, ein wenig mit ihnen reden, und schon sieht die Welt wieder anders aus.
Während des Fluges döse ich. Eine Stunde vor der Landung in Heathrow werde ich wach und fühle mich miserabel. Mein Bauch ist ganz aufgebläht, ich bin verkatert, durcheinander und unglücklich.
James steht nicht am Gate. Der Expresszug in die Stadt ist wegen des Schnees ausgefallen. Der Geldautomat in der Nähe meiner Wohnung hat kein Bargeld mehr, sodass ich gerade noch das Taxi bezahlen kann. Vor meiner Wohnungstür liegt keine Fußmatte, auf der »Bitte, verzeih mir« steht, und außerdem sind mir die bescheuerten Teebeutel ausgegangen.
Als ich mein Handy einschalte, um zu gucken, was James mir in der Zwischenzeit gesimst hat, wird mir vor lauter Nervosität übel. Ich habe fünfzehn SMS erhalten, von Freunden, die mir ein gutes neues Jahr wünschen, von Laura, die wissen will, wie es mir geht, zwei von Pete, eine von Jack, der sich mit mir im neuen Jahr auf ein Glas treffen möchte, und eine von James, der geschrieben hat: »Du fehlst mir«.
Dein Pech, denke ich, der Januar ist eben für keinen ein schöner Monat.
Laura rät mir: »Wenn du ihn anrufen willst, tu es nicht. Schreib ihm eine E-Mail, aber schick sie nicht ab.«
Also schreibe ich James täglich eine E-Mail. Da Devron noch auf den Malediven ist, verbringe ich den Tag damit, auf den Bildschirm meines Computers zu starren, eine E-Mail zu entwerfen, zig mal den Schrifttyp zu ändern, hier etwas zu löschen, da etwas zu kürzen und an allem zu feilen. Aber nie schicke ich eine ab.
An: j.stephens@jsa-strümpfe.co.uk
Von:
[email protected] 11. Januar
Lieber James,
vielen Dank für deine Nachricht. Du fehlst mir auch. Ich wünschte, du würdest mir nicht fehlen. Es tut mir leid, aber zurzeit können wir uns nicht treffen. Ich brauche Zeit zum Nachdenken. Wenn ich jetzt etwas schreiben würde, dann würde ich verletzt klingen