Süße Teilchen: Roman (German Edition)
du da was Schönes vor?«
»O ja, ich bin schon ganz aufgeregt. Meine Mutter hat sich das Handgelenk gebrochen. Ich fahre mit ihr zum Baumarkt, um ihr dabei zu helfen, neue Wandfarbe auszusuchen.«
»Mensch, treib es bloß nicht zu doll.«
Will lacht. »Es kommt noch besser. Anschließend fahre ich zu meiner Exfrau und helfe ihr, die Umzugskartons zu packen.«
Zu der Exfrau, die ihn betrogen hat? »Seid ihr denn noch befreundet?«
»Nicht wirklich. Aber allein schafft sie das nicht. Sie zieht jetzt nach Glasgow.«
»Bist du ein Heiliger?«
»Bestimmt nicht. Noch vor wenigen Jahren hätte ich kein gutes Haar an ihr gelassen, aber die Zeit heilt bekanntlich alle Wunden.«
»Behauptet man jedenfalls. Wie lange wart ihr denn verheiratet?«
»Knapp drei Jahre. Aber insgesamt waren wir elf Jahre lang zusammen.«
»Also wart ihr noch sehr jung, als ihr euch kennengelernt habt.« Will ist in meinem Alter, vielleicht ein Jahr älter. Also muss er damals Anfang zwanzig gewesen sein.
»Wir waren beide zweiundzwanzig. Wahrscheinlich war das Teil unseres Problems. Zu der Zeit haben wir uns selbst noch nicht richtig gekannt, geschweige denn den anderen. Und dann hat sie etwas getan, das mir sehr zugesetzt hat.«
»Das muss schlimm gewesen sein.« Schmerzerfüllt denke ich an den Augenblick zurück, als ich Noushkas Beine die Treppe herunterkommen sah.
Will schüttelt den Kopf. »Das Komische ist, dass ich anfangs dachte, ich hätte einen Fehler gemacht.« Er sieht mich fragend an. »Kannst du das verstehen?«
Ich nicke.
»Aber dem war nicht so. Außerdem bringt es nichts, bei Trennungen nach Fehlern zu suchen.«
»Wie logisch du an die Sache herangehst.«
Will lächelt in sich hinein. »Dazu habe ich anderthalb Jahre gebraucht. Jetzt glaube ich, dass sie mir damals einen Riesengefallen getan hat. Schwierig wäre es geworden, wenn wir Kinder gehabt hätten. Aber lassen wir das. Warum soll ich dich mit meiner Lebensgeschichte langweilen?« Plötzlich wirkt er betreten. Wir gehen die Treppe hinunter in die trübe beleuchtete U-Bahn-Station. »Okay, Sophie, gleich kommt meine Bahn. Ich hoffe, wir sehen uns bald wieder.« Er küsst mich kurz auf die Wange. »Freut mich, dass dir der Milch-Shake geschmeckt hat.«
Will macht sich auf den Weg zum unteren Bahnsteig. Ich habe große Lust, ihm die lange Rolltreppe hinunter zu folgen und weiter mit ihm zu reden. Ich möchte mehr über ihn erfahren. Beispielsweise wüsste ich gern, wie er es schafft, so verständnisvoll zu sein. So möchte ich auch sein. Großzügig. Gelassen. Ohne inneren Aufruhr.
Ich wende mich ab und kehre langsam zur Upper Street zurück.
Erst als ich an der Bushaltestelle warte, fällt mir auf, dass ich immer noch seinen Schal trage.
Auf dem Weg nach Hause ziehe ich den Schal enger um mich. Er riecht nach frischer Wäsche und Limonen, zwei meiner Lieblingsdüfte.
Meine Genesung verläuft immer noch holprig. Am nächsten Abend habe ich schon um sieben Uhr meinen Schlafanzug an. Pete kommt vorbei und bringt mir ein Curry-Gericht mit. Als ich die letzten Reste Chicken Dhansak aus dem Karton gekratzt habe, bitte ich ihn, noch mal loszulaufen und mir aus dem nächsten Supermarkt Brot und Hummus zu besorgen.
»Du kannst doch keinen Hunger mehr haben«, sagt er. »Warte mal fünf Minuten, dann wirst du merken, wie satt du bist.«
»Ach, und bring doch noch einen Becher Eis von Ben and Jerry’s mit. Einen mit viel Schokolade.« Ich reiche ihm einen Zwanziger.
Während er weg ist, starte ich einen halbherzigen Versuch, in meiner Wohnung Ordnung zu schaffen. Ich nehme die ungeöffnete Post vom Fußabtreter und sammele meine Kleidungsstücke ein, die sich wie Maulwurfshügel durch die Wohnung ziehen. Wieso mein Führerschein wohl neben dem Marmite im Kühlschrank liegt?
Pete kehrt mit einem kleinen Baguette, Hummus und einem Becher Eis zurück. Ich sehe ihn vorwurfsvoll an.
»Vielen Dank, aber eigentlich hatte ich an ein großes Baguette gedacht.«
»Ich passe eben auf dich auf.«
»Danke, aber ich kann selbst auf mich aufpassen.« Ich reiße ein Stück Brot ab. »Was ist eigentlich aus dieser Frau geworden? Carla oder so. Muss ja was Ernstes sein, immerhin seid ihr schon eine ganze Weile zusammen.«
»Ich finde sie ganz nett, aber die Richtige ist sie wohl nicht.«
»Weiß sie das?«
»Was?«
»Dass du ihre Zeit verschwendest.«
»Keine Ahnung, aber heiraten werde ich sie nicht.«
»Warum trennst du dich dann nicht von ihr?«
»Jetzt? Wir haben
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