Sueße Verfuehrung an der Cote d'Azur
war nicht mehr in der Lage zu antworten.
Er lehnte sich an sie, sein Atem kitzelte ihren Nacken. Als seine rechte Hand um ihre Taille glitt, schloss sie die Augen, bis es endlich klick machte und Alessandro sie losließ. Dann stieß er die Tür auf und trat zurück.
„Sie sind frei“, sagte er und deutete auf die Eingangshalle.
Wieder staunte Michelle darüber, wie sehr sich sein Gesicht veränderte, wenn er lächelte. Erst als der Wind wieder auffrischte, kam sie zur Besinnung, streckte die Hand aus, um zu verhindern, dass die Tür ein zweites Mal zuschlug. Doch Alessandro hatte noch schneller reagiert als sie. Bei der Berührung ihrer Hände durchzuckte es sie wie ein elektrischer Schlag. Hastig zog sie sich zurück.
„Danke, Signor Castiglione. Nun zeige ich Ihnen als Erstes Ihre Zimmer. Danach führe ich Sie über das Anwesen, damit …“
„Nein, danke.“
Sie fühlte sich wie ein dummes Plappermaul.
„Bitte machen Sie sich um mich keine Sorgen. Ich komme allein sehr gut zurecht. Genießen Sie lieber den schönen Tag.“
„Wie Sie meinen, Signor Castiglione.“ Sie nickte ihm höflich zu und wandte sich zum Gehen.
„Was haben Sie vor?“, wollte er wissen.
„Mich umziehen. Ich wohne im Atelier, es liegt dort drüben.“
„Ach, Sie wohnen gar nicht im Haupthaus?“
„Nein, da wäre ich fehl am Platz. Meine Arbeit hier ist befristet.“
„Ich bin davon ausgegangen, dass ‚Jolie Fleur‘ zurzeit völlig unbewohnt ist. Terence Bartlett und seine Leute befinden sich schließlich auf der Jacht. Nur aus dem Grund habe ich mich überreden lassen herzukommen. Bei mir zu Hause gibt es nämlich noch mehr Angestellte als auf dem Schiff.“
Michelle lief ein Schauer den Rücken hinunter. Hoffentlich ließ er sie in Ruhe ihre Aufgaben erledigen.
„Um ehrlich zu sein, Signore , ich bin gerne für mich allein. Auch deshalb lebe ich lieber im Atelier als im Haupthaus.“
„Ist es wirklich ein richtiges Atelier?“, fragte er neugierig.
Sie nickte. „Ein sehr gut ausgestattetes überdies. Doch es wird wohl nicht benutzt. Jedenfalls sind Farben und Pinsel unberührt.“
„Vielleicht fehlt Terence die Zeit für ein Hobby. Oder das Talent. Ist der Raum schön?“
Michelle lächelte. „Wunderschön.“
Vor allem wegen des Ateliers fühlte sie sich auf „Jolie Fleur“ so wohl. Wie glücklich wäre sie gewesen, wenn ihr nur ein Bruchteil der Ausstattung und des Platzes zu Hause zur Verfügung gestanden hätte. Nun war es zu spät. Inzwischen fehlten ihr Mut und Nerven zum Zeichnen und Malen.
„Darf ich mir das Atelier einmal ansehen?“
Sie nickte. Wie hätte sie auch ablehnen können? Alessandro war Gast ihres Bosses. Nur seine Wünsche zählten. Doch sie verspürte trotzdem keinen inneren Widerstand, ihm Einblick in ihren persönlichen Bereich zu gewähren. Bei jedem anderen Mann hätte sie die Bitte als Zumutung und Zudringlichkeit empfunden.
So kurz sie ihn auch kannte, so hatte sie doch Eigenarten an ihm entdeckt, die ihr sympathisch waren. Obwohl er sich in den Kreisen der Schönen, Reichen und Berühmten bewegte, machte Alessandro Castiglione einen bemerkenswert natürlichen Eindruck auf sie. Vielleicht war er überhaupt der ungekünstelteste Mensch, den sie je getroffen hatte. Außerdem verlor er keine überflüssigen Worte. Auch das nahm sie für ihn ein. Sie arbeitete lieber für Leute, die sich nicht aufspielten und ihr nicht in die Arbeit reinredeten. Über alles andere, was ihn sonst noch anziehend machte, wollte sie lieber nicht nachdenken. Sie hatte die Gegebenheiten zu akzeptieren. Er war hier auf Urlaub, und ihre Aufgabe war es, ihm den Aufenthalt angenehm zu gestalten. Dazu gehörte es, weitestgehend unsichtbar zu bleiben.
Trotzdem fragte sie sich, ob er viel Zeit auf dem Anwesen verbringen oder Ausflüge in die Umgebung machen wollte. Und vor allem, ob er allein bleiben oder sich Gesellschaft suchen würde. Irgendwie bereitete ihr der Gedanke, diesen interessanten und gut aussehenden Mann unauffällig zu beobachten, mehr Freude als der ursprüngliche Vorsatz, sich ganz zurückzuziehen.
2. KAPITEL
Jedes Mal, wenn Michelle ihr eigenes Reich auf „Jolie Fleur“ betrat, schlug ihr Herz höher. Es lag in einem abgelegenen Teil des Gartens inmitten eines Meeres von Blumen. Da die Fronten des Ateliers überwiegend aus Glas bestanden, konnte man bei jedem Wetter die Aussicht genießen oder draußen unter dem überstehenden Dach, das vor Sonne und Regen schützte, in einem der
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