Sueße Verfuehrung an der Cote d'Azur
an.
Er presste die Lippen aufeinander, zwischen seinen Brauen bildete sich eine Unmutsfalte, und er durchbohrte sie förmlich mit seinem Blick. Am liebsten wäre sie im Erdboden versunken. Die peinliche Situation hatte ihr die Sprache verschlagen.
Sie versuchte, sich einzureden, dass es ihr völlig gleichgültig sein konnte, was er von ihr dachte. Er hielt sich hier schließlich nur vorübergehend als Gast auf. Doch es war ihr nicht gleichgültig.
Warum sah der Mann auch so gut aus? Wenn er wenigstens alt, hässlich oder gemein gewesen wäre! Dann hätte sie dieses Schweigen und seinen fragenden Blick vielleicht besser ertragen.
„Nun denn. Mal sehen, wie wir Sie befreien können“, sagte er leichthin, und in seinen Augen blitzte es auf.
Michelle versuchte zu lächeln.
„Ich bin die Haushälterin und werde alles tun, um Ihnen den Urlaub auf ‚Jolie Fleur‘ so angenehm wie möglich …“ Sie brach ab. Was für ein albernes Versprechen angesichts ihrer Zwangslage!
„Alles? Sie würden mir wirklich alle Wünsche erfüllen?“ Er zwinkerte ihr zu. „Das Angebot könnte gefährlich für Sie werden, Signorina . Schließlich sitzen Sie fest.“
Michelle wurde über und über rot und murmelte verlegen irgendetwas vor sich hin.
„Wahrscheinlich fühlen Sie sich, wie ich mich auf diesem verdammten Schiff gefühlt habe. Gefangen. An die Leine gelegt.“ Das klang fast mitfühlend.
„Bei der Landung des Hubschraubers ist die Haustür zugeschlagen. Der Schlüssel ist in meiner Tasche, aber ich komme nicht an ihn heran.“ Ihre Stimme klang so leise, dass sie sich selbst kaum verstand.
„Sie sollten vorsichtiger sein“, sagte er. „Die Tür scheint recht schwer zu sein. Seien Sie froh, dass nur Stoff eingeklemmt wurde und nicht ihre Finger.“
Ihr Herzschlag setzte kurz aus, während sie in seine schwarzbraunen Augen schaute. Und mit einem Mal spielte das Schlechte, das sie über ihn gehört hatte, keine Rolle mehr. Dieser Mann hatte viel durchgemacht. Das sah sie ihm an. Er war vielleicht Mitte dreißig, und schon hatten sich Falten zwischen seine Brauen gegraben, die sich nur glätteten, wenn er lächelte.
„Meine Schlüssel …“ Sie räusperte sich. „Vielleicht könnten Sie mir meine Schlüssel …“
„Nichts leichter als das“, sagte er und stellte sein Gepäck ab.
Obwohl sie im Schatten des überstehenden Daches stand, schien die Temperatur mit jedem Schritt, den er näher kam, unerträglich anzusteigen, und gleichzeitig wurde er auch immer attraktiver. Seine Augen hielten ihren Blick gefangen. Sein Gesicht drückte Konzentration und Entschlossenheit aus.
„Wenn Sie sich bitte umdrehen würden …“
„Wie denn? Ich kann mich nicht bewegen.“
„Ich zeige Ihnen, wie es geht.“
Er kam ihr so nahe, dass sie sich fast berührten. Ängstlich sah sie ihn an. Als er ihr die Hände auf die Schultern legte, schrak sie zusammen.
„Michelle, ich bin doch kein Monster.“
„Entschuldigung“, murmelte sie.
„Keine Sorge, mein Bedarf an Jungfrauen ist für den heutigen Tag gedeckt.“ Und schon drehte er sie, anders als sie es versucht hatte, nicht nach links, sondern nach rechts. Nun stand sie mit dem Gesicht zur Tür, konnte ihn nicht mehr sehen, aber umso intensiver mit jeder Faser ihres Körpers spüren.
„Jetzt haben Sie mehr Bewegungsfreiheit, nicht wahr? Geht es so?“
Michelle versuchte, an ihre Schlüssel zu gelangen, doch sie schaffte es nicht.
Er zog sich ein Stück zurück. „Darf ich Ihnen helfen?“
Michelle nickte.
Er berührte sie. Das ließ sich natürlich nicht vermeiden. Doch obwohl er es mit der gebotenen Zurückhaltung und Neutralität tat, fühlte Michelle sich gestreichelt. Ihre Lungen füllten sich mit seinem Duft. Das Ausatmen gelang ihr kaum noch.
„Nein, bitte … Tun Sie das nicht“, sagte sie mit dünner Stimme.
Alessandro Castiglione hielt sofort inne, nahm seine Hand jedoch nicht fort. Durch den Stoff ihres Kleids hindurch brannte sie wie Feuer auf ihrer Haut.
„Was denn?“, fragte er.
Auch der warme Klang seiner tiefen Stimme kam ihr wie eine Liebkosung vor. Sie presste die Wange gegen die Tür und bemühte sich um Gelassenheit. „Ach, nichts.“
Wieder tasteten sich seine Finger vor. Als er fand, wonach er gesucht hatte, wurden ihr die Beine schwach. Seine Hand schlüpfte in ihre Rocktasche und schloss sich um den Schlüssel.
„Tut mir leid, ich fürchte, ich muss noch näher kommen, damit ich das Schlüsselloch erreiche.“
Michelle
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