Sueße Versuchung
»Genauso hatte ich Sie mir vorgestellt. Der richtige Spießgeselle für Sophie.«
»Was fällt …!«
»Schweig, Patrick. Das ist eine Sache unter Männern.«
Patrick fuhr herum, sank auf dem heilenden Bein zusammen, stöhnte unterdrückt auf und schoss Phaelas einen wütenden Blick zu. »Ich bin ein Mann! Und ich bin Sophies bester Freund! Und«, schnauzte er Edward an, »ich bin derjenige, der Sie fordern wird!«
»Fordern?« Edwards Mundwinkel zuckten.
»Und ich war ihr zukünftiger Ehemann«, kam es in gesetztem Tonfall von Phaelas. Er trat vor und maß Edward mit einem Ausdruck größten Selbstbewusstseins. »Sie werden mir einiges zu erklären haben, Lord Edward.«
»Dann sind Sie wohl der ältere McGregor«, meinte Edward im Plauderton.
»Derjenige, vor dem Sophie Reißaus genommen hat.«
»Da hast du's!« Sophies Lachen war boshaft und gesättigt von Genugtuung.
Eine leichte Röte trat in das derbe, aber sympathisch geschnittene Gesicht. »Sophie, dein loses Mundwerk hat hier offenbar nicht gelitten. Es ist aber nicht angebracht, die Unterhaltung zwischen mir und deinem Verführer zu unterbrechen.«
Er sah Edward an, aber der hatte sich schon dem dritten Besucher zugewandt. Es war ein Mann in typisch schottischer Alltagskleidung; breitschultrig, grauhaarig, mit grimmigem Gesichtsausdruck. Er war gut zwanzig Jahre älter als Edward.
Edward musste ein Grinsen unterdrücken. Die Situation machte ihm Spaß. Da waren tatsächlich drei der McGregors angereist, um Sophies englischen Ehemann zu begutachten. Edward vergönnte dem ältesten eine noch intensivere Musterung als den beiden anderen.
»Dann sind Sie vermutlich …?«
»Ich bin der alte McIntosh«, klärte ihn der Schotte in gutem Englisch, aber mit starkem Akzent auf, während er auf Edward zutrat und ihn von oben bis unten maß.
Ganz langsam, mit kalter Ruhe und sogar so etwas wie Neugier. »Der gute, alte McIntosh. Und ich gebe Ihnen genau eine Minute Zeit, mir zu erklären, wie Sie dazu kommen, einfach meine Tochter zu heiraten, ohne zuvor bei mir um ihre Hand anzuhalten, bevor ich Ihnen meinen Hirschfänger hineinramme und Sie danach ausweide wie ein Wildschwein.«
»Aber Vater!«
»Still, Sophie! Du hast schon Verwirrung genug angerichtet!« Robert McIntosh sah seine Tochter missbilligend an. »Wir haben dich hierher geschickt, damit du wenigstens ein wenig Erziehung bekommst! Und was machst du? Machst deine Drohung war! Du bist eigensinnig!«
»Drohung?« Edwards inquisitorischer Blick traf Sophie.
Sie zuckte mit den Schultern. »Ich habe nur gesagt, dass ihnen recht geschehen würde, wenn ich hier bleibe und heirate. Mehr nicht. Aber das hatte ich nicht so gemeint!«
Edward begegnete dem durchbohrenden Blick seines Schwiegervaters mit Standhaftigkeit. Sophie hatte ihm, seit sie den Schmugglern entkommen waren, von ihrer Familie, ihrer Heimat und ihren Freunden erzählt. Und jener Name, der am häufigsten gefallen war, war jener von Robert McIntosh gewesen. Und es hätte dessen Drohung nicht bedurft, um Edward klarzumachen, dass er einen Vater vor sich hatte, der seine Tochter von klein an verzogen, verwöhnt und geliebt hatte.
»Ich hätte auch gewiss bei Ihnen um Sophies Hand angehalten, wenn dies möglich gewesen wäre, Sir«, sagte Edward höflich. Vor ihm stand ein Mann, der bestimmt keine leeren Drohungen aussprach. Edward vermutete zwar nicht, dass Sophies Vater ihn schlachten und hier auf seinem Teppich in der Bibliothek ausweiden würde, aber er machte durchaus den Eindruck eines Schotten, der sich eines unerwünschten Schwiegersohns auf wenig friedvollem Wege entledigte. »Es waren nur die Umstände etwas schwierig und die Zeit zu kurz. Aber tatsächlich hatten Sophie und ich geplant, in den nächsten Wochen nach Schottland zu reisen.«
»Das«, erwiderte Vater McIntosh in einem ruhigen Ton, »war keine Erklärung. Und außerdem ist Ihre Minute um. Vielleicht«, fuhr er fort, »sollte ich Ihnen sagen, dass Sophie noch unter meiner Vormundschaft steht, bis sie fünfundzwanzig ist. Die Ehe ist ohne mein Einverständnis also ungültig.«
»Das geht nicht, Vater«, rief Sophie entsetzt. »Edward hat mich geheiratet, um meinen Ruf zu retten. Wenn die Ehe jetzt ungültig ist, dann ist der gute Ruf futsch!«
»Ich habe ja gesagt, er hat sie verführt. Dieser verkommene Kerl!« Phaelas war wütend einige Schritte näher gekommen, und Patrick humpelte ebenfalls drohend heran.
Als McIntosh sprach, klang seine Stimme gepresst
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