Sueße Versuchung
vor unterdrücktem Zorn. »So. Sie haben sich also an meinem kleinen Mädchen vergriffen.«
»Sophie, du hast eine einzigartige Art, Dinge mit wenigen Worten zu verkomplizieren«, sagte Edward gequält.
Sophie hörte ihm nicht zu, sie hatte sich schützend mit ausgebreiteten Armen vor ihn gestellt. »Aber nein, Vater! Er hat mich mitten aus einer Orgie geholt und gerettet!
Halb Eastbourne wollte sich auf mich stürzen, um mich irgendwo hinzuzerren! Und ich hatte diesen Sack über den Kopf und konnte ja nichts sehen! Und dann war plötzlich Edward da und hat gesagt, dass wir verlobt wären! Und dann«, sie wandte sich mit einem strahlenden Lächeln an ihren Mann, »hat er mich heimgebracht und fünf Tage später hat er mich geheiratet.« Sie zuckte mit den Schultern. »Es ging nicht anders, weißt du, Vater. Es war nur vernünftig.«
»Orgie?« Phaelas McGregors Stimme war durchdrungen von Missbilligung.
Patricks Kommentar war ganz anderer Art. »Verflixt, da habe ich einiges versäumt!«
»Das hast du wirklich«, stimmte Sophie eifrig zu. »Oh, ich hatte dich so sehr herbeigewünscht! Was hätten wir doch für Spaß gehabt! Zum Beispiel in Marian Manor, das voller Schmuggler war! Sie hatten dort ein Lager! Ich selbst habe in der Nacht gesehen, wie sie alles auf eine Karre luden. Und sie haben dort Feste abgehalten, bei denen die Hälfte der Leute nackt war! Und dann die Schmugglerhöhlen, in die sie mich geschleppt haben! Dort soll es sogar Gespenster geben! Und die Verfolgung! Und …«
»Sophie, ich glaube, du verwirrst unsere Gäste nur noch mehr«, ließ sich Edward mit wachsender Verzweiflung vernehmen. »Vielleicht sollten wir auch endlich Platz nehmen, und ich erzähle alles von Beginn an?«
Der Butler trat wie auf das Stichwort herein. Er trug ein Tablett mit Tee, und hinter ihm kam Mrs. Drarey mit Broten, Waffeln und ihren berühmten kleinen Törtchen, die auf der Zunge zergingen. Sowohl Patrick als auch Sophie sahen verlangend darauf.
Der Butler rollte auf einen Wink von Edward, der erkannte, dass Tee nicht gerade das Lieblingsgetränk der McGregors und McIntoshs war, das kleine Tischchen heran, auf dem sich angemessenere Erfrischungen befanden.
Edward schickte Mason und Mrs. Drarey hinaus und bediente seine Gäste selbst mit Getränken. Dann nahm er ihnen gegenüber Platz und begann seine Erzählung damit, wie er Sophie auf dem Ball von Mrs. Summers kennengelernt hatte – das erste Treffen bei Marion Manor ließ er klugerweise aus. Dann sprach er von Henry und dessen Schuldscheinen, von dem Fest bei Jonathan Hendricks. Wie Sophie sich tapfer hineingewagt, und wie er Sophie dort gesehen und herausgeholt hatte. McIntosh und die anderen hörten schweigend zu, unterbrachen nur mit wenigen Fragen und erst, als Edward mit der Niederlage der Schmuggler und Sophies Rettung endete, sprach Vater McIntosh wieder.
Er hatte schon das zweite Glas Whiskey in der Hand, leerte es und atmete tief ein.
»So«, sagte er. »Und ich hatte gedacht, Sophie wäre hier besser aufgehoben und könnte nicht in Schwierigkeiten kommen. Meine Frau und ich glaubten, bei den Engländern würde sie ruhiger werden und lernen, sich wie eine Dame zu benehmen.«
»Na, das habe ich doch auch!«, widersprach Sophie.
Edward grinste, und ihr Vater warf ihr einen zweifelnden Blick zu. »Jetzt blicke ich langsam durch«, fuhr er fort. »Sophies Vetter Henry wurde also von den Schmugglern erpresst, und Sophie wollte ihm helfen.«
Edward nickte. »Allein das war der Grund, weshalb Sophie sich dort bei dieser zweifelhaften Veranstaltung aufgehalten hatte.«
»Und um ihren Ruf zu retten, hat sie dann Sie geheiratet.« McIntosh schüttelte den Kopf. »Weshalb bist du nicht einfach heimgekommen, Sophie? Das hätte doch alles gelöst. Und sag mir jetzt nicht«, setzte er abwehrend hinzu, »du wolltest Lady Elisabeths Ruf nicht schaden. So wie sich mir diese alte … ähem Dame gezeigt hat, als ich sie bei meiner Ankunft aufsuchte, kann dir das gleichgültig gewesen sein.« Lady Elisabeth hatte eine sehr unkluge Bemerkung darüber fallen lassen, dass Sophie eben ganz nach ihrer Mutter käme. Sie hatte allerdings vergessen, mit wem sie sprach, und nur Phaelas gesetzte Gegenwart hatte sie vor Robert McIntoshs Zorn gerettet. Die treffenden Worte, die er jedoch für sie gefunden hatte, würde sie lange nicht vergessen.
»Daran hatte ich auch gedacht«, gab Sophie zu. »Aber ich war davon überzeugt, dass du mich dann zwingen würdest, Phaelas
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