Sueße Versuchung
Fantasien über Sophie wieder eingeschlafen sein, denn inzwischen war das Zimmer hell erleuchtet, Sonnenstrahlen berührten die Schutzhüllen, das Bett, spielten an den Wänden und blendeten ihn.
»Verzeihung, Mylord.« Sein Butler schritt gemessen herüber und hob den Tisch auf.
»Ein Besucher ist gekommen. Ich habe dem Gentleman gesagt, dass es zu früh ist, aber er ließ sich nicht abweisen.« Er reichte Edward ein silbernes Tablett mit einer Karte darauf.
Edward las die Karte, während er zurück in sein Zimmer ging. Er warf einen Blick auf die Standuhr in der Ecke - es war gerade dreißig Minuten nach acht Uhr. Eine äußerst ungewöhnliche Zeit für einen Besuch. »Sagen Sie ihm, ich bin in wenigen Minuten bei ihm.«
Und tatsächlich dauerte es kaum mehr als eine Viertelstunde, bis Edward vollständig bekleidet, frisiert und rasiert, im Salon erschien, wohin der Butler den Besucher geführt hatte. Offenbar hatte er es für nötig gehalten, den Mann in eine günstige Stimmung zu versetzen, denn als Edward eintrat, hatte sein Gast ein ausgiebiges Frühstück vor sich stehen und schob sich gerade ein dickes Stück Schinken in den Mund. Er würgte es hinunter und sprang auf.
»Verzeihen Sie die frühe Stunde, Mylord, aber die Sache duldet keinen Aufschub.«
Edward machte keine Anstalten, ihm die Hand zu schütteln. Er hatte die Karte in der Hand und betrachtete sie. »Mr. Samuel Parson«, sagte er mit hochgezogenen Augenbrauen. »Was verschafft mir die Ehre des Besuches eines Londoner Polizeibeamten? Aber bitte setzten Sie sich doch und lassen Sie sich nicht bei Ihrem Mahl stören.« Er ließ sich dem Mann gegenüber nieder.
Parson nahm wieder Platz, warf Edward jedoch einen misstrauischen Blick zu, als würde er ihn der Ironie verdächtigen. Er schob mit einem bedauernden Blick den Teller mit dem Schinken von sich und lehnte sich zurück. »Wenn Sie es erlauben, Mylord, werde ich gleich zur Sache kommen.«
Edward neigte leicht den Kopf. »Ich bitte sogar darum.«
Sein Besucher räusperte sich. »Sie wissen, dass unsere Flotte seit dem Ende des Krieges reduziert wurde. Die Regierung seiner Majestät kann es sich nicht leisten, so viele Schiffe zu erhalten und den Mannschaften den Sold zu bezahlen.«
»Ja, das habe ich schon gehört. Aber ich sehe nicht, was ich damit zu tun hätte.«
»Wir brauchen Ihre Hilfe.«
»Es tut mir leid. Der Krieg ist vorbei, und die pekuniären Probleme der Admiräle oder Kapitäne der Flotte interessieren mich nicht.« Die einfachen Matrosen wurden ohnehin nach Auszahlung ihrer Heuer einfach an Land gesetzt, wo sie dann selbst sehen mussten, wie sie sich durchschlugen. Kein Wunder, dass viele von ihnen illegale Wege einschlugen, um zu Geld zu kommen.
»Es geht aber auch um Ihre Schwester.«
Edwards Augen wurden schmal, und Parson wurde unruhig. »Lady Melinda hat erwiesenermaßen Kontakt zu Jonathan Hendricks«, sagte er.
»Captain Jonathan Hendricks?« Edward schlug lässig ein Bein über das andere und gönnte Parson einen durchdringenden Blick. »Zu dem haben, soviel ich höre, sehr viele Leute Kontakt. Wir kennen uns seit dem Krieg. Ich selbst habe ihn im Haus meines Schwagers und meiner Schwester eingeführt.« Und es in der Zwischenzeit schon hundert Mal bereut, aber das ging diesen Mann nichts an.
Parson nickte eifrig. »Ja, Mylord. Ich weiß, dass Captain Hendricks und Sie einander kennen. Als Ihr Bruder damals getötet wurde, war er derjenige, der …« Er unterbrach sich, als er Edwards kalten Blick fühlte.
»Das ist einige Jahre her, und ich kann keinen Grund sehen, der Sie jetzt deshalb zu mir führen sollte. Aber«, Edward zog in dieser kalten, spöttischen Art die Augenbrauen hoch, »ich nehme an, Sie werden mir gleich die Zusammenhänge erklären.«
»Wir haben den dringenden Verdacht«, fuhr sein Besucher fort, »dass die Schmuggler, die entlang der ganzen Küste von Sussex ihr Unwesen treiben, mit Captain Hendricks in Verbindung stehen.«
»Seit wann ist Schmuggel ein Fall für die Londoner Polizei?«
»Seit es gewisse Personen gibt, die die Tatsache, dass nicht nur Captain Hendricks, sondern auch andere ehemalige Marinemitglieder in einen groß angelegten Schmuggel involviert sind, beunruhigt. Weil außerdem noch andere, angesehene Mitglieder der englischen Gesellschaft darin verwickelt zu sein scheinen, und«, Parson machte eine bedeutsame Pause, bevor er weitersprach, »sogar der Prinzregent Interesse daran gezeigt hat.«
»Hochinteressant«,
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