Süße Worte, heißes Flüstern
hier ins Gras legten und er diese schönen Rundungen noch ein Weilchen länger genießen könnte. Was für ein Unsinn! Er sollte sich zusammennehmen. Er hatte hier nichts zu suchen. Er wollte weg, raus aus dieser Stadt, nichts anderes.
Er warf einen verzweifelten Blick auf sein Motorrad. Im nächsten Moment hörte er hinter sich ein tiefes, gefährliches Knurren. Sein Kopf fuhr herum, und Seth sah sich einem Kalb von einem Schäferhund gegenüber.
“Beau, Platz!”
Hannahs knappes Kommando genügte. Der Hund gehorchte augenblicklich.
Seth atmete auf.
“So ist es brav”, sagte Hannah freundlich. “Du bleibst schön dort.”
Beau wedelte mit dem Schwanz, ließ den Fremden aber nicht aus den Augen.
“Schönes Tier”, bemerkte Seth, der ebenfalls misstrauisch zu ihm hinüberschaute, und fragte sich, was für eine Überraschung ihn hier wohl als Nächstes erwarte. “Ist das Ihr Hund?”
“Nein, er gehört unserer Nachbarin, Mrs Peterson. Aber er hat uns, die Mädchen und mich, gewissermaßen als Familie angenommen. Sie können ganz beruhigt sein. Er tut Ihnen nichts.”
“Ich bin ganz beruhigt. Ich bin die Ruhe selbst. Mit dem Motorrad durch Lattenzäune fahren, kleine Mädchen von Bäumen pflücken, mit Wölfen spielen – alles nichts Besonderes, mach ich fast jeden Tag.”
Hannah sah ihn von der Seite an. “Dann führen Sie ja ein interessantes Leben, Mr …”
“Granger, Seth Granger.”
“Nun, Mr Granger”, fuhr sie fort, “da Sie so versessen darauf sind, in Ihrem Zustand herumzulaufen, können wir ja genauso gut versuchen, ins Haus zu kommen. Der Doktor wird gleich da sein und kann sich dann Ihren Kopf ansehen.”
“Da gibt es überhaupt nichts zu sehen.”
“Mag sein. Schaden kann’s trotzdem nicht.”
“Hören Sie, ich finde es sehr nett von Ihnen, dass Sie so besorgt um mich sind. Und ich freue mich ehrlich, dass dem Mädchen nichts passiert ist. Aber glauben Sie mir, das Einzige, was ich jetzt brauche, ist eine Werkstatt für die Maschine, und dann möchte ich weiter. Ich habe noch was vor.”
Seth wollte einen Schritt in die Richtung der Harley machen, aber sein linkes Bein knickte glatt unter ihm weg. Hannah machte einen Satz auf ihn zu, kam dieses Mal jedoch einen Moment zu spät, und ehe Seth wusste, was los war, lag er wieder auf dem Rasen, dieses Mal allerdings mit ihr zusammen, nachdem er sie durch seinen Fall mit sich heruntergezogen hatte.
So fanden sie sich beide auf dem Boden wieder, Seth auf dem Rücken liegend und Hannah auf ihm, was binnen kurzer Zeit bereits der zweite nahe Körperkontakt zwischen ihnen war. Seth konnte gar nicht anders, als feststellen, dass diese Frau sich verdammt gut anfühlte. Durch sein T-Shirt hindurch spürte er die Wärme ihres Körpers, und für Momente waren die heftigen Schmerzen, die mittlerweile auch in seinem Kopf begonnen hatten, wie weggeblasen.
Da hörte er dicht an seinem Ohr erneut das bedrohliche Knurren.
“Okay”, erklärte Seth. “Ich gebe mich geschlagen. Warten wir also auf den Doktor.”
2. KAPITEL
“Sie können von Glück reden.” Dr. Lansky schob seine Brille hoch und warf noch einen prüfenden Blick auf den angeschwollenen Knöchel. Der Arzt trug ein blau kariertes Hemd und eine Khakihose. Er war auf dem Weg zum Angeln gewesen, als man ihn geholt hatte. “Gebrochen scheint nichts zu sein. Aber Sie haben eine schlimme Verstauchung.”
Seitdem Seth mit Hannahs Hilfe ins Haus gehumpelt war, sich auf dem Sofa niedergelassen und sein verletztes Bein hochgelegt hatte, war einiges um ihn herum los gewesen. Das Telefon hatte fast ununterbrochen geklingelt, an der Tür waren einzelne und in Gruppen neugierige Nachbarn erschienen. Vor dem Haus hatte eine kleine Menge Schaulustiger zugesehen, wie das Motorrad abgeschleppt wurde. Sein Kopf fühlte sich an wie eine riesige Trommel, auf die jemand unablässig schlug, und sein Bein schmerzte mit jeder Minute mehr, während sein Fußgelenk jetzt fast doppelt so dick war wie sonst.
Seth musste erkennen, dass er seiner misslichen Lage hoffnungslos ausgeliefert war. Er biss die Zähne zusammen und unterdrückte all die Flüche, die ihm dazu einfielen. Wenigstens musste die Platzwunde nicht genäht werden, und der Kratzer an der Schulter war ebenfalls harmlos. Aus den Augenwinkeln sah er zu Hannah hinüber, die mit besorgter Miene neben dem Sofa stehen geblieben war, während er verarztet worden war.
Links und rechts drückten sich die blonden Wuschelköpfe der beiden
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