Suesser Als Blut
du denn so scharf darauf, dein Blut zu Markte zu tragen?«
»Was glaubst du?«
»Ich weiß nicht. Bist du wirklich so tapfer, oder tust du nur so?« Er warf einen wachsamen Blick zur Tür der Polizeistation. »Aber nicht einmal deine Sidhe -Magie kann dich vor einigen von uns schützen.«
»Bist du endlich fertig? Denn bis jetzt hast du nichts gesagt, was ich noch nicht weiß.«
Er seufzte, und ich wurde unwillkürlich von Reue gepackt. »Geh heim, Genevieve. Geh heim, solange du noch kannst.«
»Was, gehen? Einfach so?« Ich hörte auf, den Riemen meiner Schultertasche zu erwürgen, und ballte die Hände zu Fäusten, um seinem Impuls, mich zum Gehen zu bewegen, zu wiederstehen. »Du hast noch nicht mal versucht, mich durch Drohungen einzuschüchtern.«
Etwas Finsteres, Trauriges erschien in seinen Augen, dann war es wieder verschwunden. Undurchdringliche schwarze Mandelaugen musterten mich.
»Drohungen …«, murmelte er, »Zwang … Gewalt.« Die Worte hingen wie Messerklingen in der Luft. »Ist es das, was du willst?«
Ich erstarrte zur Salzsäule, mein Puls schnellte hoch, ich konnte weder sprechen noch mich rühren, konnte nur in seine Augen starren. Etwas in mir schrie, mich von seinem Mesmer zu lösen, aber ein anderer, weit stärkerer Teil von mir wollte, nein, sehnte sich geradezu danach, das anzunehmen, was er mir anbot. Was immer dies sein mochte.
Kühle Finger umschlangen mein Handgelenk, hoben meine noch immer zur Faust geballte Hand. Sie öffnete sich ohne mein Zutun wie eine Blüte in der Morgensonne. Blut sickerte aus den halbmondförmigen Nägelabdrücken in meiner Handfläche, dick und hellrot.
»Du gestattest?« Der Blick seiner Augen war ebenso samtig und verführerisch wie der Klang seiner Stimme.
Ich senkte seufzend das Haupt, die Lippen halb geöffnet.
Ein zorniger Ausdruck zuckte über sein Gesicht, und seine Finger umschlossen mein Handgelenk so fest, dass die Knochen aneinanderschabten. »Sag’s!«
»Ja«, hauchte ich.
Seine Pupillen glühten rot, und ich empfand eine jäh aufflammende Todesangst. Dann senkte er den Kopf. Ich betrachtete die kantige Linie seines Kiefers, seine langen, schwarzen Wimpern, sein seidig-glattes Haar, dort, wo es sich hinter seiner Ohrmuschel kräuselte. In seinem Ohrläppchen schimmerte dunkel ein einzelner schwarzer Stein auf seiner bleichen Haut. Mit den Lippen liebkoste er meine Handfläche. Ein Schauder überlief seinen Körper, und ich spürte ein Echo davon auch in dem meinen. Er leckte mit seiner Zunge über meine Handfläche, und meine Augen schlossen sich wie von selbst. Scharfe Fangzähne kratzten über mein Handgelenk, und kühle Luft strich über meine feuchte Haut.
Blätter raschelten in der Stille. Aus den Stallgebäuden drang das schrille Wiehern eines Pferdes und riss mich aus meiner Träumerei.
Ich schlug die Augen auf. Der Hof lag verlassen da.
Der Vampir war verschwunden.
Ich starrte auf meine Handfläche. Die Wunden von den Fingernägeln waren verschwunden, als hätte es sie nie gegeben. Nur das Armband aus Blutergüssen, das mein Handgelenk umschloss, verriet, dass er wirklich da gewesen war.
»Genevieve«, drang es flüsternd aus der Dunkelheit.
Entsetzen packte mich, und ich fuhr herum, blickte hektisch umher.
Nichts.
Kacke.
Zitternd schlang ich die Arme um meinen Oberkörper. Ein
Duft nach exotischen Gewürzen und Lakritz hing in der Luft. Ich versuchte, den scharfen, nagenden Hunger in meinem Innern zu ignorieren. Wieso war er verschwunden? Und wieso war er wütend geworden, als ich ihm mein Blut anbot? Das ergab keinen Sinn.
»Ms Taylor?«
Nervös zuckte ich herum.
Alan stand im Eingang zum Polizeirevier und hielt mir die Tür auf. Er sagte etwas, aber ich konnte ihn nicht verstehen, weil mein Puls förmlich in meinen Ohren dröhnte.
Verdammter Vampir . Wenn der glaubte, er hätte mir genug Angst gemacht, um mich zu verscheuchen …
Ich holte tief Luft, rieb mir die Gänsehaut von den Armen und schritt entschlossen die Eingangsstufen zum Polizeirevier hinauf.
5. K apitel
W ir haben ein kleines Problem«, verkündete Alan besorgt. »Ich fürchte, Sie werden sich Melissa heute Abend doch nicht ansehen können.«
»Wieso nicht?« Ich runzelte die Stirn. Ob Alan noch immer im Bann des Vampirs stand? Ich ergriff seine Hand und schickte einen magischen Suchstrahl in sein Gehirn.
Alan zuckte zusammen. »Was machen Sie da?«
»Bloß nachsehen«, murmelte ich.
Seine Hand war warm, die Haut ein wenig rau und
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