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Suesser Als Blut

Suesser Als Blut

Titel: Suesser Als Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne McLeod
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Vampirattacken wie Melissa wurden seit Inkrafttreten der obligatorischen Wartefrist von vierzehn Tagen in einem gesonderten Raum unten in den Kellergewölben der Leichenhalle aufbewahrt, um zu verhindern, dass sie plötzlich einen auf Lazarus machten und etwa das Patschhändchen aus dem Grabhügel reckten. Old Scotland Yard beherbergte darüber hinaus das einzige Vampirgefängnis von London.
    Nach einigen leidvollen Erfahrungen in den Achtzigerjahren – die Epoche, in der Vampire ihre »Menschenrechte« einzufordern begannen – war man davon abgewichen, die Blutsauger in gewöhnliche Gefängnisse zu menschlichen Häftlingen zu sperren. Es hatte damals einen Aufstand gegeben, bei dem ein Vampir, ein Aufseher und drei weitere Insassen auf einem spontan errichteten Scheiterhaufen verbrannt worden waren.
    Als sich danach herausgestellt hatte, dass der betreffende Vampir obendrein unschuldig gewesen war – Märtyrer oder irrer Kamikaze, je nachdem, wie man es betrachten wollte -, war es zu einschneidenden Gesetzesänderungen gekommen.
    Ich bog ab, ließ Whitehall und den Straßenverkehrslärm hinter mir. Ein schrilles Wiehern zerriss die Stille und ließ mich zusammenzucken – Old Scotland Yard beherbergt nicht nur straffällige Vampire, sondern überdies die berittene Polizei der Stadt. Meine Schritte verlangsamten sich, Unbehagen keimte
in mir auf. Die Bäume raschelten. Hatte Finn Recht, redeten sie tatsächlich über mich? Aber warum sollten sie? Die Blätter des nächsten Baums flatterten, und die Luft schien sich zu regen. Ich bekam eine Gänsehaut, trotz der noch immer auf der Stadt lastenden Hitze, die nicht einmal die hereinbrechende Nacht hatte vertreiben können. Ich blickte forschend in die Baumkrone hinauf, konnte aber nichts entdecken.
    Vorsichtig stieß ich den angehaltenen Atem aus. Verdammt. Ich trieb mich normalerweise nicht mehr nach Dunkelwerden auf der Straße herum. Man konnte nie wissen, wer einem über den Weg lief.
    Ich legte mir den Riemen meiner Tasche quer über die Schulter, um die Arme frei zu haben. Zögernd schritt ich unter dem Torbogen hindurch, der auf den Vorhof des Polizeireviers führte. Alan Hinkley wartete bereits vor der Eingangstür auf mich. Die Straßenlampen warfen ihren kegelförmigen Schein aufs Pflaster, doch dazwischen lauerten Schattenfelder. Beim Näherkommen sah ich, dass eines dieser Felder dichter, schwärzer war als die anderen. Mein Herz setzte einen Schlag lang aus. Ich blieb stehen, starrte in die Dunkelheit.
    Der Vampir trat in den Lichtkreis und starrte zurück.
    Sein Erscheinen war beinahe eine Erleichterung.
    Ich verharrte regungslos wie versteinert, in Gedanken vor mich hinzählend, um meinen Puls zu verlangsamen. Es war schwerer, als ich gedacht hatte. Gott, ich war so was von aus der Übung. Mein Instinkt riet mir zu fliehen, aber das ist das Dümmste, was man machen kann, wenn man es mit einem Vampir zu tun hat, das erregt sie nur, all das verlockende Blut, das schneller und schneller durch deine Adern rauscht. Nein, das Beste ist, stehen zu bleiben und darauf zu hoffen, dass er nicht angreift und dich irgendwann wieder in Ruhe lässt.
    Natürlich hat eine solche Taktik auch ihre Nachteile.
    »Genevieve Taylor.« Er hob den Kopf und atmete meinen Geruch ein.

    Er klang nicht wie ein Engländer, irgendwie anders, exotisch. Schwarzes Haar fiel ihm bis zu den Schultern, ringelte sich über seinen Hemdkragen. Schwarze, mandelförmigen Augen blickten mich funkelnd an: Er musste aus dem Nahen Osten stammen, sah irgendwie arabisch aus. Noch nie hatte ich ein so hübsches Gesicht gesehen, weder bei einem Menschen, noch bei einem Untoten. Unwillkürlich fragte ich mich, wieso es nicht auf sämtlichen Billboards des Landes prangte. Und wieso ich ihn noch nie gesehen hatte.
    Ich schüttelte den Kopf. Er versuchte, mich zu hypnotisieren, zu mesmerisieren . Ja, ich spürte sein Mesmer , mit dem er mich seinem Willen zu unterwerfen versuchte. Ich schaute an ihm vorbei zu Alan hinüber. Sein leerer Gesichtsausdruck verriet, dass er bereits unter dem Bann des Vampirs stand. Von dieser Seite war also keine Hilfe zu erwarten. Nicht dass ich darauf gehofft hätte. Nein, Hinkley wäre eher hinderlich, wenn es zum Kampf käme.
    »Sollte Mr. Hinkley nicht besser drinnen warten?«, schlug ich mit ruhiger Stimme vor.
    Alan wandte sich ab und verschwand wortlos im Polizeigebäude. Der Vampir hatte nicht einmal mit der Wimper gezuckt. Beeindruckend. Mein Puls drohte

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