Suesser Als Blut
Zusammenhänge klar. Überrascht mich, dass Stella nicht gleich mitgekommen ist.«
»Ich habe sie gebeten, davon abzusehen. Ich möchte Sie nicht unnötig unter Druck setzen.«
Ach nee. »Und was wollen Sie nun von mir, Alan?«
Er deutete auf eine der Zeitungen, auf der ein Bild von dem lächelnden Mordopfer prangte. »Ich möchte, dass Sie mitkommen und einen Blick auf Melissa werfen.«
Ich runzelte überrascht die Stirn. »Wozu soll das gut sein?« Melissa war doch tot, oder?
»Roberto und Melissa …« Er schüttelte den Kopf und sagte wie zu sich selbst: »Nein, so will ich ihn nicht nennen. Mein Sohn heißt Bobby. Roberto ist nicht einmal sein Taufname. Er hat ihn nach Verabreichung der Gabe angenommen.« Seine blutunterlaufenen Augen glänzten feucht, und er musste ein paarmal blinzeln. »Bobby und Melissa wollten heiraten.«
Dann waren Katies romantische Vorstellungen ja vielleicht doch nicht so weit hergeholt.
»Das ist einer der Gründe, warum ich Sie engagieren will«, fuhr er rasch fort. »Bobby hat Melissa nicht getötet, das hätte er gar nicht gekonnt, er liebte sie viel zu sehr, sie … Sie war ein großartiges Mädchen.« Er trommelte auf den Pfefferstreuer. »Ein anderer hat sie umgebracht. Wir glauben, dass es ein anderer Vampir war. Aber das können wir nicht beweisen.«
»Wer ist, wir?«
»Bobby und ich.« Er verzog das Gesicht. »Alle anderen halten sich an diese lächerliche Geschichte von der verhängnisvollen Liebe.«
»Aber was ist mit Bobbys Blutsippe? Was halten die davon?«
Er stieß gegen die Essigflasche und hätte sie beinahe umgeworfen. Essig schwappte aufs Tischtuch, und ein beißender Geruch stieg auf. »Was das betrifft, haben Sie Recht, Ms Taylor. Das Einzige, was die Vampire interessiert, ist, wie sich die Sache auf ihren Ruf auswirken könnte. Bobby ist ihnen völlig egal.«
Ich verengte die Augen. »Hat Bobby denn keinen Anwalt, der sich für ihn einsetzt?«
Alan presste abermals die Lippen zusammen. »Ich hatte kein Vertrauen in seinen ersten Anwalt. Er ist ebenfalls Vampir, und ich bezweifle, dass er wirklich Bobbys Wohl im Sinn hat. Und derjenige, den ich jetzt verpflichtet habe, hatte noch nie etwas
mit Vampiren zu tun. Ms Taylor, wir brauchen alle Hilfe, die wir kriegen können.«
Das glaubte ich ihm gerne, aber das bedeutete noch lange nicht, dass ich was mit der Sache zu tun haben wollte. Nichts, was er bis jetzt gesagt hatte, hätte mich umstimmen können. »Das mag ja so sein, Alan. Aber was erwarten Sie von mir? Wie sollte ich Ihnen in dieser Sache helfen können?«
Alan senkte den Blick. »Meine Frau ist vor sechs Jahren an einer seltenen Blutkrankheit gestorben.«
»Das tut mir leid«, sagte ich reichlich unbeholfen.
»Bobby war damals noch ein Teenager. Es hat ihn hart getroffen.« Er blickte auf. »Bobby wollte Arzt werden, Medizin studieren. Er dachte, wenn er nur genügend Zeit hätte, würde er ein Heilmittel gegen diese Krankheit finden. Deshalb hat er vor drei Jahren die Gabe angenommen und ist Vampir geworden.« Er packte den Pfefferstreuer. »Mag sein, dass ich nicht mit seiner Wahl einverstanden bin, Ms Taylor, aber er ist dennoch mein Sohn. Das Einzige, was mir noch geblieben ist.«
Ich blickte ihn einen Moment lang an und sagte dann sanft: »Mr. Hinkley – Alan -, das tut mir sehr leid, aber ich kann Ihnen trotzdem nicht helfen. Selbst wenn Melissa von einem anderen Vampir getötet worden ist … Ich suche und finde Magie und knacke oder neutralisiere sie. Mehr nicht.« Ich wollte ihn nicht kränken, deshalb sagte ich nicht, dass nichts Magisches daran ist, wenn man von einem Vampir ausgesaugt wird, bis man nicht mehr lebensfähig ist.
Er kippte den Pfefferstreuer um und rollte ihn hin und her. »Aber darum geht es ja gerade: Wir möchten, dass Sie sich Melissa einmal ansehen und prüfen, ob Magie im Spiel war. Die gerichtsmedizinische Untersuchung verweist auf einen einzigen Partner, Bobby, aber wir glauben, dass der andere Vampir seine Spuren verwischt hat. Möglicherweise mit einem Zauber.«
Hirngespinste. Aber in seiner Lage würde ich mich wahrscheinlich auch an jeden Strohhalm klammern.
Er stellte den Pfefferstreuer wieder neben das Salz. »Außerdem, arbeiten Sie nicht auch ehrenamtlich an diesem Vampirkrankenhaus, wie heißt es noch? Human, Other and Preternatural Ethics Society ?«
»Sagen Sie bitte nicht Vampirkrankenhaus – es ist eine Klinik, in der die Opfer von Vampirattacken behandelt werden. Und im Übrigen nicht
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