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Suesser Als Blut

Suesser Als Blut

Titel: Suesser Als Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne McLeod
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hektisch in seinen Taschen. Schließlich hielt er dem Kobold etwas hin. Ein Streifen Kaugummi, in Alufolie gewickelt.
    Dünne Finger zupften es ihm aus der Hand und ließen es in der goldenen Umhängetasche verschwinden. »Danke, Mister.« Der Kobold stapfte zu einer Sitzbank, hüpfte hinauf und rollte sich dort zusammen, die Arme fest um seine Tasche geschlungen.
    Gazza fiel in sich zusammen wie ein Pupskissen, aus dem die Luft entweicht.
    Ich steckte mein Kinn in den Mantelkragen, um mein Grinsen zu verbergen.
    Zwei Haltestellen später ging die Tür zischend in Sucker Town Nord auf, und Gazza war mit einem Satz draußen. Mit flatternden Mantelschößen stob er davon, als ob der Fürst der Nacht mit seinen Horden hinter ihm her wäre.
    Ich folgte ihm etwas gemächlicher, schlurfte zur Rolltreppe und fuhr nach oben. Gott, mir hämmerte der Schädel. Ich schloss kurz die Augen. Dann steckte ich die Hand in meine Manteltasche und befühlte Jeremiahs Union-Jack-Abzeichen, das ich draußen vor dem Revier gefunden hatte. Ich hatte jetzt
drei davon, die anderen zwei hatte ich mir in der Wohnung eingesteckt.
    Meine Glücksbringer.
    Oben angekommen, schob ich ein paar Münzen ins Drehkreuz und konnte passieren. Mein nächster Weg führte mich aufs Damenklo. Dort schlug mir ein ätzender Gestank nach Bleiche, Ammoniak und eklig-süßem Haschisch entgegen. Mir drehte sich der Magen um. Ich schlurfte an den Kabinen vorbei, gab jeder Tür einen Stoß, um einen Blick hineinzuwerfen.
    Zwei Mädchen, eine mit dunkelblonden Haaren, die andere wasserstoffblond gefärbt saßen auf der Theke und hatten ihre nackten Füße in ein Waschbecken gesteckt. Kichernd drückten sie abwechselnd auf den Wasserhahn und spritzten Wasser über ihre Zehen. Die Wasserstoffblonde warf mir einen verstohlenen Blick zu und kümmerte sich nicht weiter um mich, sog seelenruhig an ihrem Joint.
    Die andere dagegen zeigte mir den Stinkefinger und zischte: »Verpiss dich, du Ziege.«
    Ich achtete nicht weiter auf die beiden und zog mich in eine der hinteren Kabinen zurück, in der es einigermaßen sauber war. Nicht gerade der ideale Ort, um sich umzuziehen, aber der einzige, den die Gegend zu bieten hatte. An der Innenseite der Tür hing ein HOPE-Poster, auf dem vor den Gefahren von 3V und Sucker Town gewarnt wurde.
    Ich hängte meine Jacke darüber.
    Mein Herz begann zu stottern, und ich stützte mich auf den Knien ab und atmete ein paarmal flach ein und aus, bis es sich wieder beruhigt hatte. Ich wischte mir den Schweiß von Gesicht und Nacken, zog meine Stiefel aus und auch den Rest meiner Kleidung, bis auf die Unterwäsche: schwarzes Lycra-Bustier und schwarze Hipstershorts. Zusammen mit Jacke und Stiefeln ein perfektes Outfit für Sucker Town, da war mir Gazza, das Goth-Imitat, keinen Faden voraus.
    Ich schob den Gummizug meiner Shorts ein wenig herunter
und musterte die Tätowierung über meinem linken Hüftknochen, deren verschlungenes keltisches Muster sich deutlich von meiner honigfarbenen Haut abhob. Ich befeuchtete meine Lippen und zeichnete vorsichtig die merklich hervortretenden Linien nach. Etwas Machtvolles durchrieselte mich, und ich bekam eine Gänsehaut.
    Eine Tür knallte und ließ mich erschrocken zusammenfahren.
    »Jetzt gib schon her, du blöde Kuh«, kreischte eins der Mädchen.
    »Ja, gleich«, antwortete die andere, »bloß noch einen Zug.«
    Ich zog mein Messer und ließ es aufschnappen. Die Silberklinge funkelte im grellen Licht der Neonröhren. Ich stützte mich erschöpft auf dem Oberschenkel ab. War der Zauber, der im Tattoo steckte, der Grund dafür, warum ich Finn zum Anbeißen fand? Und warum sein Blut nach Brombeeren duftete? Das hatte ich bis jetzt noch bei keinem Fae erlebt. Und wieso jetzt? Hatte sich irgendwas geändert? Zaudernd überlegte ich hin und her. Doch plötzlich wallte etwas Wildes, Rücksichtsloses in mir auf und verdrängte meine Zweifel. Für einen Rückzieher war’s jetzt zu spät. Ich fuhr mir entschlossen mit der scharfen Klinge über die Handfläche, zerteilte meine Lebenslinie.
    Nichts.
    Kein Blut. Keine Schmerzen.
    »Verdammtes G-Zav«, brummte ich.
    Auf der Lippe kauend, überlegte ich, was nun zu tun sei. Sollte ich meine Pulsadern anzapfen? Doch dann begann dunkelrotes Blut, zäh wie Teer, aus dem Schnitt zu sickern und sich in meiner Handfläche zu sammeln. Ich sog den verführerischen Honigduft tief in meine bebenden Nüstern. Dann schmierte ich das klebrige Blut entschlossen auf das Hüft-Tattoo.

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