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Suesser Als Blut

Suesser Als Blut

Titel: Suesser Als Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne McLeod
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Es lief in die Kanäle zwischen den hervortretenden Linien, über die Kanten und wurde zu einem feinen roten Nebel, der sich um meinen Körper verdichtete.

    Mein Herz schlug noch ein-, zweimal und blieb stotternd stehen.
    Mir wurde schwindlig, und ich musste mich an der Kabinenwand abstützen, um nicht hinzufallen.
    Meine Haut wurde kalt, mein Fleisch zog sich zusammen wie an einem kalten Wintertag im Freien.
    Mein Herz würde erst wieder schlagen, wenn ich Blut getrunken hatte.
    »Aufmachen!«, kreischte ein Mädchen und schlug an eine der Klotüren. »Jetzt komm gefälligst da raus!«
    Ich konnte sie riechen, konnte ihr Blut riechen, ihren Herzschlag hören, ta-bumm-ta-bumm, schnell und deutlich. Ich fuhr mir mit der Zunge vorsichtig über die Zähne, fühlte die scharfen Spitzen meiner Fänge. Ich konnte die Mädchen fast schmecken: heiß und salzig und metallisch. Mir lief das Wasser im Mund zusammen, und mein leerer Magen verkrampfte sich hungrig.
    »Ich se-eh dich«, trällerte eines der Mädchen.
    Ich streckte mich, geschmeidig wie eine Katze.
    »Ich dich a-auch.« Zweistimmiges Gekicher.
    Ich wischte das Messer an dem schwarzen T-Shirt ab und schüttelte dann meine langen, dichten schwarzen Locken aus. Schwer fielen sie über meine Schultern. Ich brauchte nicht in den Spiegel zu sehen, um zu wissen, dass ich nun enzianblaue Augen hatte. Ich schaute auf meine Handfläche. Die Wunde war schon fast verheilt; in ein paar Minuten würde sie ganz verschwunden sein – das war Bestandteil des teuren magischen Tattoos: Wunden heilten schnell, selbst solche, die von einem Silbermesser stammten. Ich zog meine Shorts über meine breiter gewordenen Hüften. Mein Magen krampfte sich schmerzhaft zusammen, und ich drückte meine Hand auf meinen flachen Bauch. Dann zupfte ich mein schwarzes Bustier zurecht. Auch meine Brüste waren nun viel üppiger. Auf der straffen weißen Haut zeichnete sich ein Netz feiner blauer Äderchen
ab. Ich hob den Kopf, atmete schnuppernd den Blutgeruch der Mädchen ein. Meine Brustwarzen verhärteten sich, und ich wurde feucht zwischen den Schenkeln.
    »Jetzt koooomm schoooon.« Der winselnde Ton der einen hörte sich an, als würde man mit dem Fingernagel über eine Tafel kratzen. »Gib heeeer. Jetzt bin ich dran!«
    Ich verstaute das Messer wieder und schlüpfte in meinen Mantel. Die alten Klamotten ließ ich liegen. Dann trat ich aus der Kabine.
    Die Wasserstoffblonde kniete vor einer Klotür, den Arsch in der Höhe, die Arme unter der Tür durchgestreckt.
    Ich fletschte zischend meine Zähne.
    Sie schaute mich über die Schulter an. Bei meinem Anblick fiel ihr fast der Kiefer herunter. »Verfluchte Scheiße.« Sie zog erschrocken ihre Arme unter der Tür hervor und richtete sich in eine hockende Position auf. »Hey, da ist’n verdammter Blutsauger.«
    Ich ging neben ihr in die Hocke. Sie rührte sich nicht; ihr Haschischrausch ließ sie jegliche Angst vergessen. Ich zeichnete die blaue Ader unter ihrem Kiefer nach, fühlte, wie ihr Puls einen Satz machte, und schob dann ihre fettigen Haare zurück. Ihr Hals war zart und weich, makellos, jungfräulich. Mein Magen verkrampfte sich hungrig. Blitzschnell, übermenschlich schnell, stand ich auf und trat zurück.
    Sie besaß nichts, das ich wollte.
    Und alles, wonach es mich dürstete.
    Die Wasserstoffblonde fiel nach vorn; ihre Finger krabbelten über meine Stiefel. »Willste mal saugen?« Sie warf ihren Arm hoch, wedelte mit ihrem Handgelenk und kreischte: »Scheiß Blutsauger!«
    Ich rannte davon, verfolgt von ihrem Kreischen: »Scheiß Blutsauger! Scheiß Blutsauger!«

15. K apitel
    S chmale, schlauchähnliche Reihenhäuser sausten an mir vorbei und machten vernachlässigten Zweifamilienhäusern mit ungepflegten, vermüllten Vorgärten und abblätternden Fassaden Platz. Zwischen halb geschlossenen Vorhängen fiel Licht aufs unebene, rissige Gehsteigpflaster. Graffitiverschmierte Hochhausblocks reckten sich wie überdimensionale Grabsteine in den schwarzen Nachthimmel. Einzelne Häuser hockten hier und da wie lauernde Alpträume im Dunkeln, die Fenster mit Stahlplatten vernagelt.
    Sucker Town in all seiner mitternächtlichen Glorie.
    Ich hörte auf zu rennen, war nicht mal außer Atem geraten.
    Vor mir an der Straßenecke erhob sich ein klobiges Pub mit nachgemachten Tudor-Balken, über dem ein Schild mit einem fetten Blutegel hing, der dabei war, seine beeindruckenden Fangzähne in ein saftiges Salatblatt zu schlagen: das Leech & Lettuce .

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