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Suesser Als Blut

Suesser Als Blut

Titel: Suesser Als Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne McLeod
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über meinem Herzen. »Dort drinnen kannst du. Denk dran, Mylady.« Damit wandte er sich ab und ging.
    Tränen in den Augen, schloss ich die Tür, sank zu Boden und lauschte seinen sich entfernenden Schritten. Kummer und Sehnsucht überwältigten mich, ich rollte mich zu einem Ball zusammen und überließ mich bebend den Schmerzen des Blutrauschs.

14. K apitel
    I ch war auf dem Weg nach Greenwich, wie es tagsüber hieß, von Insidern auch Sucker Town , die Stadt der Blutsauger, genannt. Ich hatte meine Wohnung durch den Hinterausgang verlassen: übers Dach und die Feuerleiter hinunter in den Garten von St. Paul’s.
    Ein heißer Windstoß in der Waterloo Station kündigte die Ankunft der U-Bahn an. Ich ließ mich auf den nächstbesten Sitz fallen und rieb meinen steifen Nacken. Mein Herz schlug mühsam wie das eines Rentners. Ich fühlte mich wie zerschlagen, als hätte ich trotz starker Grippe Hughs Berg bestiegen. Ich war schwach wie ein Kätzchen, alles juckte, und der Drang nach einem Trip wurde zunehmend unerträglich. Ich hätte diese Fahrt also so oder so gemacht, auch ohne meinen »Auftrag«.
    Erschöpft starrte ich in den dunklen Tunnel hinaus und fasste einen Entschluss: kein Geplänkel mehr mit Finn. Zwischen uns konnte und durfte nichts sein, warum sich also nach etwas sehnen, was zwecklos war? Mit hängenden Schultern betrachtete ich mich im dunklen Fenster: schwarze Baseballkappe, um meine verräterische Haarfarbe zu verbergen, dunkle Sonnenbrille, um meine verräterischen Augen zu verbergen, schlabberiges schwarzes T-Shirt, billige Jeans, schwere Motorradstiefel und ein knielanger Mantel, in dem ich fürchterlich schwitzte. Mein einziges Accessoire bestand in einem Klappmesser, das ich mir hinten am Rücken in den Hosenbund geschoben hatte: fünfzehn Zentimeter scharfer, blitzender, versilberter Stahl.
    Und ich war nicht der einzige Vampir-Junkie, den es nach Sucker Town trieb: Der Goth lehnte mit lässig verschränkten
Armen an der Tür. Bloß, er war kein Original, sondern nur eine billige Kopie. Sein bodenlanger Mantel war aus PVC, nicht aus Leder, die Haare hatte er ganz offensichtlich schwarz gefärbt – und das nicht mal gut -, und seine Piercings bestanden hauptsächlich aus billigen Sicherheitsnadeln. Beim Eyeliner schien ihm die Hand ausgerutscht zu sein, denn er sah aus wie ein Panda, und auch sein schwarzes Rundhals-T-Shirt verriet schreiend seine Unerfahrenheit. Ein echter Vamp-Junkie hätte eine Muskelweste an – oder gar nichts. Er hatte mich mit verächtlich gekräuselter Lippe gemustert, als ich an ihm vorbei ins Abteil stolperte. Diese schiefen Zähne kannte ich doch … Und tatsächlich, das billige Goth-Imitat war niemand anders als Gazza, der rassistische Tellerwäscher aus dem Rosy Lee Café. Warum er nach Greenwich wollte, war unschwer zu erraten.
    Ich achtete nicht weiter auf ihn, machte die Augen zu und schob die Hände unter die Achseln, um mich vom Kratzen abzuhalten.
    Ein Kobold weckte mich.
    Ich schlug die Augen auf und starrte in seine schwarzen Wraparounds , seine Schutzbrille. Ich musste unwillkürlich an Jeremiah denken, den Kobold, der auf dem Polizeirevier umgekommen war. Aber dieser hier war kleiner und zierlicher. Sein hellgrauer Kopfpelz war in weiche Wellen gelegt, die sich am Hinterkopf auffächerten wie bei einem Auerhahn. Seine weißen, durchsichtigen Ohren zuckten wie bei einer Ratte. Er hielt eine Goldlamé-Schultertasche an sich gepresst, die das große, goldgestickte »S« auf seinem marineblauen Overall fast verdeckte. Er war ein Sammler.
    Er strich höflich mit einem dünnen grauen Finger über seinen Nasenrücken. »Abfall, Miss.«
    Meine Verkleidung konnte einen Kobold nicht täuschen – ebenso wenig wie einen Vampir. Aber das machte nichts. Ich wollte sowieso nur die Hexen damit hinters Licht führen.

    Ich schüttelte verneinend den Kopf und strich mir ebenfalls über die Nase.
    Der Kobold tätschelte seine Schultertasche. »Danke, Miss.«
    Dann stapfte er mit grün blinkenden Turnschuhen weiter und blieb vor Gazza stehen. »Abfall, Mister.«
    Gazza verzog verächtlich den Mund. »Verpiss dich, du Freak.«
    Der Kobold blickte grinsend zu ihm auf, fletschte bedrohlich seine spitzen schwarzen Zähne, auf denen vorn drei viereckige Diamanten blitzten. Er riss das Maul auf und ließ seine Kiefern dicht vor Gazzas in PVC gehüllten Weichteilen zuschnappen.
    »Abfall, Mister«, wiederholte er.
    Gazza drückte sich entsetzt an die Tür und fummelte

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