Suesser Als Blut
brach sich gespensterhaft in den Katakomben meines Geists.
19. K apitel
I ch wurde ruckartig wach. Ich lag in meinem Bett, die Decke bis ans Kinn gezogen. Dann spürte ich, dass ich nicht allein war, dass noch jemand in meinem Schlafzimmer war. Kalte Angst packte mich. Ich erstarrte, hielt die Luft an, die Augen fest zugekniffen, angestrengt bemüht, nicht zu atmen.
»Ich weiß, dass du wach bist.« Finns Stimme klang ungehalten. »Versuche also nicht, so zu tun, also ob du noch schläfst.«
Meine Angst verpuffte. Ich holte vorsichtig Luft und zog mir die Decke über den Kopf. »Ha! Der hält sich wohl für den bösen Wolf«, brummte ich.
»Versuch’s mit dem bösen Boss.«
Bist du nicht, Finn. Noch nicht jedenfalls . Aber ich sprach es nicht aus, denn ich wollte ihn nicht unnötig reizen, zumindest nicht, bevor ich herausgefunden hatte, was er hier tat und wie tief ich in welcher Tinte auch immer saß.
Unter der Bettdecke hervorspähend, warf ich einen Blick auf meinen Wecker: Ich hatte fünf Stunden geschlafen, zweimal so lange, wie ich gewöhnlich brauchte, um mich von meinen Exkursionen in die Stadt der Blutsauger zu erholen. Aber zumindest ging’s mir jetzt wesentlich besser, ja, ich konnte noch immer die aufputschende Wirkung des Vampirgifts durch meine Adern blubbern fühlen. Ein solcher Overload an Glückshormonen würde mich vielleicht durch die ganze Woche tragen, vorausgesetzt, ich ließ mich nicht von den Traumschatten deprimieren, die noch immer vage am Rande meines Bewusstseins klebten.
Ich streckte mich seufzend. Ich war sauber, was ich offenbar Finn zu verdanken hatte. Und nackt …
Ich rollte zur Seite und starrte zu ihm hin; er saß an die Wand gelehnt auf dem Teppich, die Arme vor der Brust verschränkt, die Beine von sich gestreckt, den Kopf zurückgelegt. Seine Hörner hatten wieder ihre normale Länge, und ich fragte mich, ob ich es mir vielleicht bloß eingebildet hatte, dass sie gestern Abend größer geworden waren, als wir uns geküsst … Verdammt, ich hatte mir doch geschworen, dieses Kapitel aus meinem Leben zu streichen . Neben Finn stand ein Kaffeebecher aus dem Rosy Lee, und der Duft hing noch schwach in der Luft. Offenbar war Tim schon eine ganze Weile hier.
Die Decke bis zum Kinn hochgezogen, setzte ich mich auf, schlang meine Arme um meine Knie. »Wieso der morgendliche Hausbesuch, Boss?«, fragte ich so gleichgültig wie möglich. »Muss doch erst in ein paar Stunden im Büro sein.«
Seine moosgrünen Augen richteten sich kurz auf mich, dann auf den Boden vor meinem Bett. Offenbar fand er meine Schuhsammlung, die ich mangels eines Schranks unter dem Bett untergebracht hatte, ziemlich faszinierend. »Es geht um die Hauselfenmagie«, sagte er schließlich, faltete seine Arme auseinander und legte die Hände in den Schoß. »Ich glaube, ich habe eine Methode gefunden, wie du die Magie loswerden kannst.«
Ich starrte ihn fassungslos an. Kein Wort darüber, wo und in welchem Zustand er mich gefunden hatte? Nicht, dass ich scharf darauf gewesen wäre, ihm das zu erklären – im Gegenteil -, aber irgendwie konnte ich nicht glauben, dass er mich so einfach davonkommen lassen würde.
»Die Hauselfenmagie?«, entgegnete ich mit wohlbedachter Gleichgültigkeit.
»Ja«, antwortete er, und in seiner Wange zuckte ein Muskel. »Eine Methode, die Hexenkindern beigebracht wird.«
Na prima. Jetzt war ich also schon auf Kindergartenniveau abgesunken.
»Es ist ganz leicht.« Seine Hände ballten sich zu Fäusten, verrieten mir, dass seine Ruhe nur äußerlich war. »Stelle dir was Kleines vor, etwas in deiner Nähe, und hülle es in Magie. Dann rufst du, was immer du dir ausgesucht hast, so wie du Magie zu dir rufst .« Er redete, als hätte er das alles auswendig gelernt.
Oder als würde er sich die größte Mühe geben, nicht in wütendes Gebrüll auszubrechen.
»Okay, gut. Danke«, sagte ich langsam. Klang nicht gerade wie eine rasche Lösung, aber immerhin …
Er stand auf und ließ seine Schultern kreisen. »Gut. Dann also bis später im Büro.« Und er wandte sich ab, immer noch ohne mich anzuschauen .
Ich trommelte stirnrunzelnd mit den Fingern auf die Bettdecke. Was war bloß los mit ihm? Diese Reserviertheit war ganz untypisch für Finn. Aber vielleicht war die fröhliche, unbekümmerte Art und das Flirten ja bloß Fassade – ich war so damit beschäftigt gewesen, Finns Annäherungsversuchen auszuweichen, dass ich den wahren Finn gar nicht kannte. Ich wusste nichts
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