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Süßer König Jesus (German Edition)

Süßer König Jesus (German Edition)

Titel: Süßer König Jesus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Miller
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hängenlassen.«
    Elise machte noch ein Bier auf und steckte sich eine Zigarette an der vorigen an. Sie wirkte so unglücklich wie überhaupt noch nie seit Beginn unserer Reise, und das wollte was heißen. Ich überlegte, ob sie es nicht gern sah, wenn ich meinen Spaß hatte, vielleicht ertrug sie mich nicht fröhlich.
    »Komm schon«, sagte Gabe.
    Ich zog mein Kleid aus, und wir liefen hinüber auf die Seite, wo das Wasser tief war. Auf einem Schild stand Kopfsprung verboten, darauf ein Schattenmann, der sich den Kopf anstieß und quer drüber ein X, aber Gabe sprang trotzdem, kam wieder hoch und schleuderte sich mit einem Ruck das Haar aus der Stirn.
    Jungs ließen alles so leicht aussehen. Dafür liebte und hasste ich sie gleichermaßen. Ich sprang, um möglichst wenig Spritzer zu verursachen, kerzengerade hinein, berührte den Boden und drückte mich kräftig ab. Der Vater wechselte zu Brustschwimmen und umkreiste uns.
    Ich wollte, dass Gabe spürte, ich könnte sowohl mit als auch ohne ihn sein. Also schwamm ich ins flache Wasser, ließ mich auf dem Rücken treiben und beobachtete ein großes graues Militärflugzeug, das sehr tief über unsere Köpfe hinwegflog. Bei tief fliegenden Militärflugzeugen hatte ich immer die Assoziation, im nächsten Moment würde eine Bombe abgeworfen werden, obwohl ich Hunderte, wenn nicht Tausende Flugzeuge gesehen hatte und nie eine Bombe abgeworfen worden war.
    Mädchen zu sein war schrecklich. Ich hatte ständig nur einen Gedanken im Kopf: ob er mich hübsch fand, und falls er mich hübsch fand, wie hübsch. Ich hatte bisher nur einen einzigen Jungen geküsst, ich hatte ihn im Kirchenlager kennengelernt, und er hatte keine Ahnung davon, dass die Jungs in der Schule mich nicht mochten. Dass scheppernde Schellen einfach nicht gefragt waren. Er hatte mir noch Monate später E-Mails geschrieben, allerdings stand nie besonders viel drin: wo er gewesen war; was er gegessen hatte; welchen Song er gerade auf der Gitarre übte.
    »Hi«, sagte ich zu dem Kleinen. Er hob den Kopf und zwinkerte mir zu. Er war höchstens sieben oder acht und hatte bereits dunkle Ringe unter den Augen wie einer, der an Schlafstörungen leidet. Er sah so traurig und hässlich aus, dass ich kein Mitleid mehr für ihn empfand.
    »Dein Schwimmbrett sieht aus, als sei es von einem Hai attackiert worden«, sagte Gabe.
    Der Vater unterbrach seine Runden und schaute uns an, als traue er uns jede Verrücktheit zu. Ich war es nicht gewohnt, so angeschaut zu werden.
    Dann nahm er den Jungen an der Hand und zog ihn aus dem Pool. Der Kleine tat mir wieder leid. Er konnte nichts dafür, dass er hässlich war – niemand war gern hässlich. Manchmal brauchte ich Klarheit.
    Kaum waren die beiden verschwunden, hielt Gabe seine Hand hoch, und ich schlug mit meiner drauf, eine nette, stabile Verbindung im Gegensatz zu den meist missglückten, die ich sonst so zustande brachte. Er tauchte unter, zog mir die Beine weg, das Wasser verlieh ihm Mut, den er an Land nie gehabt hätte. Ich kam lachend nach oben und tauchte wieder unter, um mein Haar nach hinten zu spülen. Ich überlegte, was seine Freunde von mir hielten, ob sie mich vielleicht fett fanden. Doch als ich kurz zum Tisch hinübersah, beachteten sie uns gar nicht. Sie versuchten, Elise in ein Gespräch zu verwickeln, versuchten, sie zum Lachen zu bringen.
    Gabe kannte Alabama nur aus dem Song »Sweet Home Alabama«, den Elise und ich hassten, wir hatten ihn zeitlebens hören müssen und würden ihn auch weiterhin hören müssen, es sei denn, wir würden weit fortziehen und nie wieder zurückkehren. Gabe kannte sogar den Text. »In Birmingham, they love the govna«, sang er. »Hoo, hoo, hoo.«
    »Hör auf damit!«
    »Das ist eure Hymne. Ein bisschen stolz solltet ihr auf euren Staat schon sein«, sagte er.
    »Wie ihr auf Texas?«, sagte ich und schlang meine Arme um ihn.
    »Genau«, sagte er.
    Ich fühlte mich prächtig, so lange, bis ich dem Blick meiner Schwester begegnete, ab diesem Moment genierte ich mich. Und es machte mich wütend, dass ich mich genierte, dass ich immer die sein musste, die sie in mir sah.
    Elise und die anderen Jungs kamen zu uns in den Pool. Nach kaum einer Minute schlug Erik vor, wir sollten unsere Tops ablegen, und Gabe sagte, er solle sich ficken, und machte ihn aufmerksam darauf, dass ich einen Einteiler anhatte, und Charlie sagte, ich könnte das ganze Ding ablegen. Elise ging raus, zog ihr Kleid an und zündete noch eine Zigarette an. Die

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