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Süßer König Jesus (German Edition)

Süßer König Jesus (German Edition)

Titel: Süßer König Jesus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Miller
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Sie hatte immer so simple Erklärungen, und das machte es mir nicht einfach, ihre Ratschläge zu befolgen. Mein Lieblingsroman war The Talisman. It mochte ich auch und The Tommyknockers . Die Bücher machten mir Angst, doch ich las sie trotzdem. Wahrscheinlich wies das auf eine Macke in meiner Persönlichkeit. So auch viele andere Dinge, die ich unternahm, um mir das Leben schwer zu machen – ich aß zu viel, obwohl ich wusste, dass mir schlecht werden würde, ich trank Wasser, obwohl ich pinkeln musste und es weit und breit keine Toilette gab.
    Die Männer arbeiteten so schnell, als hätten sie das schon hunderte Male getan, doch dann gab es ein Problem mit dem Ersatzreifen, und sie bildeten einen kleinen engen Kreis, so dass wir nicht sehen konnten, was Sache war. Sie könnten uns jetzt ganz einfach Geld und Auto abnehmen und uns umbringen. Sie könnten uns aber auch einfach den Reifen wechseln und uns mit frisch gestärktem Glauben an die Menschheit wieder auf die Straße setzen. Das eine war so wahrscheinlich wie das andere. Ich stellte mir vor, dass sie miteinander konferierten, wie es ablaufen sollte, wer von ihnen die Wandlung vom netten Kerl zum Killer vollziehen würde.
    Elise zwickte mich ins Bein und unsere Eltern warteten darauf, dass das Urteil vollstreckt werde. Ich stellte mir vor, wie sie uns bitten würden, uns umzudrehen. Elise und ich würden aufstehen, langsam, sehr langsam, und mein Vater würde meine Hand nehmen, und dann würden wir einander alle an den Händen nehmen. In diesem Moment würden wir daran denken, wie sehr wir einander liebten, und dass wir alles tun würden, um einen von uns zu retten. Doch dann lag der Reifen im Kofferraum, und der neue Reifen war aufgezogen, und meine Mutter bot ihnen Wasser an. Mein Vater zückte seine Brieftasche und versuchte, ihnen vierzig Dollar zu geben. Sie lehnten ab. Der Typ, auf den Elise ein Auge hatte, kippte seine Kappe in ihre Richtung, und sie zwinkerte ihm zu.
    »Der Ersatzreifen ist ziemlich hinüber«, sagte der Ältere und kickte mit dem Stiefel sachte dagegen. »Wohin geht die Reise?«
    »Oakland«, sagte mein Vater.
    »Da habt ihr noch ’n ganz schönes Stück.«
    »Es ist eine Pilgerreise«, sagte ich. »Zur Entrückung.«
    Die Männer standen immer noch da, nickten und lächelten, die Hände in den Taschen.
    »Die Endzeit?«, sagte ich.
    Derjenige, der eigentlich Pistole oder Messer hätte herausziehen sollen, zögerte jetzt irritiert. Ich lächelte über sie hinweg in die Sonne. Ich war anständig. Ein anständiges Mädchen.
    »Na dann«, sagte einer der Jüngeren.
    »Passt auf euch auf«, sagte der andere.
    Sie winkten, als sie auf die Straße zurückfuhren, und Elise und ich standen auf und klopften unsere Kleider ab.
    ***
    Wir stiegen ins Auto, warteten, ließen die Männer Vorsprung gewinnen. Ich fuhr mit dem Fingernagel immer wieder über den Sitz, das ergab ein niedliches kleines Muster, sah aus wie ein frischgemähter Rasen.
    »Ist alles okay?«, fragte meine Mutter.
    »Alles bestens«, sagte mein Vater völlig entnervt.
    Er bog auf die Straße, doch er fuhr jetzt nicht mehr über fünfzig und redete pausenlos davon, dass wir einen Reifen kaufen müssten. Hier draußen gab es keine Reifen zu kaufen; hier draußen gab es gar nichts. Wie um ihm zu helfen, schaute ich pflichtbewusst durch die Fensterscheibe hinaus, suchte nach Anzeichen von Leben. Die Interstate-Anzeigen und die Schilder vor den Ausfahrten, zeigten nur, dass es keinen Grund zum Halten gab. Manchmal standen auf den Schildern überhaupt nur einzelne Wörter wie »Benzin« oder »Essen«.
    ***
    Ich nahm mein Handy und tippte eine Nachricht für Gabe ein. Ich löschte sie und versuchte es noch einmal. Ich konnte nicht sagen, was ich sagen wollte. Alles klang stinknormal und langweilig. Ich hätte genauso gut die vorformulierten Botschaften verwenden können. Ich legte mein Handy beiseite und spielte meinen Himmels-Mix ab: »Tears in Heaven«, »Knockin’ on Heaven’s Door«, »Stairway to Heaven«, »Heaven Is a Place on Earth«. Ich hatte den Fehler begangen, mich auf Songs mit dem Wort »Heaven« im Titel zu beschränken, während Elise einfach nur thematisch vorgegangen war. »Was hörst du?«, fragte Elise.
    »Belinda Carlisle.«
    »Mann, ist dein Mix Kacke.«
    »Tauschen wir«, sagte ich und bot ihr meinen heißen, pinken iPod an. In dem Moment, in dem ich aus dem Apple-Laden rausgetreten war, bereute ich, dass ich Pink genommen hatte.
    »Ich hör grade den

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