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Süßer König Jesus (German Edition)

Süßer König Jesus (German Edition)

Titel: Süßer König Jesus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Miller
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Pitt spielte einen dieser weißen Trash-Typen, die er so gern hatte – mager, dreckiger Bart, dreckige Haare, dreckige Klamotten, und trotzdem wirkte er nicht trashig.
    Ich schaltete ab und kniete mich neben das Bett. Hallo, Gott. Ich bin’s. Mehr fiel mir nicht ein, und ich überlegte, ob das jeder sagte, ich bin’s . Um zu einem anderen ich bin’s zu sagen, musste man ihm schon ziemlich nahestehen – man musste nicht unbedingt seine Nummer eins sein, die Nummer eins könnte gleich losreden, aber nahe schon. War es ein Versuch, mich Ihm näher zu fühlen, wenn ich mich mit ich bin’s an ihn wandte? Ich drückte die Augen fest zu. Ich bin nicht immer gut gewesen. Ich war voller Zweifel . Ich öffnete die Augen, sah zur Decke hinauf, versuchte, gequält auszusehen. Er durchschaute das alles. Ich bin nicht sicher, ob ich noch an dich glaube. Ich bin nicht sicher, ob ich mit mir selber rede, ob ich nicht schon immer nur mit mir selber geredet habe . Vogelgezwitscher, dachte ich. Nichts. Doch dann dachte ich an die Entrückung und wie ich mit all den anderen Auserwählten in die Wolken gehoben würde. Ich wollte nicht auf der Erde sterben, auch nicht oben in den Wolken. Ich wollte, dass Gott, falls Er existierte, blieb, wo Er war, auf immer.
    Ich dachte weiter und weiter, verwirrte mich, hörte auf und listete alles, was mir leidtat – mein schwacher Charakter, dass ich Alkohol getrunken hatte, dass ich meinen Eltern gegenüber aufmüpfig und respektlos gewesen war, dass ich Gabe berührt und zugelassen hatte, dass er mich berührte. Und dass ich unbedingt geliebt werden wollte. So völlig unzumutbar waren meine Wünsche ja nicht, und überhaupt: warum war mein Körper so, dass er wollte, was er nicht sollte. Und dann ging’s wieder von vorn los, ich bat um Vergebung und tat mein Bestes, das zu wollen, wonach ich sowieso strebte.
    Elise kam aus dem Bad. »Was machst du denn da unten?«, fragte sie.
    »Was glaubst du, was wohl?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Ich kann beten, wann ich will«, sagte ich.
    »Klar kannst du. Ab geht er, der Beter. Und sprich auch eins für mich.«
    Sie mühte sich, den Kaffee mit den Portionspäckchen zu öffnen. Als sie den kleinen Plastikbehälter raus hatte, kam sie nicht dahinter, wie er in den Einschub passen sollte, und da wurde mir schlagartig klar, dass aus ihr nie etwas werden würde. Aber das stimmte natürlich nicht. Sie war aufgeweckt und schön, und alle liebten sie. Sie würde ein Star werden. Und ich würde ihr immer zuschauen.
    ***
    Kaum draußen, begann ich zu schwitzen. Ich schaute zu Gabes Zimmer hinüber und stellte mir seine Freunde schlafend auf dem Fußboden ausgestreckt vor. Sein Lieferwagen fehlte noch immer. Eines Tages wäre er wieder da, ich aber nicht mehr.
    Wir verstauten unsere Taschen und Koffer im Kofferraum, und unser Vater fuhr zurück auf die I-10. Wir sprachen nicht mehr über das wirkliche Amerika – wir zogen die Interstate vor, wo die Tankstellen in regelmäßigeren Abständen aufeinander folgten und wir nicht damit rechnen mussten, etwas Interessantes zu sehen. Kaum war er losgefahren, fiel mir auf, dass es völlig gleichgültig war, ob Interstate oder Highway; die Städte waren klein, die Entfernungen groß, und dazwischen: nichts.
    Ich schaute nach, wie viel Benzin wir noch hatten: weniger als einen viertel Tank.
    »Was soll das?«, fragte mein Vater. »Schnall dich wieder an.«
    »Ich will wissen, wie viel Benzin wir noch haben.«
    »Reichlich.«
    Fahren war langweilig. Alles war langweilig. »Was macht die Pilgergruppe?«, fragte ich.
    »Keine Ahnung«, sagte Elise und schlug eine Zeitschrift auf.
    In der nächsten Stadt hielt unser Vater an einer der Tankstellen, ein einziger Wagen tankte gerade. Er parkte auf der anderen Seite, und ich schaute zu dem Mann hinüber, der mit einem Hammer auf die Innenseite der Motorhaube schlug. Unser Vater hätte am liebsten immer bei Shell und Texaco gehalten, diesen überdimensionierten und übertrieben ausgeleuchteten Tankstellen mit viel zu vielen Autos auf dem Parkplatz – diese hier war für ihn wahrscheinlich einfach nur stressig. Er stieg aus, und der Mann hörte mit seinem Gehämmer auf und sah ihn an.
    »Das ist ja wie im Horrorfilm«, sagte Elise, sichtlich aufgemuntert.
    »Für einen Horrorfilm ein bisschen wenig Spaß«, sagte ich.
    »Stimmt, wir bräuchten einen Jeep, etwas laute Musik und eine Handvoll Vollidioten. Und du müsstest ein bisschen geiler aussehen.«
    »Sei nicht so

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