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Süßer König Jesus (German Edition)

Süßer König Jesus (German Edition)

Titel: Süßer König Jesus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Miller
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erzählt, an dem wir beide ganz allein essen waren – ein seltener Moment, in dem ich auf all seine Fragen einging, und zur Belohnung erzählte er mir etwas von sich selbst. War aber wahrscheinlich nur so ein Traum, wie ihn Kinder haben, wenn sie Astronaut werden wollen oder Müllmann, diese Berufe, die keiner wirklich mehr ausüben möchte, wenn er erwachsen ist.
    Die Downtown Skyline war beeindruckend – die vielen hohen Gebäude, dahinter die Gebirgskulisse. Ein bisschen wie im Wilden Westen, trotz der Dimension und den Unmengen Beton. Fühlte sich irgendwie an, als sei es eine Million Jahre alt.
    ***
    Kurz darauf waren wir in New Mexico, einem Staat, in dem keiner von uns je gewesen war. Unsere Mutter sagte, sie hätte gehört, es gäbe hier hübsche Teppiche; sie habe nichts dagegen, so einen hübschen Teppich mit nach Hause zu bringen.
    »Wo wir hinfahren, brauchen wir keinen Teppich«, sagte unser Vater.
    »Dann verstehe ich nicht, warum es ein Problem sein soll, einen zu kaufen«, sagte sie, was keinen Sinn machte, doch ich wusste, was sie sagen wollte. Ob du einen Teppich kaufst oder nicht, ob du quer durch den Kontinent fährst oder zu Hause bleibst – es ist gleichgültig, nichts davon zählt.
    »Hat wer Hunger?«, fragte er. »Wir haben hier eine große Auswahl, und das sollten wir wahrscheinlich nutzen.« Er nahm eine Ausfahrt, und wir durften eines der obligatorischen Fast-Food-Restaurants wählen.
    »Burger King«, sagte Elise.
    »Taco Bell«, sagte ich.
    Unsere Mutter war auch für Taco Bell. Sie stand auf die normale Portion knuspriger Tacos, solche, wie sie kaum noch jemand bestellte, höchstens als Dutzend in einer Box. Mein Vater erklärte sich bereit, beide anzusteuern, wenn wir dafür zum Essen im Auto blieben. Ich aß nicht gern im Auto, wer isst schon gern in Todesgefahr, doch zu Burger King wollte ich auch nicht. Das Einzige, was ich dort wirklich mochte, war das Hühnchen-Sandwich, und das war reichlich, aber bei Taco Bell bekam ich mehr, ohne wie ein Schwein dazustehen.
    Bei Burger King bestellte ich Zwiebelringe, eine Box mit sieben Stück, und einen Bean Burrito, bei Taco Bell eine Quesadilla mit Huhn und ein Fruitista Freeze.
    »Lass mich mal probieren«, sagte Elise, und ich reichte ihr mein Getränk – oben Erdbeere, unten Mango.
    »Du weißt schon, das hat an die fünfhundert Kalorien«, sagte sie und rührte alles durcheinander.
    »Lass mich in Ruhe«, sagte ich.
    Unser Vater parkte ein, senkte den Kopf, sprach das übliche Gebet, danach ein langatmiges, weitschweifiges, in dem er um Hilfe und Mut bat. Das wirst du brauchen, dachte ich, warf mir einen Zwiebelring in den Mund und kaute still vor mich hin.
    Elise tupfte mit einer Serviette die Sauce von ihrem Veggie Burger. Sie nahm einen Bissen und sagte, sie glaubte, es sei ein Morningstar. Daran hatte sie vorher gar nicht gedacht, doch nun war sie ziemlich sicher: ein ganz normaler, allerdings halb tot gekochter Veggie Bratling von Morningstar. Meine Mutter packte den Doppelcheeseburger meines Vaters aus, legte eine Serviette drum, und er aß und griff mit der anderen Hand in die Tüte mit Pommes. Er lenkte mit Ellbogen und Knien, und sobald der Wagen zu schlingern begann, griff sie hinüber und übernahm das Lenkrad.
    Ich dachte darüber nach, was sie jetzt gerade von ihm hielt, ob sie immer noch den Mann in ihm sah, den sie geheiratet hatte, oder ob er ihr inzwischen vorkam wie ein Fremder. Sie hatte mir erzählt, sie habe ihn geheiratet, weil er ehrgeizig und ehrlich war, zwei Eigenschaftswörter, die mir, um ihn zu beschreiben, nie in den Sinn gekommen wären. Allerdings war er früher hübsch gewesen, groß und schlank mit vollem Haar.
    Manchmal holte ich mir das Hochzeitsalbum meiner Eltern und blätterte durch die Fotos. Eines mochte ich besonders: es zeigte die beiden, kurz bevor sie ihre Hochzeitsreise antraten. Sie standen vor dem gelben Sportwagen meines Vaters, meine Mutter in dem Outfit, das sie sich speziell für den Anlass gekauft hatte, sie war gestylt und frisiert. Gleich würden sie nach Hawaii abfliegen, erster Klasse. Ich wusste, der Koffer meiner Mutter war verloren gegangen, doch die Airline hatte ihr Geld gegeben, um sich komplett neu einzukleiden, und sie hatte sich davon Strandhüte gekauft und Riemchensandalen und weit ausgeschnittene Kleider, die sie danach wahrscheinlich nie wieder getragen hatte. Mein Vater hasste das Fliegen, und ich konnte mir nicht vorstellen, dass er überhaupt zugestimmt hatte,

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