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Süßer König Jesus (German Edition)

Süßer König Jesus (German Edition)

Titel: Süßer König Jesus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Miller
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habe alles gehabt und wollte dennoch sterben.
    »Willst du sterben?«, fragte ich.
    »Nein«, sagte sie. »Ich liebe mein Leben.«
    »Im Ernst?«
    »Klar, warum denn nicht?«
    »Ich dachte, darauf wolltest du hinaus.« Ich konzentrierte mich darauf, möglichst viel Käse auf jede Fritte zu laden, bevor ich sie in den Mund schob. »Woher weißt du, dass Anderson schwul ist?«, fragte ich.
    »Er ist dünn und gepflegt und isst ausschließlich Baked Potatoes.«
    »Einfach nur Baked Potatoes?«
    »Hab ich gelesen. Essen ist für ihn eine Last.«
    »So wäre ich auch gern«, sagte ich. Ich schloss die Schachtel und warf sie weg, wusch mir den Käse von den Fingern. Dann zog ich Elises Kleid aus und hängte es in den Schrank, zog meine Shorts und das ärmellose Hemd an.
    Anderson war vorbei und nun redete irgendein Typ über die Entrückung. Sollte die Entrückung morgen Abend um 10 Uhr in Kalifornien beginnen, dann würde sie in anderen Teilen der Welt früher beginnen. Aus irgendeinem Grund war mir das gar nicht aufgefallen. Warum war es mir nicht aufgefallen? Australien wartete bereits ab. Sie waren uns sechzehn Stunden voraus, und in wenigen, kurzen Stunden wäre es so weit. Oder eben nicht.
    »Scheiße«, sagte ich. »Ich hab gar nicht an die Zeitzonen gedacht. Warum hast du mich nicht daran erinnert?«
    »Ich dachte, das wüsstest du.«
    »Nein, ist mir nur nicht eingefallen. Man meint doch, Gott schert sich nicht um Zeitzonen. Warum noch mal haben wir Zeitzonen?«
    »Weil die Menschen früher ihre Zeit nach der Sonne ausrichteten, aber das war nur Chaos«, sagte sie.
    »Stell dir vor, du warst auf Reisen und musstest den Zug kriegen oder so was.«
    »Wieso weißt du das alles?«
    »Vieles erfinde ich«, sagte sie. »Die Leute fragen nicht nach, du musst nur so tun, als wüsstest du, wovon du redest.«
    »Ich kann jetzt nicht schlafen«, sagte ich. »Ich werde die ganze Nacht wach bleiben und aufpassen.«
    ***
    Jemand klopfte mehrmals heftig an die Tür. Elise rannte hin und schaute durchs Schlüsselloch. »Was meinst du? Sollen wir sie reinlassen?«
    Sie hatten es gehört und riefen ja.
    »Und dein Liebster?«, fragte ich.
    »Ich hab keinen Liebsten.«
    »Hast du wohl.«
    »Ich glaube, ich wüsste es, wenn ich einen Liebsten hätte«, sagte sie.
    Sie klopften wieder, riefen unsere Namen, und Elise machte die Tür auf. Sie kamen hereinspaziert, als gehörten sie hierher, in der Mitte des Zimmers jedoch blieben sie stehen und wirkten fehl am Platz. Einer setzte sich auf den Stuhl, ein anderer aufs Bett. Einer sagte, er müsse pissen, und ging ins Bad. Der Vierte schaute zum Fenster hinaus und kommentierte die Aussicht.
    Brad, der uns die Date Grapes spendiert hatte, setzte sich aufs Bett.
    »Fühl dich wie zu Hause«, sagte ich.
    »Ich versuch’s, danke«, sagte er und zog die Schuhe aus. Er hatte ein nettes Lächeln, viel netter als das von Gabe, aber ich wollte Gabe, meinen schönen Jungen. Meinen schönen, hübschen, blonden Jungen. Warum hatte er mich nicht angesimst? Ich hoffte, er hielt mich nicht bloß für irgend so ein Mädchen, das ihm hinten in seinem Van einen runtergeholt hatte. Das war ich zwar, doch sah ich mich selbst nicht so. Und ihn sah ich auch nicht als einen, der mich auf diese Weise sah. Zwischen uns war etwas Besonderes.
    Brad wühlte in meinem Haar. Ich spürte den Drang, ins Bad zu gehen und nachzusehen, doch ich strich es einfach mit den Händen glatt nach hinten, wo es hingehörte, und sah meiner Schwester zu, die auf dem Bett stand. Sie befahl dem Yalapa-Typen, sich vor sie zu stellen, und kletterte auf seine Schultern. Dann dirigierte sie ihn durchs Zimmer und strich mit ihren Händen an der unebenen Zimmerdecke entlang. Sie befahl ihm zu springen, und er hopste, ohne seine Füße überhaupt vom Boden zu lösen.
    Brad machte Musik auf seinem Handy, ein blecherner, verzweifelter Ton, während Jake eine Zigarettendose aus seiner Hemdtasche zog. Er nahm ein hölzernes Kistchen heraus und schob den Deckel weg.
    »Was ist das?«, fragte ich.
    »Gras«, sagte er.
    »Du kannst das hier drinnen nicht rauchen, man wird es riechen.«
    Sie sagten, außer uns seien alle schon eingeschlafen, keiner würde es riechen. Ich stellte mir die Polizei vor, wie sie die Tür eintrat und uns verhaftete, ins Gefängnis brachte. Unser Vater musste auf die Wache kommen und uns freikaufen, und wie enttäuscht er war von mir.
    »Zünd schon an«, sagte Elise.
    Sie reichten die kleine metallene Zigarette weiter,

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