Süßer König Jesus (German Edition)
Spitze in einem helleren Blau, eins der hübscheren, das gut saß und keine Blutflecken hatte.
»Sexy«, sagte er und fuhr mit dem Finger über die Spitze. Dann zog er es zur Seite und schob einen Finger hinein, dann zwei. Er sagte, ich sei eng, und ich hoffte, er würde nicht noch mehr dazu sagen. Ich lächelte. Mein Lächeln fühlte sich breit und falsch an, und ich dachte, keiner könnte mich je lieben.
Er knöpfte seine Shorts auf, zog den Reißverschluss runter und zog sich selbst heraus – halb hart, groß.
»Ganz schön groß«, sagte ich.
»Findest du?«
»Wirklich sehr groß.«
»So riesig nun auch wieder nicht«, sagte er, zog seine Brieftasche heraus und fand ein goldenes Kondom. Ich sah zu, wie er die Hülle mit den Zähnen öffnete, es über seinen Schwanz rollte.
»Warte«, sagte ich und legte meine Hände an seine Brust.
»Was ist?«
»Ich weiß nicht.«
»Wir müssen nicht«, sagte er.
»Nein«, sagte ich.
»Ich mach langsam«, sagte er. Er warf mir einen traurigen Blick zu, so, als ob er mich lieben könnte, zog mich nach vorn und schob sich hinein. Plötzlich wollte ich nicht mehr, wollte, dass er aufhörte – ich müsste nur sagen, ich hätt’s mir anders überlegt. Ich könnte einfach meine Shorts hochziehen und das Bad verlassen, und er würde mich gehen lassen. Ich konnte gehen. Niemand zwang mich. Ich rutschte vor an die Kante und wickelte meine Beine um seine Taille.
»Hey«, sagte ich, aber es war so still. Ich legte meine Hände unter sein Hemd, hielt mich an ihm fest, versuchte, nichts zu spüren als seine glatte, warme Haut. Ich wollte ihn auf mich ziehen, wollte, dass er mich vollkommen bedeckte und ich kaum noch Luft bekäme.
Nach wenigen Minuten grunzte er und zog an meinen Haaren. Dann war er reglos und stumm. Ich versuchte, mich zu bewegen, aber er hielt meine Beine fest, schloss die Augen. Seine bläulichen Lider waren von Venen gesäumt. Unterhalb des linken Auges hatte er ein winziges Muttermal, das ihm sehr zugutekam.
Er schälte das Kondom ab, humpelte den knappen Meter zur Toilette und spülte. Dann legte er seine Hand auf meinen Hinterkopf, lächelte mich an und zog seinen Hosenschlitz zu.
Als er draußen war, schloss ich die Tür ab und begann, mich mit einem Waschlappen zu säubern. Ich pinkelte, putzte meine Zähne und wusch mein Gesicht. Als es nichts mehr zu säubern gab, setzte ich mich aufs Klo und lauschte dem Gerede, dem Lachen, und wusste, dass ich nie dazugehören würde, ich würde immer für mich bleiben und daran denken, was ich wohl gerade für einen Gesichtsausdruck hatte und was die Leute von mir hielten. Ich würde die Schwächen und Fehler der Leute bemerken – ihre dicken Schenkel und krummen Zähne und ihre Akne, ihr mangelndes Selbstvertrauen, ihre Angst. Ich würde immer das Schlechteste von den Leuten denken, und das würde mich von ihnen fernhalten, weil ich mich nicht akzeptieren konnte. Ich konnte nicht ich selbst sein, weil ich keine Ahnung hatte, wer ich war.
***
Elise saß allein auf dem Bett und schwankte vor und zurück. Ich stand auf und ging ins Bad, pinkelte zum vierten Mal in zwei Stunden.
Als ich herauskam, fummelte sie im Schrank herum.
»Was machst du?«, fragte ich und schob die Tür auf.
»Ich muss mal ins Bad.«
»Du bist im Schrank«, sagte ich. Ich schaltete das Licht an und führte sie zum Klo, blieb stehen, bis sie mich wegschickte. Ich stieg ins Bett und versuchte, es mir bequem zu machen. Ich stellte mir vor, wie ich mit der Matratze verschmolz, ein Teil von ihr wurde.
Ein paar Minuten später kam Elise zurück und wickelte irgendetwas aus.
»Was hast du da?«, fragte ich.
»Was Süßes«, sagte sie und schob es sich in den Mund.
»Du könntest ersticken«, sagte ich. Ich streckte meine Hand hin, und sie spuckte das Pfefferminz hinein. Ich legte es auf den Tisch und sagte, sie solle jetzt schlafen, doch sie begann zu weinen, leise zuerst, dann schluchzend und nach Atem ringend, dass mir die Brust weh tat, das Herz.
»Elise?«, sagte ich. »Hey. Was ist denn?«
»Du weißt es doch«, sagte sie.
»Ist doch okay.«
»Nichts ist okay.«
Ich wollte etwas aufzählen. So wie unsere Mutter es immer tat, wenn unser Vater wieder mal einen Job verloren hatte oder wir nicht genug Geld hatten, um zum Schulbeginn einzukaufen. Dann erinnerte sie uns an alles, was wir hatten – unsere Gesundheit und einander und ein Dach überm Kopf – all das hatten wir immer gehabt und deshalb kam es uns wie nichts vor. Ich
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