Süßer Tod
auf.
George murmelte: »Das wäre damit erledigt.«
»Das träumst du höchstens.« Raley drehte sich wieder zu George um und stupste ihn sacht gegen die Brust. »Verzieh dich lieber zu deinem Drink, George. Oder auch zu zweien. Ich glaube, du hast sie nötig.« Dann ließ er ein Lächeln aufleuchten. »Bis demnächst.«
»Aber wenn er überhaupt ein Lächeln lesen kann«, erzählte Raley eine Stunde später, »wird er wissen, dass meines nicht lustig gemeint war.«
»Ich kenne dieses Lächeln.« Britt tunkte ein Pommes frites in die Ketchuppfütze. »Es ist böse.«
»Böse?«
»Finster. Hungrig. Ein Wolfslächeln.«
Raley schnaubte. »Ich glaube nicht, dass irgendwas davon auf mich zutrifft. Jetzt schon gar nicht mehr, nachdem ich mir den Bart abrasiert habe.«
»Es passt ohne Bart noch besser. Das Kinn, die Augen. Eindeutig ein Wolfsgesicht.«
Er war ins Motel zurückgefahren und hatte neben einem Sixpack Cola light und einer Dose Lysolspray auch eine Tüte Cheeseburger und Pommes frites sowie eine Portion gebratene Shrimps und zwei Milchshakes mitgebracht. Bis er das Hemd
aus der Hose gezogen und die Schuhe abgestreift hatte, hatte Britt das Essen schon ausgepackt und auf dem Tisch aufgebaut. Sie waren darüber hergefallen.
Während des Essens schilderte er ihr seine Unterhaltung mit George McGowan und versuchte sie dabei so präzise wie möglich wiederzugeben. Britt ließ nicht zu, dass er irgendetwas wegließ oder verkürzte. Sie verlangte eine ausführliche, detaillierte Darstellung.
»Sieht sie gut aus?«, fragte sie.
»Miranda?«
Sie lächelte spröde. »Wie ich sehe, musstest du nicht lange überlegen, wen ich gemeint habe.«
»Ja. Fantastisch.«
»Ich habe sie nur auf Fotos gesehen. Hat Jay … du weißt schon?«
Er zog eine Schulter hoch. »Vielleicht. Wahrscheinlich. Wie jeder andere auch.«
Britt hörte zu kauen auf, und die unausgesprochene Frage war ihr deutlich anzusehen.
Er wischte die Hände an einer Papierserviette ab. »Als Miranda mir zum ersten Mal auffiel, war sie frisch auf der Highschool und übte als Cheerleader am Spielfeldrand ihre Kicks. Eine Männerfängerin. Bis sie alt genug für mich gewesen wäre, war ich schon im College, und danach war ich mit Hallie zusammen.«
»Ich verstehe. Mieses Timing, verpasste Gelegenheit.«
Er dachte, soll sie sich doch fragen, und griff nach dem Milchshake. Er sog ausgiebig am Strohhalm, danach aßen sie minutenlang schweigend weiter.
»Raley?« Er sah auf und traf auf ihren weichen, ernsten Blick. »Wie war das für dich? Die Trauerfeier, meine ich. Wie war es für dich, Jays Tod so vor Augen geführt zu bekommen?«
»Du wirst doch nicht von Abrechnung sprechen, oder?«
Sie runzelte die Stirn. »Trotz allem, was er dir angetan hat,
war er dein ältester Freund. Hast du es als Verlust empfunden? Konntest du um ihn trauern?«
Er warf sich einen Shrimp in den Mund. »Du bist einfach durch und durch Journalistin, oder?«
Sie zuckte zurück, als hätte er sie geohrfeigt. Dann ließ sie das letzte Pommes frites fallen, begann den Müll einzusammeln und stopfte ihn in die Tüte. »Vergiss es. Ich dachte, vielleicht weißt du nicht genau, was du im Moment empfindest, und würdest gern mit jemandem reden, um dir darüber klar zu werden. Mein Fehler.«
Sie schob den Stuhl zurück und stand auf. Raley hielt sie am Arm fest. »Okay, entschuldige.«
Sie zog ihren Arm aus seinem Griff. »Du unterstellst mir immer noch bei allem, was ich tue oder sage, einen Hintergedanken. Ich dachte, darüber wären wir hinweg.«
»Darüber werde ich vielleicht nie hinwegkommen.«
Wütend erwiderte sie seinen Blick, dann atmete sie tief aus und ließ die Schultern sinken. »Wahrscheinlich habe ich es verdient, dass du mir misstraust. Aber ich dachte wirklich, dass du vielleicht über dich und Jay reden möchtest.«
Er zögerte und lud sie dann mit einer winzigen Kopfbewegung ein, sich wieder zu setzen, was sie auch tat. Er lehnte sich auf dem Stuhl zurück, der viel zu klein für seinen großen Körper schien, und streckte die Beine unter dem Tisch aus. »Du bist wirklich eine geborene Reporterin, und das meine ich als Kompliment. Du hast einen exzellenten Riecher. Mit deinen Fragen hast du genau ins Schwarze getroffen. Darum habe ich so heftig reagiert.«
Er hob kurz den Blick, fand es aber schwer, ihr ins Gesicht zu sehen, während er seine Gedanken in Worte zu fassen suchte, und richtete die Augen darum auf das Grinsegesicht, das auf seinem
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