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Süßer Tod

Süßer Tod

Titel: Süßer Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Brown
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Milchshake-Becher aufgedruckt war. »Jay gehörte zu den Menschen, die du ständig in Schutz nehmen musst. Vor dir selbst.«

    »Wie meinst du das?«
    »Wie oft hatten wir irgendwelche Sachen geplant. Ins Stadion zu gehen. Wasserski zu fahren. Was auch immer. Dann kam er eine Stunde zu spät. Ich war natürlich wütend. Er entschuldigte sich jedes Mal ganz zerknirscht. ›Du hast jedes Recht, sauer zu sein‹, sagte er dann. Obwohl ich wirklich jedes Recht hatte, stinkwütend zu sein, war mein Zorn sofort verpufft. Ich ließ es gut sein.
    Er lieh sich meinen Wagen aus und brachte ihn mit leerem Tank zurück. Ich kochte vor Wut, sagte aber kein Wort. Oder wir gingen zum Essen, er ließ mich zahlen und versprach, dass er beim nächsten Mal die Rechnung übernehmen würde, aber zu diesem ›nächsten Mal‹ kam es nie. Es war nicht wegen des Geldes. Deshalb habe ich ihm das nicht übel genommen. Aber er hielt es für selbstverständlich, dass ich zahlte und das nicht zum Thema machte.
    So behandelte er alle seine Freunde. Mit einer gleichgültigen Missachtung, mit der er jeden verprellt hätte, wenn er nicht Jay gewesen wäre.« Er durchschnitt die Luft mit der Hand. »Was er auch anstellte, jeder verzieh ihm und sagte: ›Typisch Jay.‹
    Aber – und das ist ein großes Aber – er konnte dich auch aufheitern, wenn du einen miesen Tag hattest. Er konnte dich zum Lachen bringen, wenn dir zum Heulen war. Er war der Mittelpunkt jeder Party. Er war nie schlecht gelaunt. Er war voller Zuneigung und lustig. Darum fühlte sich jeder zu ihm hingezogen. Jeder wollte in Jays Nähe, in sein Energiefeld. Weil es elektrisierend und erregend war. Um ihn herum sprühte die Luft Funken. Wer ihn nicht näher kannte, konnte meinen, er hätte tausend Freunde.«
    Er verstummte, löste nachdenklich die übereinandergeschlagenen Füße, beugte sich vor und stemmte die Ellbogen auf die Schenkel. »Aber ich weiß nicht recht. Waren wir für ihn wirklich Freunde oder nur Bekannte, die er ungestraft manipulieren konnte? War er ein wahrer Freund, oder konnte er dich nur so raffiniert ausnutzen, dass du es gar nicht mitbekamst?«
    Er überlegte kurz und sagte dann: »Als ich heute auf seinen
Sarg sah, fragte ich mich unwillkürlich, ob er irgendetwas von dem, was er je zu mir gesagt hat, aufrichtig und ernst gemeint hatte. Hat er bloß ein paar Phrasen abgespult, wenn ich am Boden zerstört oder von Zweifeln zerfressen war und er mich wieder aufbaute? Langweilte er sich insgeheim, wenn ich ihm meine Wünsche und Träume anvertraute? Oder machte er sich heimlich über mich lustig? Ich glaube, seine Gabe bestand vor allem darin, immer zu wissen, was er in welcher Situation sagen musste, damit du glaubtest, er sei dein Freund.«
    Er seufzte. »Fehlt er mir? Ja. Ich habe immer geglaubt, meine Freundschaft mit Jay sei vor fünf Jahren zerbrochen. Heute wurde mir klar, dass es sie nie gegeben hat. Wir waren nie wirklich befreundet. Und darum habe ich getrauert.« Leicht verlegen, weil er so sentimental geworden war, klatschte er sich auf die Schenkel und stand auf. »Bist du fertig?«
    Sie räusperte sich. »Ja. Danke. Es war köstlich.«
    Er schlüpfte in die Turnschuhe und trug den Müll nach draußen zu einem Mülleimer, um den Essensgeruch aus ihrem kleinen Quartier zu vertreiben. Während er zu ihrer Hütte zurückging, überlegte er, ob er Britt erzählen sollte, was passiert war, nachdem er sich von George McGowan verabschiedet hatte. Eigentlich musste sie es erfahren, aber sollte er sie wirklich noch weiter verängstigen?
    Er suchte den Parkplatz ab, nur ein einziger Wagen parkte vor einer anderen Hütte, und der hatte schon dort gestanden, als sie ihr Zimmer bezogen hatten. Er ging zu ihrer Hütte zurück, verriegelte die Tür und legte den Sperrriegel vor.
    Als er sich umdrehte, stand Britt vor ihm, die Hände in die Hüften gestützt. »Wann wirst du es mir erzählen?«
    »Was erzählen?«
    »Warum du die Pistole in deinem Hosenbund stecken hast.« Sie hob sein Hemd an und deutete auf den Pistolenknauf. »Warum du beim Essen zweimal aufgestanden bist, um aus dem Fenster zu sehen. Warum …«

    »Sie waren bei der Beerdigung.«
    »Wer?«
    »Butch und Sundance. Die beiden Männer, die in meiner Hütte waren.«
    Sie wich zurück, bis ihre Kniekehlen gegen die Bettkante stießen, und sackte dann auf die Matratze. »Hast du sie gesehen?«
    »Ja, aber ich habe so getan, als hätte ich sie nicht erkannt.«
    »Was war los?«
    George hatte kurz

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