Süßer Tod
Sie zu sehen. Schade nur, dass es unter diesen Umständen sein muss.«
Er nickte.
»Aber Jay hätte bestimmt nicht gewollt, dass wir lange um ihn trauern, oder? Außerdem ist es so verflixt heiß hier draußen.« Sie strich mit dem Finger an ihrer Kehle abwärts, als wollte sie seinen Blick auf die taufrische Haut über dem tiefen Ausschnitt ihres schwarzen Kleides lenken. Nicht dass das nötig gewesen wäre. Nicht einmal ein Blinder hätte die Augen von dieser Haut wenden können.
Den Blick fest auf Raley gerichtet, sagte sie zu ihrem Mann: »Daddy hat vorgeschlagen, in den Klub zu fahren und dort ein Glas zu trinken.«
»Sehr gute Idee.« George wischte sich mit dem Taschentuch über das Gesicht.
»Bitte kommen Sie doch mit, Raley. Sie können bei George mitfahren. Wir sind in zwei Wagen gekommen.« Sie schob einen Bügel ihrer Sonnenbrille zwischen die Lippen und lutschte daran. »Sie können doch kommen, oder?«
Er rätselte, ob die Doppeldeutigkeit beabsichtigt war. »Tut mir leid, ich kann nicht. Ich habe schon was vor.«
»Ach, wie dumm.« Ihre Lippen formten einen Schmollmund. »Wirklich schade.«
»Aber ich würde mich gern kurz mit George unterhalten.«
»Also dann…« Sie legte die Hand auf seinen Arm. »Ich freue mich sehr, Sie wiederzusehen. Kommen Sie bald mal vorbei.« Sie ließ die Hand sinken und sagte zu George: »Bis gleich, Süßer.«
George und Raley sahen ihr nach, bis sie wieder bei ihrem Vater war, der sich eben von einigen anderen Trauergästen verabschiedete.
Gemeinsam gingen sie und Les den Abhang hinunter und auf ein glänzendes rotes Corvette-Cabrio zu. George drehte sich zu Raley um. »Was meinst du?«
»Ich meine, du hast es wirklich weit gebracht.«
Der andere Mann lachte, zog den Kopf ein und wirkte verlegen. »Könnte man so sagen, ja.« Dann sah er Raley unter gesenkten Brauen an. »Hast du sie jemals gefickt?«
Raley war schockiert. »Jesus, George. Sie ist deine Frau.«
»Hast du?«
»Nein.«
»Und Jay?«
»Keine Ahnung.«
»Du kannst es mir ruhig sagen. Er ist tot.«
»Keine Ahnung«, wiederholte Raley.
George hielt seinem Blick einige Sekunden stand und murmelte dann: »Er hat mir die Frage auch nie beantworten wollen.« Er wandte das Gesicht ab, aber dabei fiel ihm etwas ins Auge, das ihn zusammenzucken ließ. Raley drehte den Kopf, um zu sehen, was ihn so aus der Fassung gebracht hatte.
Immer noch standen die Trauergäste redend vor der Kapelle, fächelten sich mit dem Programm der Trauerfeier Luft zu und warteten darauf, dass der Leichenwagen abfuhr. Es war kein fröhliches Bild, aber Raley entdeckte nichts Unheilvolles, nichts, was George noch hibbeliger machen müsste, als er ohnehin war.
Doch dann fiel ihm ein Paar in der Menge auf, das seine Neugier erregte, weil der Blick des Mannes unverwandt auf George und Raley geheftet war, während sich die Frau an seiner Seite weiterhin mit anderen Leuten unterhielt.
Als Raley den Fremden beim Starren ertappte, wandte der sich hastig ab. Raley sah wieder George an und spürte, dass er noch nervöser geworden war. »Wer ist das?«
»Wer?«
»Der Mann, George. Der uns so angestarrt hat.«
»Du meinst Pat?«
Raley wusste genau, dass George sich dumm stellen wollte, vor allem, als er den Namen des Mannes nannte. »Das ist Pat Wickham?«
»Junior.«
Raley hätte ihn nicht wiedererkannt. Natürlich war er inzwischen älter als bei ihrer letzten Begegnung – und Raley wusste nicht mehr, wie lange die zurücklag. Aber die drastische Veränderung in Wickhams Äußerem war nicht auf sein Alter zurückzuführen. »Was ist mit seinem Gesicht passiert?«
»Es wurde bei einem Unfall zertrümmert. Vor langer Zeit.«
»Wer ist das neben ihm?«
»Seine Frau.«
»Er ist verheiratet?«
»Und hat ein paar Kinder. Er ist inzwischen bei der Truppe, aber als Schreibtischhengst. Computer und dieser Scheiß. Kein richtiger Bulle wie sein alter Herr.«
Raley musterte Pat Wickham mit einem langen, nachdenklichen Blick und wandte sich dann wieder George zu. »Habt ihr zwei viel miteinander zu tun?«
»Gar nichts.«
»Hm. Dabei warst du so eng mit Pat senior befreundet.«
»Stimmt. Aber dann starb er, und du weißt, wie es ist.« George sah sich um, als hoffe er auf Hilfe. »Hör zu, Raley, es war wirklich schön, dich wiederzusehen. Aber Miranda und Les warten bestimmt schon …«
»Kam dir das nicht komisch vor, George?«
Georges wandernder Blick kehrte zu ihm zurück. »Was?«
»Komm schon. Spiel nicht den
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